Die Drachenkämpferin 02 - Der Auftrag des Magiers
Luft roch nach Regen, der Himmel war fahl. Nihal wandte den Blick ab von den Wolken, die sich über ihrem Kopf zusammenballten, und da sah sie ihn, sah seine Gestalt am Horizont schleppenden Schritts auf sich zukommen. Es war nur ein Pünktchen, aber er war es, da gab es keinen Zweifel. Ihr Herz begann heftig zu pochen, sie stand auf, um ihn besser sehen zu können. Wenn sie sich nicht täuschte, trug er sein langes schwarzes Gewand, das mit dem Auge darauf, das ihr immer Angst gemacht hatte.
So stand sie reglos da und beobachtete, wie er näher kam, genoss den Anblick Sennars, der heil und wohlbehalten zurückkehrte. Nun konnte sie ihn gut erkennen.
Nihal rannte los, so schnell sie konnte, und rief seinen Namen. Die Gestalt blieb stehen, stellte einen prallen Quersack auf dem Boden ab und blickte in ihre Richtung.
Nihal lief weiter, ohne stehen zu bleiben, obwohl sie schon mächtig keuchte und ihr unter dem Gewicht der Rüstung die Beinmuskeln schmerzten. Als sie nur noch wenige Schritte von ihm entfernt war, sprang sie ihn regelrecht an und riss ihn um. So landeten sie im Gras, während Nihal ihn mit aller Kraft umarmte. Er war es, ja, er war es tatsächlich, und seinen Körper in den Armen zu spüren trieb ihr die Tränen in die Augen. »Sennar«, murmelte sie. Sie drückte ihn weiter, so als müsse sie sich immer noch vergewissern, dass er es tatsächlich war. Sie streichelte seine Narbe. »Verzeih mir, ich war so dumm, verzeih mir.«
Sennar lachte. »Ach, das ist lange vergessen. Aber jetzt geh mal runter von mir, mit dem Zeug, das du da trägst, bist du wirklich sauschwer.«
Sie prusteten los und rollten sich glücklich durch das Gras.
»Was ist denn mit deinen Haaren passiert?«, fragte sie, während sie sich die Tränen mit dem Handrücken trocknete.
Sennar griff sich in den zerzausten Haarschopf. »Das ist eine lange Geschichte. Sagen wir, das Meerwasser ist ihnen nicht bekommen. Gefall ich dir so etwa nicht?«
Nihal musterte ihn amüsiert. »Ich weiß nicht. Mit langen Haaren sahst du einfach ... mystischer aus.« Es hat sich nichts geändert. Es ist wie früher mit uns. Es hat sich nichts geändert. Sennar blickte Oarf an und dann wieder ihre Rüstung. »Du hast es also geschafft!« »Drachenritter Nihal, stets zu Ihren Diensten, Hoher Rat.« Sie stand auf und drehte sich einmal um sich selbst. »Und du? Hattest du auch Erfolg? Was ist aus deiner Mission geworden?« »Stell dir vor, ich bin mit einem Gesandten der Untergetauchten Welt zurückgekommen. Die Verhandlungen haben bereits begonnen.« Sennar sah ihr prüfend in die Augen. »Ich habe mich von den Treffen freigemacht, um dich sehen zu können.«
Einen Augenblick lang entstand ein verlegenes Schweigen, dann ergriff Nihal Sennars Hand und zog ihn zu Oarf. »Steig auf, heute darfst du deine erste Runde auf einem Drachen drehen. Ich bring dich zum Lager.«
Sennar zögerte. Die Vorstellung, sich in die Lüfte zu erheben, konnte ihn nicht eben begeistern. »Aber ... wo ist denn der Sattel?«, fragte er unsicher.
»Halt dich einfach gut an mir fest«, antwortete Nihal, und schon war sie mit einem Sprung aufgesessen.
Als sie über die Erde schwebten, fielen die ersten dicken Regentropfen. Sennar presste sich an Nihal, und sie fühlte sich so glücklich wie schon lange nicht mehr. An diesem Tag konnte ihr auch der Regen nicht die Laune verderben.
Zur Mittagszeit kamen sie an, und Nihal führte Sennar zunächst durch das Lager. Er war verblüfft zu erfahren, dass seine Freundin ein eigenes Bataillon befehligte. »Ich wusste ja, dass du gut bist. Aber ist das nicht ein wenig übertrieben?«, nahm er sie auf den Arm. Die Gefangennahme Dolas hatte Nihal noch größeres Ansehen verschafft, und der Kommandant hatte ihr den Befehl über ein festes Bataillon übertragen. Nach der ersten Begeisterung hatte sie aber bald schon gemerkt, dass diese Beförderung mehr Bürde als Ehre für sie war: Immer weniger war sie in der Schlacht nur für sich selbst verantwortlich, denn von ihren Befehlen hing das Leben vieler, vieler Soldaten ab. Dabei war solch eine Karriere in der Armee wirklich nie ihr Ziel gewesen.
Nihal errötete. »Das werde ich dir später alles erklären. Jetzt möchte ich dir erst einmal jemanden vorstellen.«
Sie trafen Ido zum Essen im Speisezelt des Lagers. Anfangs hatte Nihal den Eindruck, dass sich der Gnom in Sennars Gegenwart befangen fühlte, ähnlich wie ein Vater, der es mit dem Liebsten seiner Tochter zu tun bekommt. Aber das
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