Die Drachenkämpferin 02 - Der Auftrag des Magiers
Mathon?«
Nihal versuchte, sich zu besinnen. Der Name sagte ihr etwas. »Hieß so nicht der Soldat, der uns zu deinem Vater begleitet hat?«
»Ja, genau, ich wusste doch, dass du dich an ihn erinnerst.«
Nihal spürte, wie das Blut in ihren Adern stockte. Ja, sie konnte sich gut an ihn erinnern, und noch weniger hatte sie sein Ende durch die Hand der Banditen vergessen. Ein Geist. Ein Toter. Genauso wie in ihren Albträumen.
»Er war es, Nihal. Als er mich sah, hat er gelächelt, er war's wirklich, glaub mir. Aber dann verzog sich sein Lächeln zu einer höhnischen Grimasse, und ich ...« Laio brach ab. Das ist nicht möglich. Bleib ruhig, das ist nicht möglich. Nihal schloss die Augen und atmete einmal tief durch. Dann wandte sie Laio den Blick zu. »Das war Einbildung, Laio, eine Verwechslung ... Soweit ich weiß, ruhen die Toten immer noch unter der Erde.« Laio schien erleichtert. »Ja, das denk ich auch«, antwortete er mit einem Lächeln. Und damit schien die Sache erledigt.
Dola wurde lange verhört, doch auf jede Frage, auf jede Einschüchterung, antwortete er stets nur mit dem gleichen Lächeln: einem Siegerlächeln. »Ihr seid bereits tot«, sagte er immer wieder. »Ihr seid alle tot.«
Als der Rat der Magier beschloss, dass er hingerichtet werden sollte, stimmte Sennar als Einziger dagegen und ließ im Anschluss daran Nihal sogleich die Nachricht zukommen, dass man Dola in Laodamea, der Hauptstadt des Lands des Wassers und in jenem Jahr Sitz des Rates, öffentlich enthaupten werde. So war Nihal früher als die anderen im Lager darüber unterrichtet. Ihre erste Regung war Freude, dann aber dachte sie an Ido. Sie konnte ihm gegenüber nicht so tun, als sei nichts geschehen. Sie musste es ihm sagen.
Bei Sonnenuntergang suchte sie ihn in seinem Zelt auf.
In die Lektüre eines Lageberichts versunken, lag der Gnom auf der Pritsche. Als er Nihal hörte, setzte er sich auf und streckte sich mit einem lauten Gähnen. »Ach, das ist aber eine nette Überraschung. Seit du dein eigenes Bataillon hast, ist ein Schwätzchen mit dir ja fast unmöglich geworden. Ja, ja, wenn die Grünschnäbel Karriere machen, würdigen sie uns Alte keines Blickes mehr«, scherzte er. Mit einem gequälten Lächeln blickte Nihal auf ihre Stiefelspitzen.
Ido sah zu ihr auf. »Was ist los, Nihal?«
»Dola wurde zum Tode verurteilt«, sagte sie, ohne Atem zu holen.
Der Gnom verzog keine Miene. »Bist du gekommen, um mir das zu sagen?«
»Ja, ich wollte nicht, dass du es von jemand anders erfährst.«
»Das ist nett von dir.«
»Ido, ich ...«
»Jetzt geh wieder.«
»Es tut mir leid.«
»Nein, geh lieber ...«
Wortlos ging sie hinaus und ließ Ido allein. Auch in diesem Moment war Freude ihr vorherrschendes Gefühl: Dola würde mit seinem Blut für seine Untaten bezahlen, würde büßen für all die Toten, die er auf dem Gewissen hatte. Ich bedauere nur, dass ich nicht selbst das Richtbeil führen werde. Während sie zu ihrem Zelt zurückkehrte, sagte sie sich, dass ihre Haltung schändlich war, doch das Gefühl der Freude wollte nicht weichen.
Sennar ließ sie noch nicht einmal ganz ausreden. »Das ist keine gute Idee«, sagte er sofort. »Ich muss aber hin.«
»Wie du willst, aber glaub nicht, dass ich dich begleite.« »Sennar, ich bitte dich ...« Er blickte zu ihr auf. »Aber warum nur? Warum willst du dir das antun?«
»Damit tue ich mir nichts an!«, erwiderte sie. »Versteh doch, ich muss dabei sein. Dola war auch dabei, als Livon getötet wurde, und seinen Tod will ich mir nicht entgehen lassen. Deine Nähe würde mir helfen, mir über etwas klar zu werden. Ich brauche dich an meiner Seite.«
Schließlich musste Sennar nachgeben: Er würde Nihal zu Dolas Hinrichtung begleiten. Laodamea lag nicht weit entfernt. Auf Oarfs Rücken brauchten sie einen halben Tag, aber nur, weil die Front so weit vorgerückt war.
Nihal kam es so vor, als seien Jahrhunderte seit ihrem letzten Besuch dort vergangen. Die Hauptstadt vom Land des Wassers war eine Art großes Dorf, in dem Nymphen und Menschen zusammenlebten: Die Häuser der Menschen reihten sich wie in jeder beliebigen anderen Stadt aneinander, doch zwischen den einzelnen Vierteln konnten sich die Bäume, also die Wohnstätten der Nymphen, frei und üppig entfalten.
Die Hinrichtung sollte auf dem Hauptplatz stattfinden.
Als Nihal und Sennar dort eintrafen, war er bereits voller Leute, die sich unter dem Podest drängten, auf dem der Richtblock des Henkers ins Auge
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