Die Drachenkämpferin 01 - Im Land des Windes
zu verlassen. Ich schaffe es nicht. Die Wunde in der Seite schmerzte heftig, und das Schwert schien ihr ungeheuer schwer. Ich kann es unmöglich schaffen. Da plötzlich schoss ein grünlicher Blitz über ihren Kopf hinweg und verwandelte den Fammin augenblicklich in Asche. Nihal drehte sich um.
Sennar blickte sie grinsend an: »Überleg dir mal, wie du das wieder gutmachen kannst. Das ist jetzt schon das zweite Mal, dass ich dir das Leben rette!«
»Plapper nicht so lange, du großer Zauberer. Es kann sein, dass hier noch mehr Überraschungen auf uns warten«, antwortete Nihal lächelnd. Im Laufschritt verließen die drei das feindliche Lager.
Ohne anzuhalten liefen sie, bis sie das Ufer des Saar erreicht hatten, wo die Kobolde bereits eine Weile auf sie warteten. Nihals Wunde schmerzte so sehr, dass sie kaum noch Luft bekam.
»Lass mal sehen.«
Sennar hob ihre Jacke an. Der Verband war blutdurchtränkt.
Nihals Protesten zum Trotz bestand Sennar darauf, dass sie sich hinlegte, und begann, einige unverständliche magische Formeln zu sprechen. Sie entspannte sich, ihr Atem wurde regelmäßiger, und nicht lange, so durchströmte sie ein angenehmes, wohliges Gefühl.
»Danke, Sennar. Für alles.«
Durch die halbgeöffneten Lider blickte sie zum Himmel: Er verfärbte sich langsam rosa. Im fahlen Licht des Morgengrauens erblickte sie drei grüne Pünktchen, die rasch immer größer wurden. Drachen.
Fen und seine Leute hatten sie gefunden.
Sie waren gerettet.
Später flüsterte der Ritter Nihal etwas ins Ohr. Es hatte mit Gaart zu tun, aber sie war zu ermattet, um es zu verstehen. Und so erlebte sie ihn schlafend - ihren ersten Ritt auf einem Drachen.
11. Nihals Entscheidung
Nihal und ihre Gejährten wurden in ein Städtchen im Land des Wassers, nahe der Grenze, gebracht. Es war Soana, die auf einer bescheidenen Unterbringung bestanden hatte: Sie fühlte sich nicht mehr als Mitglied des Rates und wollte deswegen die Gastfreundschaft von Astrea und Galla in Laodamea nicht mehr in Anspruch nehmen. Das Städtchen hieß Loos und zählte zu den wenigen, in denen Nymphen und Menschen zusammen lebten. Es war ein recht angenehmer Ort, der aus dem Gedanken heraus entstanden war, das Zusammenleben dieser so unterschiedlichen Völker zu fördern.
Die Menschen brauchten Häuser, während die Nymphen als Nachtlager Bäume vorzogen. Und so reihten sich in einigen Teilen der Stadt niedrige, ins Wasser gebaute Pfahlbauten aneinander, während in anderen die Bäume dicht an dicht standen. Kurzum, es war ein Ort, der vor Grün nur so strotzte.
Nihal und Soana waren im Haus eines Fischers untergebracht. Der Mann war sofort rührend um das Mädchen besorgt: Als er sie traurig und am Ende ihrer Kräfte vor seiner Tür stehen sah, erlegte er ihr zwei Tage strenge Bettruhe auf und erlaubte ihr nicht, im Haus auch nur einen Finger zu rühren. Doch nachts ließen ihr die Träume wieder einmal keine Ruhe, und morgens erwachten auch ihre Schmerzen von neuem. So setzte Nihal alles daran, rasch wieder zu Kräften zu kommen, und sobald ihre Beine sie einigermaßen sicher trugen, begann sie, draußen umherzustreifen und sich dieses berauschende Fleckchen Erde anzuschauen. Dann war da noch Fen.
Sein Lager stand nicht weit von dem Städtchen entfernt, und so ergab es sich häufig, dass er sich in Loos aufhielt, um Soana zu besuchen. Nihal freute sich immer, wenn er da war. Und sie störte sich auch nicht daran, dass er nicht ihretwegen kam, sondern wegen der Frau, die er liebte. Ihr selbst blieben da nur ihre Phantasien, aber sie halfen ihr dabei, die entsetzlichen Erinnerungen von sich fern zu halten.
Der Ritter behandelte sie mit Feingefühl, unterhielt sich mit ihr und begann auch wieder, als es Nihal besser ging, mit ihr die Klingen zu kreuzen. Im Zweikampf wurde Nihals Kopf völlig leer. Das war noch wirkungsvoller, als sich in Phantasien zu verlieren. Wenn sie ihr schwarzes Schwert zur Hand nahm, in dem sie noch etwas von Livons Leben spürte, begann sich ihr Körper ganz von allein zu bewegen und ihrem Geist das Vergessen zu ermöglichen.
Sennar, der wieder wie ein Besessener studierte, hatte sich Soanas Entscheidung heftig widersetzt. Gewiss, es hätte ihn gefreut, jetzt schon in den Rat der Magier eintreten zu können, aber die Umstände behagten ihm nicht: Er hing an seiner Lehrerin und wollte um keinen Preis der Welt, dass sie für ihn ihren Platz räumte. Doch die Zauberin zeigte sich unbeirrbar, und so musste er sich
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