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Die Drachenjägerin 3 - Winter, M: Drachenjägerin 3

Die Drachenjägerin 3 - Winter, M: Drachenjägerin 3

Titel: Die Drachenjägerin 3 - Winter, M: Drachenjägerin 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja Winter
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Hätte sie sich je auf das Hohe Spiel eingelassen, wenn sie gewusst hätte, dass es solche Konsequenzen hatte? Schon lange lebte sie mit einer merkwürdigen Unruhe, aber zuerst hatte sie gar nicht verstanden, was das zu bedeuten hatte, denn sie selbst und alle anderen waren eigentlich andauernd in Gefahr. Sie hatte nicht gewusst, dass dieses Gefühl, das sie dazu zwingen wollte, umzukehren und immer schneller zu rennen, von dem Band herrührte, welches das Hohe Spiel zwischen ihnen geschaffen hatte, ein magisches Band, zum Zerreißen gespannt. Woran sie schließlich Arian erkannte, hätte sie selbst nicht sagen können. Vielleicht an der Art seiner Angst, die zur Hälfte aus Empörung bestand.
    Er war in Gefahr, aber sie konnte nicht zu ihm, stattdessen war sie an seine Furcht geschmiedet wie an ein sinkendes Schiff.
    » Warum willst du zurück?«, fragte Nival.
    Von allen Menschen, um die sie sich sorgte, war Arian der letzte, über den sie mit Nival sprechen konnte.
    » Sag es mir, bitte.«
    Linn konnte den grauen Augen nicht widerstehen, auch wenn sie fürchten musste, ihm wieder Schmerz zuzufügen. » Arian ist in Gefahr. Ich weiß es, durch unsere Verbindung.«
    » Natürlich ist er in Gefahr«, sagte Nival leise. » Bei Scharech-Par wird er das immer sein.«
    Sie wartete, denn ihr schien, er wollte noch mehr sagen. Eine ganze Weile kämpfte er mit den Worten. » Als wir aus der Höhle gestürmt sind«, meinte er schließlich, » gleichzeitig, ohne dass wir uns abgesprochen hätten, Seite an Seite – da habe ich ihn nicht gehasst.« Er klang erstaunt. » Seitdem warte ich, dass der Hass wiederkommt, aber da ist nichts mehr. Fast vermisse ich dieses Gefühl, ich habe mich so daran gewöhnt.«
    Sie legte ihre Hände an seine Wangen. » Ich glaube, jetzt erst bist du geheilt.«
    Einen Moment lang fühlte sie sich ihm unglaublich nah, dann wandte er sich plötzlich ab und ging einfach fort. Fast hätte sie annehmen können, sie sei ihm gleichgültig.
    Ein einziges Mal versuchte einer der Matrosen, sie anzufassen, und Nival brach ihm daraufhin in einer ordentlichen Prügelei die Nase. In der Nacht darauf kam der Mann zurück, um sich zu rächen. Wenn Linn an jenen Kampf zurückdachte, schauderte sie immer noch. Bei diesem zweiten Mal gab es keine Schlägerei. Nival hatte ihn mit einer einzigen lässigen Bewegung zu Boden gehen lassen, sich über den Matrosen gekniet, und im Schein der kleinen Öllaterne, die unter dem Balken hing, hatte sein Gesicht seltsam verzerrt ausgesehen.
    » Bring ihn nicht um!«
    War er später deshalb so abweisend gewesen? Weil sie ihm zugetraut hatte, den Mann zu töten, der bereits hilflos in seinem Griff hing?
    » Nein«, hatte er nur gesagt, den Kerl von sich gestoßen und war zurück in seine Hängematte geklettert.
    Wie viele Matrosen hatten dabei zugesehen? Alle? Oder war den übrigen der Vorfall haargenau berichtet worden? Denn danach hatten sie Respekt, und die Männer machten einen weiten Bogen um die junge Frau.
    Am nächsten Tag war Nival sehr nachdenklich und still, und sie fasste sich ein Herz und fragte ihn, ob es ihm gut ging.
    » Wer hätte gedacht, dass Grausamkeit aus Liebe erwächst?«, fragte er. » Das ist schwer zu schlucken, wenn man das Opfer ist. Und dennoch«, seine Stimme senkte sich zu einem Flüstern, » ich weiß, wie es ist. Wenn der Wunsch nach Rache dein Herz zerfrisst und die stachelige Haut deiner Seele nach innen kehrt.« Sprach er noch von dem Matrosen? Oder dachte er an Arian? » Fehlgeleitete Liebe«, sagte er. » Liebe, die nicht loslassen kann.«
    Da merkte sie, dass er von sich selbst sprach, von sich und seiner toten Mutter, und gleichzeitig auch von Arian. Dass er in diesem Augenblick zugeben musste, wie ähnlich sie sich waren. Die Erkenntnis, dass auch sie selbst damit gemeint sein könnte, traf Linn wie ein vergifteter Pfeil. Harlon. Ihr Dorf Brina. Und Binia. Sie hatte für ihre Rache gelebt, und nun lag dieser Weg wieder vor ihr: für die Rache zu leben und für nichts anderes mehr, und sie fragte sich, zu welchen Grausamkeiten sie fähig sein würde, wenn Scharech-Par ihr jemals in die Hände geraten sollte.
    » Man muss es loslassen«, flüsterte er. » Dieses Schwert, das man umkrallt hält, selbst wenn man sich dabei die Finger bricht. Das ist der einzige Weg: weiter statt zurück.«
    Um den Groll loszulassen, um den Schmerz wie einen Vogel in den Himmel zu werfen musste sie ihre Zeit anders zubringen, als herumzusitzen, sich elend zu

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