Die Drachenkämpferin 01 - Im Land des Windes
ist die Versammlung hiermit beendet.« Grußlos ging er hinaus.
Er verabscheute diese Situation. Zwischen der militärischen Führung und den Ratsmitgliedern gab es ständig Auseinandersetzungen. Und immer deutlicher hatte Sennar den Eindruck, dass es sich dabei im Grunde um einen Machtkampf handelte: Die Militärs machten ihren Führungsanspruch geltend, indem sie betonten, ohne sie hätte der Tyrann die gesamte Aufgetauchte Welt schon längst erobert, während die Räte ihre Position darauf stützten, dass sie mit ihren strategischen Überlegungen, und häufig auch Zaubern, schon zahlreiche wichtige Schlachten entschieden hatten. Sennar selbst wünschte sich nur, die Unterdrückten zu befreien, die Aufgetauchte Welt zu befrieden und selbst auch in Frieden leben zu können. Und die Engstirnigkeit einiger Ratsmitglieder und vieler Militärs war ihm zuwider.
Er zog sich in sein Zelt zurück und setzte sich an den Tisch.
Man hatte ihm zu essen gebracht, aber er bekam keinen Bissen hinunter. Unablässig dachte er an Nihal. Er stellte sich vor, wie sie die Nacht im Freien verbrachte. Wie gerne hätte er sie wieder so erlebt, wie sie nur ein Jahr zuvor noch gewesen war:
zufrieden, ausgeglichen, voller Leben und voller Hoffnungen. Und er fragte sich, wieso das Schicksal gerade ihr so übel mitspielte. Und seine Stimmung verfinsterte sich noch mehr bei dem Gedanken daran, wie schwierig es sein würde, sie wiederzufinden. Irgendwann steckte jemand den Kopf zum Zelteingang herein. Sennar erkannte ihn auf Anhieb. Was wollte der denn jetzt hier? »Darf ich?«, fragte Laio unsicher. Der Magier versuchte, die Abneigung zu unterdrücken, die er diesem Bürschlein gegenüber empfand. »Ja, komm rein. Wie ist es dir mit deiner Prüfung ergangen?« Schüchtern trat Laio an den Tisch. »Schlecht. Ich bin durchgefallen. Dass ich überhaupt noch lebe, verdanke ich nur Nihal.«
Sennar verstand nicht, was dieser Junge von ihm wollte. Eine Empfehlung etwa? »Mit anderen Worten, du hast es nicht zum Krieger geschafft. Das tut mir Leid. Aber ich kann nichts daran ändern.«
Laio holte tief Luft. »Ich bin schuld, dass Nihal fort ist.«
Sennar stand so ruckartig auf, dass der Stuhl umkippte, auf dem er gesessen hatte. »Was willst du damit sagen?«
»An dem Abend, als sie von Fens Tod erfahren hatte, war ich bei ihr. Sie war so niedergeschlagen, sprach kein Wort, rührte sich nicht. Mir fehlte die Kraft, etwas zu ihr zu sagen. Dabei hätte sie so sehr einen Menschen gebraucht, der sie tröstete. Ich habe es noch nicht einmal geschafft, wach zu bleiben. Und als ich am Morgen aufwachte, war sie nicht mehr da.«
Sennar schwieg lange und erklärte dann seufzend: »Ich glaube, das war nicht deine Schuld, Laio. So ist Nihal eben: Wenn es ihr schlecht geht, zieht sie sich ganz in sich selbst zurück. Sicher hätte sie gar nicht zugehört, wenn du versucht hättest, mit ihr zu reden. Und sie wäre auch davongelaufen, wenn du nicht eingeschlafen wärst. Glaub mir.«
»Aber ich war ihr Freund, und Freunde sollten zumindest fähig sein, Trost zu spenden!«
»Ich kann dir nur noch einmal sagen: Dich trifft keine Schuld. Geh wieder in dein Zelt, Laio, versuch zu schlafen.«
Als Laio sich gesenkten Hauptes dem Ausgang zuwandte, wurde sich Sennar bewusst, dass dieser Junge sehr viel Zeit mit Nihal verbracht hatte. Und sehnsüchtig erinnerte er sich der Tage, da er und seine Freundin alles teilten und unzertrennlich waren. Er konnte ihn nicht so einfach gehen lassen.
»Nein, warte!«, hielt er ihn zurück. »Erzähl mir noch mehr von Nihal. Wie war sie, bevor sie wegging ...?«
Laio erzählte ihm alles: von der Schlacht, von ihrem Mut, wie sie ihm das Leben gerettet und ihn nach der Schlacht getröstet hatte, als er sich wie ein Versager vorgekommen war.
»Sie ... sie ist etwas Besonderes, Sennar. Deswegen spüre ich auch, dass sie zurückkommen wird. Denn sie ist stark und würde nicht einfach so den Schwanz einziehen. Es war doch immer ihr Wunsch zu kämpfen. Nein, sie wird zurückkehren, da bin ich mir ganz sicher.«
Als er so von Nihal hörte, hatte Sennar fast den Eindruck, sie wäre bei ihnen. »Was wirst du jetzt tun?«, fragte er, als Laio geendet hatte.
»Darüber habe ich viel nachgedacht in den letzten Tagen. Wenn ich schon in der Schlacht nicht dienlich sein kann, so will ich zumindest jenen dienen, die für uns kämpfen: Deshalb habe ich beschlossen, Knappe zu werden.«
Sennar lächelte. »Ich bin sicher, du wirst ein
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