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Die Drachenjägerin 3 - Winter, M: Drachenjägerin 3

Die Drachenjägerin 3 - Winter, M: Drachenjägerin 3

Titel: Die Drachenjägerin 3 - Winter, M: Drachenjägerin 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja Winter
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Ich hole dir die Decke«, versprach sie hastig und eilte zurück zum Lager, wo der Drache sich ausgiebig streckte.
    » Menschen«, murmelte er verächtlich. Aber als der junge Mann erschien, eingehüllt in das Tuch, mit langsamen Schritten, wie ein uralter Greis, und ohne die geringste Furcht zu ihm aufschaute, nickte er anerkennend. » Hüte dich, Linnia«, sagte er zu ihr, während Nival ihnen nachging. » Das ist nicht dein Kind, dem du das Leben geschenkt hast. Das ist ein Mann, jenseits aller Angst. Es gibt nichts, was ihn noch schrecken könnte. Und welche Gefühle er auch immer aus seinem Elend mit in dieses neue Leben hinübergerettet hat, Dankbarkeit scheint nicht dazuzugehören.«
    Sie hatte ihn gekauft, aber er gehörte ihr nicht. Nachts schliefen sie so weit voneinander entfernt wie möglich, Linn auf der einen Seite des Drachen, Nival auf der anderen. Wenn er aß, nahm er sich einen Teil der Mahlzeit und verschwand damit. Sie versuchte sich vorzustellen, wie es war, ohne Zunge zu essen, doch sie vermochte es nicht. Eines Tages war er fort, und Linn wartete bang auf ihn, so unruhig, dass sogar Gah Ran nervös wurde. Endlich kam Nival zurück, in fremden Kleidern; sie hatte keine Ahnung, von wo er sie gestohlen hatte. Bauernkleidung, grober Stoff, der auf der empfindlichen neuen Haut kratzte. Sie sah das Blut durch den hellbraunen Stoff sickern und biss die Zähne zusammen, aber es war zu viel; das konnte sie einfach nicht mit ansehen. Hals über Kopf lief sie davon und versuchte sich zu beruhigen.
    » Oh Arajas … oh Siaweh …« Sie wollte beten, aber immer wieder sprang ihr der falsche Name auf die Zunge, und schließlich gab sie es auf und saß nur da, die Hände auf den Knien, die Handflächen nach oben, als wartete sie auf den Segen, den irgendjemand über sie schütten könnte.
    Als sie schließlich innerlich ruhig wurde, kehrte sie zurück und hörte, wie Gah Ran zu Nival sprach.
    » Ich will es nur wissen«, sagte der Drache. » Ich denke mal, ich habe ein Recht darauf zu erfahren, mit wem ich mich abgebe. Ich kenne dich besser, als du glaubst, so gut, wie Linnia dich kennt, denn ich war immer dabei. Aber vermutlich kennt nicht einmal sie dich richtig. Sag es mir endlich.«
    Nival hob den Kopf und erwiderte den flammenden, dunklen Blick mit Augen, nicht weniger finster. Man konnte kaum glauben, dass sie jemals grau gewesen waren. Dann nickte er.
    Ein tiefes Grollen kam aus der Kehle des Drachen.
    » Also haben wir uns tatsächlich Pivellius’ Mörder ins Nest gesetzt«, knurrte er. » Soll ich es ihr sagen? Sie hat den König nicht besonders geliebt, aber was Verrat angeht, ist sie ziemlich empfindlich. Die Wahrheit könnte sie vielleicht doch übel auffassen.«
    Nival hob die Hände in einer Geste, die wohl besagte: Das ist mir gleich. Für einen Moment lag auf seinem Gesicht ein Schatten wie aus tiefster, finsterster Verzweiflung, dann erblickte er sie, und sämtliche Gefühle verschwanden aus seinem jungen Antlitz, als würde er sich alle Wahrheiten nur für den Drachen aufsparen und für sie nichts als eine Maske bereithalten.
    Sie schluckte und nahm schweigend am Feuer Platz, und nie wieder sprachen sie über den Tod des Königs.
    Dafür nahm sie an diesem Abend all ihren Mut zusammen und wagte es, sich neben Nival zu setzen, als er sich im trockenen Gras eine Kuhle zum Schlafen zurechtklopfte.
    » Nival?«
    Natürlich antwortete er nicht. Er vermied es, überhaupt irgendein Geräusch von sich zu geben.
    » Ich muss dich weiterbehandeln. Deine Haut ist noch viel zu dünn. Du weißt sicher noch, wie es mit der Salbe immer war, wie lange die Narben brauchten, um zu verschwinden.« Sie versuchte zu lachen, irgendetwas in seinem Gesicht zu entdecken, das ihr verriet, dass er sich daran erinnerte. An die Nähe. An die verbotenen Stunden in ihrem Zimmer. An die Zärtlichkeit seiner Hände auf ihrer Haut, ihrem Haar.
    » Darf ich?«, fragte sie. Wieder war da diese Angst, die sie seit Tagen begleitete, die nicht abebben konnte, als sei sie es jetzt, die gefoltert wurde, Stunde für Stunde, von seinem Schweigen.
    Er hätte wenigstens nicken können, irgendein Zeichen seines Einverständnisses geben. Aber er stand nur da, ergeben wie ein Tier, das sich tot stellt vor seinem Angreifer, gelähmt, während sie ihn aus seiner Kleidung schälte. Doch sein Blick strafte diese Ergebenheit Lügen; in seinen Augen brannte der Zorn, ein solch steinerner, glühender Zorn, dass sie ihn am liebsten einfach

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