Die Drachenkämpferin 02 - Der Auftrag des Magiers
einem vieldeutigen Grinsen.
Immer wieder das alte Lied, bei allen Männern, mit denen sie zu tun hatte: Entweder nahmen sie sie nicht ernst, oder sie konnten es nicht lassen, sie mit schmierigen Blicken zu beleidigen. Nihal stieß die Luft aus und zog langsam ihr Schwert. Ein Widerschein des schwarzen Kristalls traf das Gesicht vor ihr, in dem das Grinsen sofort erlosch.
»Nur zur Erinnerung, dass ich diese Waffe nicht zur Zierde trage«, sagte Nihal ganz ruhig. »Und nun zu uns beiden. Die Tätowierung soll auf den Rücken, und deswegen werde ich mich jetzt ausziehen. Du aber drehst dich zur Wand und bleibst so stehen, bis ich mich auf den Tisch gelegt habe. Ich weiß, ich weiß, du bist ein anständiger Mensch, aber man kann nie vorsichtig genug sein. Alles klar?«
Der Mann schluckte nur und nickte wortlos.
»Wunderbar. Dann dreh dich um.«
»Was für eine Tätowierung soll es denn sein?«, fragte der Mann, als er ihr den Rücken zuwendete. Seine Stimme zitterte, und Nihal hätte fast losgelacht.
»Ich will zwei Drachenflügel. Einen links, den anderen rechts. Aber geschlossen.« »Wieso geschlossen?«
»Weil ich sie, wenn es so weit ist, ausbreiten und davonfliegen werde. Du kannst dich jetzt wieder umdrehen.«
Bäuchlings auf dem Tisch liegend, hörte Nihal den Mann näher treten. Als Erstes wischte er ihr mit einem warmen Tuch über die Schulter. Sie merkte, wie schnell ihr Herz schlug, und verwünschte sich wegen dieser verfluchten Angst. Schließlich sah sie das Messer mit der bereits tintenschwarzen Spitze. Sie schloss die Augen und spürte, wie ihr die Klinge die Haut aufritzte. Bester Stimmung verließ sie die Hütte. Ihr Rücken schmerzte zwar, und die Wunden brannten, doch endlich hatte sie ihre Flügel. Blieb nur noch abzuwarten, wann sie sie würde ausbreiten können.
Als sie ins Hauptlager zurückkam, wartete Ido, die unvermeidliche Pfeife im Mund, vor seiner Tür. »Wo warst du denn?«, fragte er.
»Unterwegs«, wich Nihal aus.
Er musterte sie lange. »Du machst mir was vor«, grummelte er dann.«
»Ach, Ido, manchmal verhältst du dich, als wärst du mein Vater!«
Der Gnom lächelte. »Na los, komm mal rein, ich muss dir was zeigen.«
Nihal folgte ihm, und er hieß sie Platz nehmen.
»Und, fühlst du dich bereit für die Zeremonie morgen?«
Nihal wurde ernst. »Ich glaube, ja«, antwortete sie, wobei ›ich glaube‹ die richtige Einschränkung war.
»Gut, dann bist du wohl auch bereit für das, was ich dir zeigen wollte. Warte mal einen Moment.« Ido verschwand hinter der Tür des Nebenraums und erschien gleich darauf wieder mit einem verschnürten Jutesack, an dem er offensichtlich zu schleppen hatte, und ließ ihn auf das Bett fallen, während Nihal ihm verwundert zusah.
»Das ist für dich, schau's dir mal an«, sagte er mit aufgesetzter Gleichgültigkeit. Neugierig fuhr Nihal mit der Hand über den Sack. Sie fühlte seltsame harte Formen, die sie nicht näher hätte bestimmen können. Dann schnürte sie ihn auf, doch er war so groß, dass sie den Kopf hineinstecken musste, um zu sehen, was er enthielt. Als sie mit zerzaustem Haar wieder daraus auftauchte, hatte ihr Gesicht einen fassungslosen Ausdruck angenommen.
»Ab morgen bist du ein Ritter, und es schien mir unangebracht, wenn du dann immer noch so halb zerlumpt in den Kampf ziehst«, grummelte der Gnom, fast verlegen. Es war das erste Mal, dass er ihr etwas schenkte.
Nihal begann, den Sack zu leeren: Zum Vorschein kamen ein herrlicher Brustharnisch, ein Paar Schulterschützer, ein Helm und zwei Beinschützer. Alle Stücke waren aus Kristall so schwarz wie die Nacht und funkelten gespenstisch. Geradeso wie ihr Schwert. Der kunstvoll gefertigte Brustharnisch wies knapp unter der Taille ein herrliches Ornament auf: ein Drache, der sich in unzähligen Windungen den ganzen Oberkörper bis zur Brust hinaufreckte, auf deren Höhe der Kopf prangte. Das aufgerissene Maul spie zwei lange Flammen aus, die sich um die vollen Rundungen der Brüste herumwanden. Auch die Schulterstücke waren Drachenköpfen nachgeformt, mit scharfen Zähnen, die sich in die Schulterlinie bohrten. Die Beinschützer nahmen das Flammenmotiv wieder auf. Und am Helm schließlich ragten links und rechts kurze Drachenflügel senkrecht auf.
Wortlos starrte Nihal die glitzernden Teile an. Das war jetzt ihre Rüstung.
»Den Helm habe ich so arbeiten lassen, dass er deinen Ohren genug Platz lässt. Und die Rüstung ist relativ leicht, sodass sie deine
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