Die Drachenjägerin 3 - Winter, M: Drachenjägerin 3
ordentliche Mahlzeit freuen werdet.« Die Dachkammer war klein; er musste sich nicht einmal aufrappeln, um mit dem Stock gegen die Tür zu pochen.
» Mir schmerzt der Schädel.« Pivellius berührte seinen Kopf und schrie auf. » Meine Haare! Und – und mein Bart!«
» Borlin hat Euch rasiert«, erklärte Rinek. » Er ist vielleicht nicht der beste Barbier, aber das mag ihm keiner seiner Freunde sagen. Nein, anders: Sie sagen es ihm durchaus, er glaubt ihnen jedoch leider nicht. Wünscht Ihr einen Spiegel, Majestät?«
» Was soll das?«, tobte der König. » Wie könnt ihr es wagen!« Er schwang die Beine über den Bettrand und richtete sich schwankend auf.
Rinek saß vor der Tür, daher wandte Pivellius sich zum Fenster hin. Es war nur ein kleines Eulenloch im Giebel, durch das der Wind ein paar verirrte Regentropfen hereinwehte.
» Es zieht«, gab Rinek zu, » außerdem regnet es leider durchs Dach. Wir werden alle Löcher abdichten, so gut wir können, aber keiner von uns klettert gerne auf Dächern herum. Also bitten wir Euch inständig, uns alle Unannehmlichkeiten zu verzeihen.«
Der König spähte durch das kleine Loch. » Was sind denn das für verfallene Häuser dort draußen? Wo sind wir?«
» In Lanhannat. Ich glaube Euch gerne, dass Ihr dieses düstere Viertel nicht so gut kennt, wie es der Herr dieser Stadt eigentlich sollte.«
Es klopfte. Agga trat ein, mit einem Tablett beladen. Sie warf dem König einen vorsichtigen Blick zu, während sie das üppige Frühstück auf dem Bett abstellte.
» Leider gibt es hier keinen Tisch«, sagte sie zaghaft. » Ihr müsstet das Tablett auf die Knie stellen, damit Ihr bequem essen könnt. Aber es wird Euch schmecken! Wir haben uns die größte Mühe gegeben.«
Pivellius musterte sie finster.
» Herr Rinek? Braucht Ihr noch etwas?«
» Ein Küsschen auf die Wange?«, schlug Rinek grinsend vor. Sie floh aus dem Zimmer, ohne ihm Paroli zu bieten, was ungewöhnlich für sie war. Als hätte der König eine ansteckende Krankheit, weshalb sie so schnell wie möglich aus seiner Gegenwart entkommen wollte.
» Dafür werdet ihr alle am Galgen landen«, sagte Pivellius. Er näherte sich dem Tablett, offenbar angezogen von dem köstlichen Duft des frischen Brotes, aber Rinek war sich nicht sicher, ob er es essen oder durch die Gegend werfen würde. » Das sollte euch klar sein.«
Nicht zum ersten Mal fragte Rinek sich, warum er sich das antat. Die Mächtigen waren nie dankbar. Wenn man nicht aufmuckte oder ihnen gar eine Gefälligkeit erwies, nahmen sie das als selbstverständlich hin, doch wenn sie sich gekränkt fühlten, übten sie grausam Rache. Mit dem mächtigen Herrscher von Schenn würde wohl kaum besser zu reden sein als mit diversen Vögten und Bütteln.
» Aus diesem Grund werden wir Euch erst dann freilassen, wenn Ihr begreift, worum es geht.«
» Wen wollt ihr erpressen?«, fragte der König, während er den Inhalt seines Tellers inspizierte. » Meinen Sohn? Selbst wenn er euch die größten Schätze auszahlen sollte, um meine Freiheit zu erkaufen, werdet ihr nicht lange Freude daran haben. Glaubt ihr ernsthaft, ihr kommt mit so einem Verbrechen davon? Dem abscheulichsten, niederträchtigsten Verbrechen, das man sich vorstellen kann?«
Mit beiden Händen packte Pivellius das Tablett, schleuderte es auf Rinek, und während Becher und Teller, Brot und Eier, Tee und Schinken auf den Müllerssohn regneten, stürzte er mit einem Hechtsprung zur Tür. Rinek hatte damit gerechnet. Ungerührt sammelte er die Scherben und Brocken auf und häufte sie wieder auf das Tablett. Während der König noch am Riegel zerrte, rappelte er sich auf.
» Wenn Ihr doch noch Hunger bekommt, bedient Euch. Wir haben kein Geld, um Nahrungsmittel zu verschwenden. Das hier ist kein Palast, wie Ihr unzweifelhaft bereits bemerkt habt.«
Pivellius funkelte ihn hasserfüllt an. » Du bist ein Zauberer!«
» Ja, das bin ich.« Rinek trug absichtlich etwas dick auf. » Ein mächtiger, äußerst gefährlicher Zauberer, deshalb rate ich Euch, mir jetzt aus dem Weg zu gehen.«
Wild vor Hass und Zorn wich der König zurück, sodass Rinek durch den Türspalt schlüpfen konnte.
Drinnen tobte der Gefangene wie ein Berserker.
Rinek flüchtete sich in den Hof, wo die Affendrossel, Lirecks sprachbegabter kleiner Vogel, im Käfig gegen den kälter werdenden Wind ansang. Der Sturm heulte in allen Ecken, und aus den tief hängenden Wolken tropfte es.
Die Drachen kamen in den frühen
Weitere Kostenlose Bücher