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Die Drachenkämpferin 01 - Im Land des Windes

Titel: Die Drachenkämpferin 01 - Im Land des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
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inständig hoffend, dass ihr niemand nachlaufen würde, fragte sie sich, wie Fen sie bloß so behandeln konnte, ausgerechnet er. Das war ein echter Verrat, ein Versuch, ihre Träume zu zerstören.
    Sie setzte sich unter einem Baum nieder und vergrub den Kopf zwischen den Knien. Dabei stellte sie sich vor, Fen würde plötzlich hinter ihr stehen und ihr sagen, dass er aus reiner Sorge so reagiert habe, weil er sie liebe und an ihrer Seite leben wolle. Ach, wem will ich hier etwas vormachen? Langsam rannen ihr die Tränen über die Wangen. Fen liebt Soana, und ich bin bloß ein dummes Mädchen.
    Als Fen tatsächlich zu ihr trat, hatte sie schon all ihre Tränen vergossen. »Ich wollte dich nicht zum Weinen bringen.«
    Sie blickte starr vor sich ins Gras.
    »Ich als dein Lehrer weiß doch am besten, wie groß dein Talent ist. Nun ist aber diese Ausbildung unglaublich hart. Und du bist ein Mädchen. Das ist das Problem.«
    »Ich weiß, dass ich ein Mädchen bin. Daran müssen mich nicht alle ständig erinnern«, erwiderte Nihal, ohne aufzublicken.
    »Ich will damit sagen, dass du mit unendlichen Schwierigkeiten zu kämpfen hättest « »Das weiß ich auch.«
    Fen seufzte. »Bist du dir denn wirklich sicher, dass du das willst?«
    Nihal nickte entschlossen.
    »Also gut. Dann werde ich dich Raven, dem obersten General, vorstellen und ihn bitten, dich aufzunehmen. Zufrieden?«
    Der Ritter beugte sich vor, um ihr zwischen den Knien eingeklemmtes Gesicht zu sehen. »Komm schon, ich kann keine Frauen weinen sehen.«
    Nihal hob ihr gerötetes Gesicht und blickte ihn an: Aus seinem Lächeln war jene Spur von Mitleid gewichen. »Danke«, sagte sie leise.
    Er reichte ihr die Hand, um ihr aufzuhelfen, und Nihal konnte nicht widerstehen: Kaum hatte sie sich erhoben, warf sie sich ihm an den Hals und drückte ihn ganz fest an sich.
    Die Reise dauerte nicht mehr lange: Sie hatten gute Pferde, und binnen fünf Tagen erreichten sie das Land der Sonne. Der Name hatte bei Nihal die Vorstellung eines prachtvollen, an Herrlichkeiten reichen Landes geweckt. Dies bewahrheitete sich. Allerdings stellte sie bald fest, dass es in dem überaus dicht besiedelten Gebiet auch sehr chaotisch zuging. Es wimmelte von übervölkerten Städten, in denen sich in einem unentwirrbaren Labyrinth die Häuser übereinander türmten. Dazwischen gab es aber auch üppige Wälder, und Nihal dachte sofort, dass dies vielleicht ein guter Platz für Phos und die Kobolde sein könnte.
    Es war ein opulentes Land, das seinen Reichtum nicht verbarg: Die Bewohner trugen prunkvolle Gewänder, und die Häuser waren mit Arabesken und Ornamenten überladen.
    Jede Stadt, ob groß oder klein, war um einen mächtigen Palast mit quadratischem Grundriss herum errichtet. Hier war der Sitz der Stadtregierung, in dem die Delegierten zusammenkamen und der Gouverneur residierte. Vor diesem Palast erstreckte sich ein weiter Platz, der täglich einen Markt beherbergte, der von Waren überquoll. Dies war praktisch der einzige offene Raum, den man in den Städten im Land der Sonne finden konnte. Der Rest war ein Gewirr von Gassen, die sich ohne erkennbare Ordnung in alle Richtungen zogen, unterbrochen von gewundenen Sträßchen, die kaum breiter waren, und kleinen Höfen, die sich überraschend im Häuserlabyrinth öffneten. Überall sah man vergoldeten Stuck, Statuen, übervolle, sprudelnde Brunnen und traf auf ein hektisches Gewimmel von Menschen. Nihal störte sich an dieser ganzen Pracht und Fülle, die sie in diesen Kriegszeiten vollkommen unpassend fand. Armut lugte nur aus den düstersten Gässchen hervor, dort, wo in elenden Baracken die Flüchtlinge hausten, die der Tyrann aus den von ihm unterworfenen Ländern vertrieben hatte. Bei ihrem Anblick dachte Nihal unwillkürlich an ihr Volk: Wahrscheinlich hatten auch die Halbelfen ein solches Leben führen müssen, bevor sie endgültig ausgerottet wurden, hatten um Almosen gebettelt bei Leuten, die ihren Reichtum ungeachtet aller Tragödien, die sich unter ihnen abspielten, hemmungslos zur Schau stellten.
    Sie durchquerten eine Myriade solcher Städte, oder jedenfalls hatte Nihal den Eindruck, ihre Zahl sei unendlich, bis sie endlich nach Makrat gelangten, in die Hauptstadt, wo sowohl der Rat der Magier als auch die Akademie des Drachenordens ihren Sitz hatten. Wie nicht anders zu erwarten, verfestigte sich hier noch der Eindruck, den Nihal bereits von diesem Land gewonnen hatte: Sie sah noble Paläste in einem Gewirr von Straßen und

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