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Die Drachenkämpferin 01 - Im Land des Windes

Titel: Die Drachenkämpferin 01 - Im Land des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
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gebrochen, und sie wollte nichts als reden, sich alles von der Seele reden, was sie ihm nie erzählt hatte: vom plötzlichen Ende ihrer Kindheit, von jenem Tag in Salazar, von der Entdeckung ihrer Herkunft, von ihrem Verlangen nach Vergeltung ...
    Der Gnom hörte weiter rauchend zu.
    Nihal war sich sicher, dass er sie verstand: Er war ein Krieger, unmöglich, dass er ihre Gefühle nicht teilte.
    Unablässig kamen ihr die Worte über die Lippen, und in der Dunkelheit strömte ihre Geschichte dahin wie ein voller Bach nach langen Regenfällen.
    »Der Tyrann hat mein Volk ausgelöscht, Ido. Und ich wurde als Säugling zwischen den noch warmen Leichen meiner Angehörigen gefunden. Das Blut der Toten hat meine Seele getränkt, und diesem Blut will ich jetzt zu seinem Recht verhelfen.«
    Als Nihal geendet hatte, nahm Ido die Pfeife aus dem Mund und setzte sich auf. »Weißt du, Nihal, es ist unmöglich, den Tod eines Menschen wieder gutzumachen. Kein Schatz der Welt ist so kostbar, dass er auch nur ein einziges Menschenleben aufwiegen könnte. Und nun lass uns reingehen, man merkt, der Winter steht vor der Tür, und es beginnt kalt zu werden.«

18. Der Drache
    In einem riesengroßen Käfig traf der Drache, unter den staunenden Blicken der ganzen Lagerbesatzung, in der Zitadelle ein. Üblicherweise waren die Drachen für Neulinge noch recht jung und wurden von Rittern herbeigeflogen, die das Tier schon beherrschten.
    Dieser hier aber wurde, eskortiert von drei Soldaten, auf einem Karren transportiert. Während sich Nihal voller Bewunderung dem Käfig näherte, stand Ido etwas abseits und beobachtete sie aufmerksam. Es war ein prächtiges Tier: stark und imposant, mit flammend roten Augen und einer Haut von einem satten Smaragdgrün wie die ersten neuen Blätter im Frühling. Aber ...
    »Wieso steckt er in einem Käfig?«, fragte er.
    »Ach, diese verdammte Bestie«, antwortete einer der Soldaten, »die lässt niemanden an sich heran. Es fehlte nicht viel, und sie hätte einen Ritter umgebracht, der versuchte, sie zu besteigen.«
    »Hat der Drache Narben?«
    »Gewiss hat er die. Er war ja schon in der Schlacht«, antwortete ein anderer Soldat. »Sein Herr ist vor einiger Zeit gefallen: Es war dieser Dhuval, Ihr erinnert Euch wohl an ihn.«
    Ido verzog das Gesicht und schüttelte den Kopf. »Nihal ...« Das Mädchen konnte den Blick nicht von dem Karren abwenden. »Ja?«
    »Kannst du mir mal erzählen, was du Raven angetan hast?«
    Mit fragender Miene drehte sich Nihal zu ihm um. »Wieso?«
    »Dieser Drache hatte bereits einen Herrn, und der ist im Kampf gefallen: Weißt du, was das bedeutet?«
    Doch Nihal war mit den Augen und den Gedanken schon wieder ganz bei dem Drachen. »Wie heißt er?«, fragte sie einen der Soldaten.
    »Sein früherer Herr nannte ihn Oarf.«
    Ido wurde lauter: »Nihal, willst du mir wohl endlich mal zuhören?!«
    Das Mädchen blickte auf. »Ja, ja, ... ich höre ja zu ...«
    »Ein Drache, dessen Herr gestorben ist, lässt keinen mehr an sich heran. Nur ein sehr erfahrener Ritter könnte es schaffen, ihn zu reiten und mit ihm in den Kampf zu ziehen.«
    Nihal blickte ihren Lehrer entschlossen an. »Na wenn schon. Ich habe die Zerstörung Salazars überlebt und auch gegen die Fammin bestehen können. Da werd ich mich doch nicht von diesem Drachen aufhalten lassen.«
    Jetzt verlor Ido endgültig die Geduld. »Bitte, wenn du es nicht anders willst. Das heißt, wir beginnen noch heute mit der Arbeit«, sagte er, während er sich entfernte. Wäre es nach Nihal gegangen, hätten sie auch auf der Stelle beginnen können. Am Nachmittag desselben Tages fanden sie sich in der Arena ein.
    Oarf lag in der Mitte der Kampfbahn, reglos und wachsam, so als rechne er jeden Augenblick mit einer Attacke. Als er Nihal und Ido herantreten sah, richtete er sich auf und breitete bedrohlich die Schwingen aus. Sie waren riesengroß und sehnig, die Haut fein wie Papier, zart und doch fest. Nihal verschlug es die Sprache: Sie sahen genauso aus wie jene, die Livon für ihr Schwert geschaffen hatte.
    Ido forderte sie auf, neben ihm, auf einem Zuschauerrang, Platz zu nehmen. »Jetzt hör mir mal gut zu, Nihal. Dieser Drache ist noch viel misstrauischer als andere. Denke immer daran, wenn du dich ihm näherst. Sein Ritter starb, und er hat kein Vertrauen mehr zu den Menschen.«
    Nihal hörte aufmerksam zu und nickte jetzt.
    »Er wird versuchen, dich anzugreifen. Du darfst keine Angst vor ihm haben, baue dich vor ihm auf wie ein

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