Die Drachenjägerin 3 - Winter, M: Drachenjägerin 3
Korallen, aber er bringt uns zu seinem Haus, wo wir warten können.«
» Er lässt uns einfach so in sein Haus?« Linn war überrascht. Mit so viel Gastfreundschaft hatte sie nicht gerechnet, nach den Erfahrungen mit dem Felsvolk. Sofort wurde sie misstrauisch. » Ist das wohl eine Falle?«
» Wer würde etwas stehlen auf einer Insel voller Zauberer?« Nival lachte leise.
» Er ist auch einer?«
» Keine Ahnung. Vielleicht ist das alles nur ein Gerücht, wie so oft, und die Menschen hier sind völlig harmlos. Wer weiß?«
Sie näherten sich einem der kuppelartigen Häuser und bückten sich, um durch den runden Eingang einzutreten. Das Innere des Hauses roch keineswegs nach Fisch, zwar fremdartig, jedoch nicht unangenehm. Ihr Gastgeber hieß sie auf bizarren Stühlen Platz nehmen, die zu fein gearbeitet schienen, um das Gewicht eines Menschen zu tragen – nicht aus Holz, sondern aus dünnen weißen, leicht gebogenen Stäben.
» Knochen sind das aber nicht, oder?«, flüsterte Linn.
» Es sind Gräten.« Hinter einer Abtrennung aus fließendem Stoff kam ein alter Mann hervor, dessen graues Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden war und auf dessen Kinn ein langes, dünnes Bärtchen spross. Seine Haut war braun und faltig, und die vielen Furchen um seine Augenwinkel verrieten, dass er viel in die Sonne gesehen und viel gelacht hatte. » Wir fertigen unsere Häuser und unsere Möbel aus allem, was uns das Meer gibt.«
» Ihr sprecht unsere Sprache!«
Er lächelte und verbeugte sich. » Mein Name ist Sikken. Ich habe mit Leuten aus Schenn zu tun gehabt, wenn man sie auch nicht häufig auf dem Stillen Meer antrifft. Setzt euch. Mein Sohn Rakkin wird für Euer leibliches Wohl sorgen.« Er nickte dem jungen Mann zu, der im hinteren Teil des Hauses verschwand.
» Ich habe hier im Dorf noch gar keine Frauen gesehen«, sagte Linn.
Sikken lächelte. » Dafür seid Ihr zur falschen Zeit gekommen. Unsere Frauen gehen in jedem … wie nennt Ihr ihn, den Lichtmond? In jedem Lichtmond wandern sie hoch zu unserem Berg und bitten die Götter um ein gutes Jahr.« Plötzlich wurde er laut. » Auf dass weder Feuer noch Wasser uns verschlingen möge, hay!«
» Hay«, murmelte Linn. Bei Arajas, war tatsächlich schon Lichtmond? Am liebsten wäre sie sofort mit ihrem Anliegen herausgeplatzt, aber sie hielt sich zurück. Noch wussten sie nicht, ob der alte Mann überhaupt ein Zauberer war.
Rakkin brachte einen Topf mit einer lauwarmen Suppe, in der seltsame Stücke schwammen. Jeder bekam einen Löffel, und alle aßen gleichzeitig aus dem großen Topf. Nach dem Fraß auf Schiff fand Linn dieses beunruhigend aussehende Gericht unerwartet köstlich.
Nival erheiterte die beiden Ghenaier mit einer Beschreibung ihrer Reise, wobei er Linns Elend für seine Geschichte voll und ganz ausnutzte und, wie sie insgeheim zähneknirschend dachte, dabei sogar noch übertrieb.
Sikken wischte sich Lachtränen aus den Augen. » Warum, wenn ich fragen darf, seid Ihr denn auf dieses Schiff gegangen?«
Nival wurde wieder ernst. » Wir suchen Magie.«
» Magie«, wiederholte der Alte trocken. » Im Ernst? Auf dem Meer, oder hier in Ghenai? Magie ist in allem, was lebt und wächst. Jedes Blatt enthält die Kraft der Sonne und die Anmut des Windes und die Ruhe der Erde. Man muss nur wissen, was man wofür verwendet. Doch was könnte es auf dem Meer geben, das zum Zaubern dient?«
» Ihr seid ein Kräuterzauberer?«, fragte Nival.
» Was ist das?«, wollte Linn wissen. » Kräuter? Braucht man nicht Dinge von Drachen? Schuppen, Hörner, Drachenstaub?«
» So zaubert man in den südlichen Ländern. Ja, davon habe ich gehört. Doch hier folgen wir den alten Wegen. Wir nehmen nichts von den Drachen. Wozu auch? Das ganze Land gehört uns. Ich fürchte, wenn ihr hier seid, um unsere Geheimnisse zu stehlen, werden wir euch nicht weiterhelfen können.«
» Nein.« Linn hob abwehrend die Hände. » Nein, darauf sind wir nicht aus. Es geht uns nicht um Kräuter, sondern um Drachen. Ich habe gar nicht gewusst, dass man auch mit Blättern zaubern kann. Sie tragen Magie in sich? Wie das?« Sie wollte sich zwar nicht von ihrem eigentlichen Anliegen abbringen lassen, aber dieser Aspekt interessierte sie.
» Die Kraft der Sonne«, wiederholte Sikken geduldig. » Die Anmut des Windes. Die Ruhe der Erde. Soll ich Euch etwa während einer Mahlzeit erklären, wofür die Besten von uns Jahre benötigen? Bleibt bei euren Drachen. Die es hier übrigens nicht gibt. Man
Weitere Kostenlose Bücher