Die Drachenjägerin 3 - Winter, M: Drachenjägerin 3
zusammen, oder wir brauchen es überhaupt nicht mehr.« Er brachte ein schiefes Lächeln zustande. » Ich hoffe, Ihr grollt mir nicht, dass wir nun dieses Problem haben. Von Sion weiß ich, dass wir in Kürze sowieso aufgeflogen wären, weil einer von Scharech-Pars Drachen unser Geheimnis bereits kennt.«
Rinek nickte. » Ja«, sagte er. » Und nein, ich kann Eure Entscheidung nachvollziehen. Dann mache ich mich jetzt wohl an die Arbeit. Sion?«
Sie trat zu ihm. Etwas in ihrem Gesicht hatte sich verändert, schien es ihm. Schmerz? Oder Freude? Er wollte nicht aufhören, ihr Gesicht zu betrachten, und wandte dennoch den Blick wieder ab, weil er es nicht aushielt.
» Du hast deine Schuppen geopfert«, sagte er leise, während sie ihn an der Hand fasste und zur Treppe zog. Glück flammte in ihm auf.
» Das macht nichts.« Sie lächelte, und auch ihr Lächeln war nicht zu deuten. » Der Zauber wirkt immer noch, weißt du. Ich heile sehr schnell, schließlich hast du die stärkste Schuppe verwendet, die es gibt. Also mach dir um mich keine Sorgen. Komm, rasch, Okanion hat recht, lange werden wir die Tür nicht halten können.«
» Ich weiß ja nicht einmal, wie man einen Bann webt.«
» Ich schon.« Nezky stieg hinter ihnen die Treppe hoch. » Ich habe es noch nie getan, aber mein Großvater gehörte zu den letzten Zauberern, die das Schloss gesichert haben, heimlich, denn Magie war natürlich damals schon verboten. Zum Glück wusste niemand, dass er das tun konnte. Ein Bann gegen fremde Zauberer und Drachen, doch vielleicht lässt er sich auf Soldaten und andere Eindringlinge ausdehnen?«
» Was muss man tun?«
» Kommt. Ich zeige es Euch. Es ist nicht viel anders als das, was Ihr bisher getan habt. Man muss den Zauber in gewisser Weise verdichten und dann ausdehnen. Es kostet weitaus mehr Kraft, einen solchen Bann zu brechen, als ihn zu errichten, daher haben wir vielleicht Glück, und er hält auch den Künsten dieser Zauberin stand.«
25
Das Meer war ein Spiegel des Himmels. Blau und grau und voller Bewegung, ein Spieler.
Ein betrunkener Spieler, dachte Linn, die sich wieder einmal über die Reling beugte. Ich hasse Schiffe.
Das Schiff, das sie im Hafen von Wondun an Bord genommen hatte – einer kleinen beratischen Hafenstadt, dreckig und laut –, hatte einen unaussprechlichen Namen, den sie immer noch nicht über die Lippen brachte. Es schlingerte und stampfte und rollte, oder wie auch immer man das nannte, was es einfach unmöglich machte, diese Fahrt zu genießen. Mittlerweile war sie sich nicht einmal sicher, ob sie es überleben würde.
» So schlimm?«, fragte Nival mitfühlend, aber in seinen grauen Augen waren der Himmel und die Wolken und die Schaumkronen auf den Wellen. Er schien hierherzugehören, so wie er auch keine Schwierigkeiten hatte, mit der Mannschaft auszukommen. Er hatte die Fahrt in einer stickigen Hafenspelunke gewonnen, mit irgendeinem Kugelspiel, dessen Regeln sie nicht durchschaute, und erheiterte die Matrosen mit Liedern und kleinen Kunststücken; was Spiele anging, waren sie dagegen nach dem ersten Viertelmond gemeinsam an Bord vorsichtig geworden.
Die meisten Seeleute konnte sie nicht verstehen, denn die Besatzung bestand aus Männern aus Tijoa, Werlis und Ghenai, und während Nival sich mühelos in ihren bunt zusammengewürfelten Dialekt eingefunden hatte, hielt sie sich abseits. Nie war sie einsamer gewesen. Er war immer da, auf diesem Schiff konnten sie sich nie weit voneinander entfernen, aber gerade deshalb wagte sie es nicht, auch nur einen Schritt zu viel auf ihn zuzugehen. Er schien es nicht einmal zu merken, während er mit den Matrosen lachte, während er neben dem Steuermann stand und die Augen zukniff, um das Glitzern der Wellen auszublenden. Sie schlief in einer Hängematte in einer Ecke und er in einer weiteren dicht daneben, zu ihrem Schutz, denn selten genug flüsterten sie vor dem Einschlafen miteinander. Vielleicht sprach sie zu oft davon, dass sie zurückwollte.
» Wir müssen umkehren, Nival.«
Er starrte sie ungläubig an. » Du wirst dich an die Seefahrt gewöhnen, glaub mir, früher oder später. Seit wann gibst du auf?«
Sie wollte ihm sagen, warum. Von diesem Ruf, der sich durch ihr Herz und ihren Verstand fraß, ein Band, das um ihre Beine geschlungen war und sie zurückzog, und da sie in die andere Richtung unterwegs war, zerriss es sie. Jeden Tag ein Stück mehr.
Arian.
Er war in Gefahr, und sie musste zu ihm und an seiner Seite kämpfen.
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