Die Drachenjägerin 3 - Winter, M: Drachenjägerin 3
sprangen hinter ihrer Deckung hervor. Die Soldaten rissen die Schilde hoch, um ihre undurchdringliche » tijoanische Wand« zu errichten, als die Angreifer sich auf sie stürzten. Rineks Holzfuß katapultierte ihn mit solchem Schwung zwischen die Soldaten, dass er drei Männer umriss. Hinter ihm fielen die anderen in diese Lücke ein. Während Rinek seinen langen Schlagstock schwang, benutzten die anderen die Waffen, die Okanion jedem zugewiesen hatte. Schwerter, Lanzen, Messer. Angefangen hatten sie mit den Waffen aus Moras Keller, doch inzwischen hatten sie ihr Arsenal vergrößert.
Agga war hinter der Mauer geblieben und schwang ihre Schleuder; für den Nahkampf war sie zu zierlich, aber sie konnte recht gut treffen. Nichts an ihr erinnerte daran, dass sie ein Dienstmädchen aus besserem Hause gewesen war. Ihr blondes Haar, zu einem Zopf geflochten, kringelte sich in vielen widerspenstigen Locken über ihrer blutverschmierten Stirn. Ihre abgerissene Kleidung war hastig geflickt und wies dunkle Flecken auf. Ein rascher Blick überzeugte Rinek zwischendurch davon, dass mit ihr alles in Ordnung war. Er fühlte sich für alle in der Gruppe verantwortlich, aber wenn Agga dabei war, achtete er besonders auf sie; er konnte nur hoffen, dass sie es nicht merkte.
Die Soldaten wehrten sich erbittert. Leicht war es nie, und selten ging es ohne Verluste ab, aber oft genug erledigten sie eine Gruppe der Besatzer. Eine nach der anderen, immer wieder, eine kleine Schlacht nach der nächsten, blutig und brutal. Danach zerstreuten sie sich, um etwaige Verfolger zu verwirren – meist hatten Drachen den Kampf von oben herab verfolgt, ohne einzugreifen, um die Tijoaner nicht zu verletzen –, und zogen sich wieder in ihre unterirdische Zuflucht zurück.
Rinek machte fast jedes Mal einen Umweg, über den er nie mit irgendjemandem sprach. » Bis gleich.« Die Rebellen nickten sich zu, und Rinek stieg über einen am Boden liegenden Verwundeten, einen Tijoaner, um sich in die nächste Gasse davonzustehlen. Manchmal überkam ihn das Verlangen, die Verletzten zu heilen, aber es wäre sinnlos gewesen, sie erst niederzuschlagen und dann wiederherzustellen. Was Scharech-Par mit seinen Soldaten anstellte, die einen Kampf verloren, wusste er nicht. Schickte er sie nach Tijoa zurück? Hatte er im Schloss ein Lazarett, wo sie sich erholen durften? Niemals war Rinek einem Mann, mit dem er gekämpft hatte, ein zweites Mal begegnet.
Beunruhigt dachte er darüber nach, während er sich zu seinem geheimen Haus schlich. Unbeschadet von Feuer und Straßenschlachten wartete es auf ihn, verlässlich wie eine treue Ehefrau. Kesim öffnete auf sein Klopfen hin.
Sorgenvoll schüttelte er den Kopf. » Wie viele waren es diesmal?«
» Elf.«
» Lohnt es sich, sein Leben zu riskieren, wegen elf Soldaten? Scharech-Par lässt tausend neue aus Tijoa kommen, habe ich gehört.«
Rinek schritt an ihm vorbei in die Stube. Sein Holzfuß krallte sich in die Teppichfransen. Hastig zog er seinen langen Mantel zurecht, um die ungewöhnlichen Zehen zu bedecken, denn Kesim runzelte irritiert die Stirn.
» So solltet Ihr nicht durch die Straßen laufen. Man sucht überall nach Euch. Nach dem Zauberer mit den Krallenfüßen.« Kesim seufzte und hob abwehrend die Hände. » He, das ist nicht meine Rede.«
» Ich weiß.« Er ließ sich in einen Sessel fallen. » Was sagen die Leute noch?«
» Die Leute, die sich trauen, den Mund aufzumachen? Sie flüstern sich zu, dass der König lebt. Dass er ein zweites Reich unter der Stadt besitzt, in dem er über eine Armee von übermenschlichen Kriegern verfügt.«
Rinek nahm dankbar den Becher Wasser entgegen, den Kesim ihm hinhielt. » Übermenschliche Krieger, ja, das gefällt mir. Und was sagen sie über Scharech-Par? Über Larans Erben?«
» Dass er gelogen haben muss. Keiner mag glauben, dass dieser Mann vom Heiligen Brahan abstammt.«
» Gut«, sagte Rinek leise. » Es wäre schwierig für uns, gegen den neuen König zu kämpfen, wenn die Leute ihn lieben würden.«
» Er macht es einem nicht gerade leicht, ihn zu lieben.« Kesim lachte leise. » Aber es wäre hilfreich, wenn der König sich in der Stadt zeigen würde. Der wahre König, meine ich. Pivellius.«
» Zeigen? Das muss ein Wunsch bleiben.«
» Kann er nicht wenigstens eine Rede halten oder so etwas?«, fragte der Yaner. » Und dem Volk beweisen, dass auch er über Drachen verfügt?«
» Ich konnte Sion noch nicht dazu überreden«, murmelte Rinek. » Was
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