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Die Drachenkämpferin 01 - Im Land des Windes

Titel: Die Drachenkämpferin 01 - Im Land des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
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Erst wenn man diese sicher beherrscht, kann man zur nächsten Phase übergehen.« Soanas Ton wurde noch ernster. »Das höchste Ziel ist es aber, die Natur zu beherrschen und dem eigenen Willen zu unterwerfen. Dann sind es nicht mehr die Geister, die die Hand des Magiers lenken, sondern er ist es, der mit seinem Willen die Elemente dominiert. Zu dieser zweiten Sorte zählen alle offensiven Zauber, einschließlich jener, die Waffen beigegeben werden. Erst wer dazu in der Lage ist, darf sich mit Fug und Recht Magier nennen.«
    »Und dauert das lange, bis man das kann?«
    »O ja. Sennar zum Beispiel ist seit seinem achten Lebensjahr mein Schüler, und doch ist er noch nicht so weit. Dabei besitzt kein anderer Zauberer, den ich kenne, ein solch herausragendes Talent wie er. Und auch ich selbst studiere immer noch, denn die Natur ist ein Buch ohne Ende, reich an Geheimnissen und Kräften.«
    Diese Worte begeisterten Nihal und ließen sie vergessen, dass Soana von einer jahrelangen Ausbildung gesprochen hatte. Sie fühlte sich zu allem bereit. »Einverstanden. Nun sag, worin besteht denn diese Prüfung?«
    »Du musst dich in den Wald aufmachen und dir dort, wo er am tiefsten und dichtesten ist, selbst deine Verbindung zur Natur suchen. Ich gebe dir zwei Tage und zwei Nächte: Gelingt es dir in dieser Zeit nicht, den Kontakt herzustellen, bist du nicht für die Magie geeignet. Dann wirst du verzichten müssen. Im umgekehrten Fall beginnen wir unverzüglich mit der Ausbildung.«
    Nihals Entschlossenheit schmolz dahin wie Schnee in der Sonne. Dass die Prüfung hart sein würde, hatte sie sich vorstellen können, aber was Soana da verlangte, war ja geradezu entsetzlich. All die Geschichten, die sie über diesen Wald gehört hatte, kamen ihr in den Sinn, dass noch niemand lebend aus ihm zurückgekehrt sei und dass dort böse Geister hausten. Ganz zu schweigen von den Räubern und anderem Abschaum der Menschheit, die sich dort verbargen und den Wald zu ihrem Reich erkoren hatten. Für einen kurzen Moment vertrieb ein tröstlicher Gedanken ein wenig ihre Furcht. »Na ja, wenn wir beide, du und ich ...«
    »Nein, Nihal. Du wirst ganz allein sein.«
    »Aber ..., aber wieso denn?«, stammelte sie. »Wieso muss ich denn dort allein sein? Man hört so schlimme Dinge über den Bannwald, und ich ...«
    »Ach was. Glaubst du denn, ausgerechnet ich, die Schwester deines Vater, würde dich irgendeiner Gefahr aussetzen? Nein, glaub mir, der Bannwald ist wahrscheinlich einer der sichersten Orte weit und breit. Die Furcht vor ihm hält sowohl Halunken als auch ehrliche Leute von ihm fern, und auch auf wilde Tiere trifft man dort nicht. Was du da gehört hast, sind Ammenmärchen, mit denen man kleinen Kindern Angst einjagt. Nein, ich kann dich nicht begleiten. Du musst ganz allein sein, damit du zu voller Konzentration finden kannst.«
    »Ach nein ..., ich bitte dich ...«, flehte Nihal noch einmal.
    Doch Soana lächelte sie an. »Auf, nur Mut, stell dich dieser Prüfung wie ein tapferer Krieger.«
    Die Diskussion erlosch in den Vorbereitungen zum Aufbruch: Soana packte ihr einen Quersack mit dem Allernötigsten, und erst auf Nihals Drängen gestattete sie ihr, auch ihr Schwert mitzunehmen. So wanderten sie in der Stille des Waldes dahin.
    Die Sonnenstrahlen sickerten durch das dürre Geäst und ließen in einem munteren Spiel Lichtflecke auf dem trockenen Laub des Waldbodens tanzen. Die Angst saß Nihal zwar immer noch in den Gliedern, doch angesichts dieses Schauspiels ließ sie schon langsam von ihr ab. Aber der Wald war auch voller Schatten und eigenartiger Geräusche, die Nihal sofort alle Befürchtungen und alles Schreckliche, was sie gehört hatte, in Erinnerung riefen.
    Von Tausenden von Augen fühlte sie sich beobachtet, fast so, als hätten die Blätter selbst den bösen Blick. Bei jedem Laut zuckte sie zusammen und wanderte unsicher hinter Soana her, die ihr eiligen Schritts vorausging. Mehr als einmal war Nihal versucht, sie anzuhalten und ihr zu sagen, dass sie verzichte, auf die Magie und alles andere auch, denn nichts konnte ja diesen Opfergang aufwiegen. Doch letztendlich war ihr Stolz stärker als ihre Furcht.
    Eine Stunde waren sie gewandert, als sie zu einer kleinen, runden Lichtung kamen, an deren Rand eine Quelle mit klarem Wasser sprudelte. Im Zentrum der Lichtung befand sich eine Art Sessel aus grob behauenem Stein.
    »Da wären wir«, sagte Soana.
    Nihal blickte sich um, während ihr das Herz bis zum Hals hinauf schlug.

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