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Die Drachenkämpferin 01 - Im Land des Windes

Titel: Die Drachenkämpferin 01 - Im Land des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
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Drachen zu. Auf halbem Weg aber wandte sie sich nach links und hielt auf die Trinkbrunnen zu.
    »He! Wo willst du hin?«, rief Ido.
    »Vertrau mir«, rief sie zurück, ohne sich auch nur umzudrehen.
    Als sie vor dem Brunnen stand, nahm sie den Umhang ab.
    Es war bitterkalt, aber sie spürte es nicht.
    Sie hielt ihn unter den Wasserstrahl, bis er ganz durchtränkt war, legte ihn sich dann wieder um und zog die Kapuze über den Kopf.
    Schaudernd trat Nihal auf Oarf zu.
    Das Brüllen des Drachen hallte durch die Arena.
    Nihal ging weiter.
    Oarf brüllte mit allem, was seine Lungen hergaben, entrüstet darüber, was diese schmächtige Kreatur sich herausnahm.
    Nihal kam immer näher.
    Das Tier begann, an der Kette zu zerren.
    Vielleicht zwei Dutzend Schritte vor ihm blieb Nihal stehen und blickte ihm starr in die roten Augen.
    Sie fühlte, was er fühlte.
    Hass. Furcht. Einsamkeit.
    Der Feuerstoß kam plötzlich und aus voller Kraft und reichte bis dicht zu ihr hin. Aber Nihal wich keinen Schritt zurück. Sich in den triefenden Umhang hüllend, stand sie kerzengerade da.
    »Ich glaub, mich trifft der Schlag ...«, murmelte Ido.
    Oarf zögerte, offensichtlich verunsichert. Der Feuerstoß verlor an Kraft und erlosch dann ganz.
    Nihal blickte ihm weiter starr in die Augen.
    Ihr war, als spreche der Drache zu ihr:
    Er wollte nichts mehr zu tun haben mit diesen niederen Wesen, die sich nur gegenseitig umbrachten. Er hasste sie alle.
    Sie hatten diese herrliche Erde in einen Ort des Todes verwandelt.
    Sie hatten ihm seinen Gefährten genommen.
    Ja, er hasste auch sie. Er hasste sie, und er würde sie töten.
    Ein zweiter Feuerstoß entfuhr seinem Rachen.
    Nihal spürte, wie die Hitze im Nu ihren Umhang trocknete. Sie bewegte sich nicht: Konnte sie Oarf nicht für sich gewinnen, hatte all das, was sie bisher geschafft hatte, keinen Sinn.
    Die Hitze wurde immer stärker. Um sie herum verdampfte der Regen, löste sich auf, bevor er die Erde erreichen konnte.
    »Ich gebe nicht auf!«, begann Nihal zu schreien. »Merkst du denn nicht, wie ähnlich wir uns sind? Auch ich habe meinen Herrn verloren, auch ich hasse diese Welt!« Der Feuerstoß ließ nicht nach.
    Nihal spürte, wie ihre Augenbrauen verbrannten. Kleine Feuerzungen umspielten den Saum ihres Umhangs. »Nimm mich an!«
    Die Hitze war unerträglich.
    »Nimm mich an und zieh mit mir in den Kampf«, schrie sie ein letztes Mal. Ihr schwindelte. Sie bekam keine Luft mehr. Das war's. Es ist vorbei. Sie fiel auf die Knie. Und plötzlich ließ Oarf seinen Feueratem versiegen.
    Einen Moment stand er noch aufgebäumt vor ihr, dann wandte er sich ab und zog sich zurück.
    Ido brachte sie ins Lagerlazarett, ein schönes Gebäude aus Stein.
    Bis auf einige leichte Verbrennungen war ihr nichts geschehen: Sie war bloß zu Tode erschöpft.
    Eine Heilerin, eine ältere Frau, strich ihr eine nach frischen Kräutern duftende Salbe auf die Wunden. Dann schlief Nihal ein.
    Als sie aufwachte, war es bereits später Nachmittag. Sie hatte gerade noch Zeit, sich in Erinnerung zu rufen, was geschehen war, als auch schon Ido auf ihre Pritsche zutrat.
    An seiner Miene versuchte Nihal zu erraten, ob er verärgert war, doch sein Gesicht war undurchschaubar. »Bist du böse auf mich?«
    »Nein. Du hast gut gekämpft. Das Problem liegt woanders.«
    Nihal blickte ihn fragend an. »Und das bedeutet?«
    Ido setzte sich auf einen Hocker neben dem Bett. »Es geht immer um das richtige Vorgehen mit den geeignetsten Mitteln, Nihal. Die Idee, die du bei Oarf in die Tat umsetzen wolltest, war gut, doch das Ergebnis mehr als enttäuschend.« »Aber ich ...«
    »Still, hör mir zu. Im Krieg musst du, bevor du zur Tat schreitest, jeden einzelnen Schritt sehr gut abwägen: Ein Heer besteht aus vielen Soldaten, und jeder einzelne ist ein wichtiges Mosaiksteinchen für den Sieg. Das Leben eines Ritters ist nun noch wertvoller für die Truppe. Der Ritter ist ein Heerführer, von seinem Vorgehen hängt das Schicksal vieler Soldaten ab. Stirbt er, reißt er in den meisten Fälle auch jene, die unter seinem Kommando stehen, mit in den Abgrund. Aus diesem Grund muss jeder, ein Ritter aber ganz besonders, sein Leben bedachtsam einsetzen, denn es gehört nicht nur ihm, sondern allen, die mit ihm kämpfen.«
    Ido zündete seine Pfeife an und nahm einen langen Zug.
    »Es ist sinnlos, sein Leben in einer selbstmörderischen Aktion zu verschenken: Damit ist niemandem gedient, am allerwenigsten dem, der stirbt. Ein guter Krieger

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