Die Drachenjägerin 3 - Winter, M: Drachenjägerin 3
tun«, sagte sie.
» Aber …«
Dachte er, sie wüsste es nicht? Wie sehr er sich immer danach gesehnt hatte zu zaubern, wie er mit seiner Unfähigkeit gekämpft hatte?
» Du kannst Caness. Ein wenig magisches Blut hast auch du. Das reicht.«
» Für einen Zauber dieser Art?«, zweifelte er. » Wenn das Wort zu stark ist, kann es mich töten.«
» Ja, so ist es auch. Aber im Moment bist du stärker als ich. Larans Schuppe wird so viel Macht in sich bergen, dass sie dein Unvermögen bei weitem ausgleicht. Ich habe miterlebt, wie mein Bruder gezaubert hat, dabei wusste ich nicht einmal, dass er Talent dazu hat. Es wird reichen, Nival. Irgendeine Art von Sicherheit gibt es bei diesem Plan sowieso nicht.«
» Wunderbar«, murmelte Rakkin, » ich hatte eigentlich gedacht, einer von euch müsste ein herausragender Zauberer sein, um auf so eine Idee zu kommen. Nun denn, wir haben noch eine ganze Nacht Zeit, um uns zu überlegen, ob wir es wagen wollen oder nicht.«
Diese Nacht erinnerte Linn an den unterirdischen See, über dem die Sterne schienen. Auch hier sprenkelten sie den Himmel, als hätte jemand eine Schale mit Diamanten ausgeleert, und der Mond, obwohl nicht voll, sondern nur ein Halsreif aus Silber, blendete mit seinem Strahlen. Das Meer war still, eine Fläche aus schwarzem Glas, obwohl ein leichter Wind das Boot vorwärtstrieb, als wäre es ein Messer, um eine Kerbe in das Glas zu ritzen. Die Luft war erfüllt von Licht, ruhig und klar, doch gleichzeitig schien es zu tanzen, immer dort, wo man gerade nicht hinsah, in den Augenwinkeln. Dort flimmerte es, dort huschten formlose silberne Gebilde, sobald Linn allerdings den Kopf drehte, war da nichts. Sie fragte sich, ob die Geisterdrachen der Seeleute nicht doch Einbildung waren, aber manchmal war ihr, als hörte sie das Rauschen mächtiger Schwingen; ein Schatten flog durch das silberne Licht, und sie fühlte sich sehr klein und verwundbar – nur ein Mensch in einem Meer von Magie.
Am nächsten Morgen öffnete sie die Augen und stellte fest, dass sie sehr schnell unterwegs waren. Gischt spritzte ins Boot. Rakkin hatte das Segel eingeholt, doch sie schossen vorwärts, als würden sie einen reißenden Fluss befahren.
» Wir nähern uns dem Todesstrudel«, kündigte er an. Seine Augen leuchteten, und ihr kam der Gedanke, ob sie sich möglicherweise in die Hände eines Verrückten begeben hatten. Vielleicht hatte er ihnen allen auch etwas ins Essen gemischt, das ihnen die Angst nahm, denn, so stellte sie fest, sie hätte sich fürchten müssen. Stattdessen blickte sie mit gespannter Erwartung nach vorne. Dass sie in eine kreisförmige Bahn eingeschwenkt waren, war lange Zeit nicht zu merken, doch irgendwann wurden die Kreise enger, während sie noch mehr Fahrt aufnahmen, und vor ihnen wurde das Meer dunkler, als hätte sich dort ein Loch aufgetan, um die ganze Welt zu verschlingen.
» Das können wir unmöglich überleben«, sagte Nival, auch sein Gesicht ohne Anzeichen von Angst. Der Wind ließ seine Haare flattern, und durch ihre Vorfreude hindurch erfasste Linn ein altvertrautes Gefühl. Es war, als müsste sie durch alle Widerstände zu ihrer Angst zurückfinden, ihn zu verlieren.
Hinter ihnen lachte Rakkin hell auf, aber Linn griff nach Nivals Hand. » Falls es schiefgeht …«
Sein Lächeln erinnerte sie an den Mond, der den Himmel erleuchtet hatte, geheimnisvoll und von tiefem Ernst erfüllt.
» Wie ein Blatt im Wind«, flüsterte er. » Wie ein Boot im Sturm. Wie ein Drache im Flug, und die Funken verglühen, während sie tanzen. Das ist unser Drache, meine liebste Jägerin, unser Drache dort unten. Laran, der Held, den wir Jahr für Jahr bejubelt haben. Wir haben auf ihn gewartet, wie alle anderen in Schenn, und dabei wartet er hier auf uns. Ist es nicht an der Zeit, ihm unsere Ehrerbietung zu erweisen?« Er warf die Hände in die Luft und schrie: » Prinz, o mein Prinz, wir kommen!«
Der Schlund öffnete sich vor ihnen.
» Legt euch auf den Boden!«, rief Rakkin, und dann tat er etwas Erstaunliches: Er schloss die Bootswände über ihnen, sodass sie wie in einer durchsichtigen Kapsel saßen, in einem hohlen Fisch, der hüpfend in den großen Kreisel eintauchte. So viel Schaum und Gischt war um sie her, dass Linn die Dunkelheit, die sie in rasender Geschwindigkeit umkreisten, nur erahnen konnte, diesen Abgrund, der sie in sich hineinsog, ein Sturm, wie sie ihn einige Male selbst entfesselt hatte, damals noch aus Staub oder Schlamm, doch
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