Die Drachenkämpferin 02 - Der Auftrag des Magiers
stationiert war, und hatte so eine gute Gelegenheit, seine Freundin zu besuchen. Pelamas war bestürzt über das, was er zu sehen bekam: Er kannte nichts anderes als den goldenen Frieden seiner Welt und wirkte hier wie ein Kind, das man mit Dingen konfrontiert, die es nicht zu begreifen vermag.
Sennars Plan ging auf, und nur wenige Wochen später waren die ersehnten Vereinbarungen erreicht: Noch vor dem Ende des Winters würde die Hälfte aller Truppen Zalenias in die Aufgetauchte Welt aufsteigen, um an der Seite der freien Länder gegen den Tyrannen zu kämpfen. Damit hatte Sennar seine Mission erfolgreich beendet, und der Rat entließ ihn zu seinen eigentlichen Verpflichtungen im Land des Windes.
Hin und wieder dachte Sennar an Ondine zurück, und er fragte sich, ob er wirklich gut daran getan hatte, sie zu verlassen. Doch jedes Mal, wenn er Nihal sah, waren seine Zweifel wie weggeblasen. Es gefiel ihm, sie zu beobachten, wie sie sich durch das Lager bewegte und mit entschlossener Miene Befehle erteilte. Es war schön, sie so selbstsicher, so stark zu sehen. Sennar hatte immer gewusst, dass sie so war, aber nun wusste sie selbst es auch. Wenn er an Ondines Augen dachte, wurde ihm der Unterschied zwischen seiner Geliebten in der Unterwasserwelt und Nihal ganz deutlich: Ondines Augen waren hell und klar, und jeder Gedanke spiegelte sich in ihnen wie in einer Fläche aus reinstem Silber. Nihals Augen hingegen waren tief und unergründlich, es waren die Augen eines Geschöpfes, das seinen eigenen Weg noch nicht richtig kennt. Und mittlerweile wusste Sennar, dass er ihn liebte, diesen Blick voller offener Fragen.
Die Lage an der Front im Land des Windes hatte sich entspannt. Durch die Gefangennahme Dolas waren die feindlichen Reihen in Panik geraten, und die Armee der freien Länder nutzte die Situation, um verloren gegangene Gebiete zurückerobern. Nihals Heldenstück hatte gezeigt, dass auch die besten Krieger des Tyrannen nicht unbesiegbar waren. Eine Welle der Hoffnung hatte die Truppen erfasst, und obwohl der Winter vor der Tür stand, konnte man in den Lagern den Eindruck bekommen, es sei Frühling geworden.
Sie standen im Gefecht. Nihals Bataillon war in ein an ihr Lager angrenzendes Gebiet verlegt worden, um andere Truppenteile bei einem Angriff auf einen isolierten feindlichen Verband zu unterstützen. Während Nihal am Boden kämpfte, bemerkte sie plötzlich Laio am Rande des Schlachtfeldes, der mit verlorenem Blick auf einen Punkt im Getümmel starrte. Was zum Teufel ist mit dem los? Will der sich abschlachten lassen? Das Mädchen versetzte dem Fammin, mit dem sie focht, einen letzten tödlichen Hieb und rannte zu ihrem Knappen.
»Laio, Laio, hau ab!«, rief sie, während sie ihm entgegen stürmte.
Der Junge schreckte auf und begann zurückzuweichen, starrte dabei aber weiterhin mit angsterfüllten Augen ins Leere. Nihal folgte seinem Blick. Einen kurzen Moment erkannte sie inmitten der anderen Soldaten einen seltsamen Schatten, und ein Gefühl eiskalter Furcht zog ihr die Eingeweide zusammen.
Abends im Zelt kam Nihal auf den merkwürdigen Zwischenfall zu sprechen. Laio saß am Boden und polierte ihre Rüstung, während sie selbst ihr Schwert säuberte.
»Was war da eigentlich los mit dir?«, fragte sie ohne Umschweife.
»Ich hab mich nur ein wenig erschreckt, das war alles«, antwortete er, um einen gleichgültigen Ton bemüht. »Vor was?« Laio schwieg.
»Laio, ich rede mit dir. Was hast du gesehen?«
Laio hob den Blick von den Beinschützern und sah Nihal an. Er war blass. »Und du, was hast du gesehen?«
»Ich ...« Nihal zuckte die Achseln. »Nichts, Laio, ich hab gar nichts gesehen.« Ich habe nichts gesehen. Ich habe mich getäuscht.
»Da war was«, sagte Laio. Seine Stimme zitterte. »Da war was mitten im Getümmel, etwas, das ... Oder vielleicht verliere ich auch den Verstand! Reden wir nicht mehr drüber.« »Was hast du gesehen?«, ließ Nihal nicht locker, war sich dabei aber nicht sicher, ob sie die Antwort überhaupt hören wollte.
Laio schluckte. »Da war ein Mann im Getümmel, ein Soldat, aber es sah so aus ..., ich weiß auch nicht, wie ich's sagen soll, anders eben ... Jedenfalls fühlte ich mich völlig in seinem Bann und konnte den Blick nicht von ihm abwenden. Und so starrte ich ihn also an und ..., ja, ich weiß, es hört sich unsinnig an, und wahrscheinlich habe ich mich auch getäuscht, doch in dem Augenblick war ich mir sicher ... Kurzum, erinnerst du dich noch an
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