Die Drachenjägerin 3 - Winter, M: Drachenjägerin 3
sieht sie hin und wieder, wenn sie das Meer überfliegen, manchmal kreisen ein paar oben am Berg in den Wolken, doch wir können nicht erlauben, dass ihr sie hier jagt und einen Krieg zwischen Menschen und Drachen entfesselt. Wir lassen sie in Ruhe und sie uns.«
» Ein Drachenfriedhof auf dem Meeresgrund«, sagte Nival. » Habt Ihr je davon gehört?«
Sikken starrte ihn an. » So etwas soll es geben? Ah, ich verstehe. Wenn ihr die Schuppen toter Drachen zum Zaubern braucht, wäre das für euch natürlich wie ein großer Markt, auf dem alle Waren umsonst angeboten werden. Dafür kann man sogar die Seekrankheit in Kauf nehmen … Doch ich muss Euch enttäuschen. Von einem Drachengrab im Meer ist mir nichts bekannt.«
Er wandte sich an seinen Sohn, und sie unterhielten sich eine Weile in ihrer eigenen Sprache.
» Nein, auch Rakkin ist dieser Gedanke neu. Täglich tauchen er und seine Freunde nach Korallen. Sie hätten es gesehen, wenn auf dem Meeresgrund Drachen liegen würden.«
» Korallen, das waren diese bunten Wurzeln? Aber auch die Drachen haben teilweise sehr ungewöhnliche Farben. Vielleicht kann man sie dort unten nicht so gut sehen, zwischen all den Korallen?«
» Wir wissen durchaus, wie Drachen aussehen.«
Linn seufzte. Nein, so schnell konnte sie nicht aufgeben. » Wo gibt es diese Korallen?«
» Unsere Tauchplätze verraten wir nicht an Fremde«, beschied Sikken ihnen.
Er klang jedoch nicht unfreundlich; dass sie damit nichts anfangen konnten, musste ihm bewusst sein. Außerdem hatten sie sein Interesse geweckt, das merkte Linn deutlich. Er beugte sich vor und schob den Suppentopf wieder zu ihnen hin.
» Auch wenn Ihr mit Kräutern zaubert, müsstet Ihr auf irgendeine Art Magie spüren können?«, fragte sie. » Ich weiß nichts über Eure Zauberei, aber wie erkennt man, welche Pflanze man wofür benutzen kann, wenn man nicht ein Gefühl dafür hat?«
» Ich sagte bereits, wir lernen es viele Jahre lang.« Aber in seinen Augen lag ein Funkeln, das ihr verriet, dass sie auf der richtigen Spur war.
» Magisches Blut«, sagte sie leise. » Beim einen schwach, beim anderen stark. Ihr könnt Magie fühlen, nicht wahr? Natürlich muss man einiges lernen, aber es waren die Lehrer, die zuerst auf ihr Gefühl gehört haben, die, vielleicht aufgrund von Gefahr oder Not, es wagen mussten, der Magie zu folgen … Seid Ihr je einem Drachen begegnet? Habt Ihr gespürt, was er ist? Wenn Ihr uns verbietet, sie zu jagen, dann deshalb, habe ich recht?«
Sikken schwieg lange. Dann sagte er: » Die Beziehung unseres Volkes zu den Drachen ist seit je von Achtung und Respekt gekennzeichnet. Wir würden es nie wagen, sie anzutasten.«
» Dann würdet Ihr auch ihren Friedhof durch Stillschweigen schützen? Wir sind keine Leichenfledderer. Wir suchen einen bestimmten Drachen, und wir brauchen nur eine einzige Schuppe. Außerdem war es der König der Drachen, der uns den Auftrag gab, danach zu suchen.«
Sikken ließ sich das Gehörte durch den Kopf gehen. » Es gibt Gerüchte«, sagte er schließlich. » Von Drachen, die schwerfällig flogen, dem Ende nahe, und ins Meer stürzten. Von Drachen, die im Mondlicht fliegen, körperlosen Drachen, die durch Schiffe hindurchschweben … Schiffbrüchige haben sie gesehen, Drachen, die weder zum Himmel noch zur Erde gehören, die nur aus Licht geschaffen sind … Ja, es heißt, sie hätten einen Ort, an dem ihre Seelen frei werden, zu einem Flug über die Wolken hinaus. Doch niemand weiß, wo dieser Ort sich befindet.«
Linn nickte langsam. Sie glaubte ihm.
» Auf all Euren Fahrten über das Meer hattet Ihr nie das Gefühl, Euch dieser Stelle zu nähern? Hattet Ihr auf offener See nie starke Magie, Drachenmagie bemerkt?«
» Habt Ihr eine Ahnung davon, wie tief dieses Meer ist?«, fragte er zurück. » Ich habe tatsächlich schon einmal eine Schuppe in der Hand gehalten, die Schuppe eines toten Drachen. Doch ihre Kraft habe ich erst gespürt, als ich die Finger darum schloss und meine Aufmerksamkeit darauf richtete. Ein Drache unter einem Berg aus Wasser könnte niemals so viel Magie verströmen, dass ein Zauberer oben auf einem Schiff es wahrnehmen kann.«
» Doch wenn es mehrere Dutzend wären? Hunderte? Tausende?«
Sikken wiegte nachdenklich den Kopf und beriet sich erneut mit seinem Sohn.
» Ich habe ihn gefragt, ob er jemals so etwas verspürt hat, doch er verneint«, sagte er dann. » Das wiederum wundert uns beide. Wenn Eure Vermutung stimmt und es einen solchen
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