Die Drachenkämpferin 01 - Im Land des Windes
ankämpfend, schwieg Nihal lange. Dann sagte sie: »Ich möchte dir ja nicht böse sein, Soana, aber ich kann nicht anders. Ich bin zornig auf die ganze Welt. Ich bin zornig auf mich selbst. Ich hasse mich für das, was ich bin.«
Soana senkte den Kopf. »Wie gut ich dich verstehe, Nihal. Auch ich hasse mich: Ich war nicht in der Lage, das Land des Windes zu schützen, ich habe meinen Bruder sterben lassen, ich habe dir diesen Schmerz nicht ersparen können ... Weißt du, deswegen habe ich auch einen Entschluss gefasst. Wenn wir unser Ziel erreicht haben, werde ich aus dem Rat der Magier ausscheiden. Sennar soll meinen Platz einnehmen. Niemand wird mein Fehlen bedauern.«
Nihal horchte auf. »Aber wieso denn? Du bist so wertvoll für den Rat!« »Nein. Meine Aufgabe war es, über das Land des Windes zu wachen, im Voraus alle Winkelzüge des Tyrannen aufzudecken und dem Rat darüber Bericht zu erstatten. Darin habe ich ganz einfach versagt, Nihal. Ich habe meine magischen Fähigkeiten überschätzt. Oder vielleicht auch die obskure magische Macht des Tyrannen unterschätzt,- das bleibt sich gleich. Tatsache ist, meine Fehler sind unverzeihlich.« »Und was hast du vor?«
»Ich werde mich auf die Suche nach Rais machen. Ich muss die Wahrheit herausfinden. Zum Wohle der Aufgetauchten Welt, vor allem aber für dich.«
Nihal blickte Soana fest in die Augen. »Du warst immer ein Vorbild für mich. Doch in mir ist etwas zerbrochen. Vielleicht wird unser Verhältnis nie mehr so sein können, wie es einmal war. Dennoch sollst du wissen, wie viel du mir noch bedeutest.« Soana fuhr ihr liebevoll über den Kopf. »Du bist erwachsen geworden, Nihal.« In der Nacht des vierzehnten Tages hatten sie immer noch nicht die Grenze erreicht, doch das Ende ihres Weges schien nahe. In der Ferne erblickten sie die Lichter eines feindlichen Lagers: Mehr als zwei Dutzend Zelte standen verstreut in einer kleinen Senke, in der Mitte ein größeres Zelt, wahrscheinlich das des Kommandanten. »Anscheinend endet unsere Wanderung hier«, sagte Sennar, indem er den Helm abnahm. Keiner von ihnen hatte die leiseste Ahnung, wie sie die Front überwinden sollten.
Nur Soana ließ sich nicht entmutigen. »Wenn dort ein feindliches Lager liegt, können unsere Truppen nicht weit sein. Uns bleibt keine andere Wahl: Wir müssen versuchen, Verbindung zu ihnen aufzunehmen.«
Die Zauberin ließ sich auf dem Boden nieder. »Sennar, bring mir die Steine des magischen Kreises.«
Sennar war gezwungen, die Rüstung abzulegen. »Sie mag ja zu was nütze sein, aber damit herumzulaufen ist eine Qual.«
Nachdem er sich aus seinem Panzer befreit hatte, begann er in seinem Quersack zu kramen und holte sechs Steine mit eingravierten Runenzeichen daraus hervor. Soana legte sie an die Spitzen eines magischen Sterns, wie sie ihn auch schon bei Nihals Feuerprobe eingesetzt hatte, und kurz darauf schon züngelte eine blaue Flamme empor. Die Zauberin sprach eine Formel, und aus dem Stern stieg dichter blauer Rauch auf, der sich rasch in der Luft auflöste.
»Wenn wir nicht beisammen sind, stehen Fen und ich immer auf diese Weise in Verbindung. Ich weiß nicht, wo er sich gerade aufhält, aber es kann gut sein, dass er an dieser Front im Einsatz ist. Ich habe ihm mitgeteilt, wo wir uns befinden. Wenn wir das Lager passiert haben, weiß er, wo er uns abholen kann.«
Sennar riss die Augen auf. »Wenn wir das Lager passiert haben? Wie sollen wir das denn anstellen? Die werden doch überall Wachposten aufgestellt haben.« »Auch die können ein Opfer des Schlafes werden, Sennar, und du weißt doch sehr genau, was dazu zu tun ist. Sobald sich Fen gemeldet hat, schlagen wir los. Das heißt, du schleichst dich unter dem Vorwand, eine Botschaft überbringen zu müssen, ins Lager und machst dich unverzüglich daran, die Soldaten einzuschläfern. Die Kobolde können den Bereich ja fliegend überwinden, Nihal und ich müssen zu Fuß hindurch.«
Sennar liebte die Heldenrolle nicht, aber er sah ein, dass ihnen keine andere Möglichkeit blieb.
Nach zwei Tagen des Wartens begannen alle die Hoffnung fahren zu lassen, Fen habe Soanas Mitteilung erhalten. Nur Soana selbst zweifelte nicht.
»Ihr werdet sehen, er wird antworten.«
Am Morgen des dritten Tages kam eine Taube zu ihnen geflogen. Sie trug ein Zettelchen am Fuß, auf dem in klarer Handschrift einige wenige Anweisungen standen, darunter eine Anzahl von Runenzeichen, die Nihal nicht kannte. Ihr drängte sich der Gedanke auf,
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