Die Drachenkämpferin 02 - Der Auftrag des Magiers
Attentäter getötet hatte: »So ist das im Krieg.« Die Hilfe, die ihnen jetzt zuteil wurde, bedeutete nicht den Sieg des Friedens, sondern den Triumph des Krieges. Und es ließ sich nicht leugnen: Er selbst hatte dazu beigetragen, dem Krieg in Zalenia die Tore zu öffnen.
Als Ondine zu Sennar ins Zimmer trat, waren ihre Augen gerötet, und ihr müdes Gesicht verriet, dass sie lange nicht geschlafen hatte. Drei Tage musste sie warten, bis sie ihn besuchen durfte. Und die Wachen, die sie hatte passieren müssen, hatten sie äußerst misstrauisch kontrolliert, weil Sennar jetzt zum Kreis besonders gefährdeter Personen zählte.
Sie setzte sich zu ihm an das Bett.
»Was haben sie bloß mit dir gemacht?«, seufzte sie.
»Ach, das Schlimmste ist schon überstanden«, versuchte Sennar, sie zu beruhigen. »Ich wusste ja gar nicht, was los war. Es war alles so verworren. Die einen erzählten, du seiest tot, andere behaupteten, du hättest ein Bein verloren ... Es war wirklich fürchterlich, Sennar. Ich bin fast wahnsinnig geworden.«
Sennar hörte zu, wie sie sich Luft machte, und sagte dann: »Aber wie du siehst, bin ich schon wieder putzmunter. Und bald werde ich aufstehen und wieder gehen können.« Ja, er würde wieder gehen.
Ondine blickte ihm fest in die Augen. »Was hat denn der König gesagt?«
»Dass wir auf eure Hilfe zählen können.«
Ondine schlang ihm die Arme um den Hals. »Dann hast düs also geschafft!«, rief sie in heller Begeisterung. »Siehst du nun, dass ich recht hatte?«
»Ja, du hattest recht«, murmelte Sennar.
Sie machte sich von ihm los und streichelte lächelnd sein Gesicht. Sennar senkte den Blick. Wirst du mir je verzeihen können, Ondine?
Eine Woche war er ans Bett gefesselt. Nach der langen Untätigkeit wollte ihm das Bein zunächst nicht mehr gehorchen und knickte immer wieder unter der Last seines Körpers ein. Zum Glück war Ondine ständig an seiner Seite, stützte ihn und half ihm mit vollkommener Hingabe. Sennar konnte das Gefühl des Wohlbefindens, das er in ihrer Gegenwart verspürte, so wenig vertreiben, dass er schon glaubte, sich geirrt zu haben. Vielleicht hing sein Glück doch von diesem Mädchen ab, vielleicht würde ein gemeinsames Leben mit ihr doch nicht unmöglich sein. Aber das waren nur Augenblicke, wie Sennar sehr genau wusste. Das, wonach es ihn wirklich verlangte, lebte weit entfernt von diesen Tiefen, das Geschöpf, das er liebte, wandelte unter dem Sonnenlicht, und es war sinnlos, sich etwas vorzumachen, so wie er es in den zurückliegenden Wochen getan hatte. Er hatte sich dumm verhalten. Dumm und gedankenlos. Und nun hatte er die Rechnung dafür zu bezahlen.
Das Abreisedatum wurde festgelegt, und die Tage, die noch dazwischenlagen, waren von Besprechungen mit dem König und seinen Würdenträgern geprägt. Sennar unterrichtete sie zunächst über alle Details der Kriegslage sowie den Zustand der Heere der freien Länder, bevor man dazu überging, die Grundlagen eines Bündnisses zwischen Zalenia und der Aufgetauchten Welt zu erarbeiten. Dabei lernte er auch Pelamas kennen, jenen Gesandten, der ihn nach Hause begleiten würde. Dieser war ein Mann mittleren Alters, ein wenig phlegmatisch und mit undurchdringlicher Miene, der wenig redete, und wenn, dann nur über diplomatische Angelegenheiten. In gewisser Weise bewunderte er Sennar und behandelte ihn mit allem Respekt, schien aber auch immer wieder gegen eine leichte Abscheu wegen dessen dunkler Haut und roten Haaren ankämpfen zu müssen.
Sennar verbrachte seine gesamte freie Zeit mit Ondine. Lieber wäre es ihm gewesen, das Band zu ihr behutsam zu lösen, doch es gelang ihm nicht. Er versuchte, sich kühler zu verhalten, und wenn ihm dies unter Mühen gelang, nahm Ondine es, ohne Fragen zu stellen, hin.
Den letzten Abend mit ihr gedachte Sennar in einem der Gärten zu verbringen, die den Palast umgaben. Er lag direkt unter der Belüftungssäule, und man hörte den Wind sanft durch die gläserne Röhre pfeifen. Dieses feierliche, ein wenig unheimliche Geräusch vermischte sich mit dem hellen Plätschern eines kleinen Brunnens. Es war ein melancholischer Ort, und Sennar schien er daher am besten geeignet, um der Untergetauchten Welt Lebewohl zu sagen. Er saß vor dem Brunnen und starrte auf das langsame und regelmäßige Aufsteigen und Fallen des dünnen Wasserstrahls. Er dachte an all das, was er erlebt hatte, an die Angst, die ihn auf der gesamten Reise stets begleitet hatte, besonders an die nackte
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