Die Drachenkämpferin 02 - Der Auftrag des Magiers
tanzend bis zum Morgengrauen weiter. Als sich die Gesellschaft endlich zerstreute, ging die Sonne bereits über den Baumkronen auf.
Nihal hatte sich vollkommen gehen lassen und war wie betäubt. Laio musste sich ihren linken Arm um die Schultern legen und mit seinem rechten Arm ihre Hüfte umfassen, um sie auf diese Weise zur Hütte zu schleppen. Ido folgte ihnen, selbst nur ein wenig schwankend. Um ihn betrunken zu machen, waren noch ganz andere Mengen erforderlich.
In der Hütte angekommen, legte Laio Nihal sanft auf das Bett nieder, rieb sich die Augen und verabschiedete sich, wobei er so heftig gähnte, dass er sich fast den Unterkiefer ausrenkte. Die Halbelfe schlug die Augen auf. Alle Umrisse - ihres Zimmers, des Gnomen, der ihr eine Decke überlegte - waren seltsam verzerrt. Ihr war übel, und mit einem Male fühlte sie sich so traurig wie noch nie zuvor.
»Ido ...«, nuschelte sie. »Ich fühl mich so schlecht.«
»Das ist normal. Schlaf dich nur erst mal richtig aus, dann fühlst du dich morgen schon wieder besser.«
Eine Träne rann ihr über die Wange. »Nein, nein, das ist es nicht . . . Ich bin schlecht . . . Ich bin nichts wert ...«
»Was zur Hölle redest du da?«
»Ich hab keine Ideale . . . Ich hab kein Ziel . . . «
»O lieber Himmel, jetzt kriegt sie ihren Moralischen . . . Komm, Nihal, schlaf lieber. Es ist alles in Ordnung. Schlaf nur.«
Auf Zehenspitzen verließ er den Raum. Nihal hörte noch die Türangeln quietschen, schloss dann wieder die Augen und fiel augenblicklich in einen traumlosen Schlaf.
18. Der Feind
Nach Sennars Abreise hatte Dagon dessen Aufgaben übernommen, wobei es ihm wegen seiner Stellung als Ältester des Rates allerdings nicht möglich war, ständig im Kriegsgebiet im Land des Windes anwesend zu sein.
Die Lage war dramatisch. Das Heer der freien Länder war so weit zurückgedrängt worden, dass die Front nun beinahe schon längs der Grenze zum Land des Wassers verlief. Offenbar setzte der Tyrann jetzt alles daran, sich baldmöglichst das gesamte Territorium einzuverleiben, denn er zog immer neue Kräfte - Fammin, Gnome und Menschen - in diesem Gebiet zusammen. Die Moral der Verteidiger war am Boden. Es war nicht nur die Angst vor dem Tod und die erdrückende Übermacht des Feindes, die die Soldaten lähmte, sondern zunehmend auch das Gefühl, verraten worden zu sein.
»Was meinst du mit ›wieso‹?«, antwortete Nelgar nervös. »Natürlich weil wir Verstärkung brauchen!« Er hatte nicht geglaubt, dass sich der Gnom querstellen würde.
Mit weit ausholenden Schritten stapfte Ido in der Unterkunft des Lagerkommandanten auf und ab. Auch er wirkte nervös. »Es ist besser, wenn ich hier die Stellung halte.«
»Kommt nicht infrage, Ido. Auf so einen guten Krieger wie dich können wir dort unten nicht verzichten. Aber ich will nicht darüber debattieren. Ihr setzt euch in Marsch, fertig, aus.«
Nihal schwieg. Die Aussicht, an der Front im Land des Windes zu kämpfen, missfiel ihr keineswegs. Schließlich war es ihre Heimat, und sich für die Bewohner dort in die Bresche zu werfen war ihr zusätzliche Motivation. Doch offenbar war Ido ganz anderer Meinung. Der Gnom steckte sich die Pfeife an und blickte Nelgar in die Augen. »Es gibt Gründe, gute Gründe die es nicht zweckmäßig erscheinen lassen, mich in dieses Kampfgebiet zu entsenden.« Nelgar hielt seinem Blick stand. »Ich weiß gar nicht, wovon du redest«, antwortete er kühl. »Von wem kam der Befehl?«
»Von wem schon? Von Raven natürlich«, antwortete Nelgar.
Mit voller Wucht krachte Idos Faust auf die Tischplatte. Nihal sah ihren Lehrer entgeistert an. Nelgar hingegen fuhr sich mit der flachen Hand über das Gesicht und seufzte. »Mir sind die Hände gebunden, Ido. Das weißt du.«
»Ach, zum Teufel«, machte der Gnom dem Gespräch unversehens ein Ende, stapfte hinaus und schlug die Tür hinter sich zu.
Nihal lief ihm nach. Sie wollte zu gern wissen, wieso sich ihr Lehrer so aufregte, doch auf ihre Fragen antwortete er nur ausweichend und schließlich sogar unfreundlich.
»Weil ich die Gegend nicht mag, in Ordnung? Und jetzt quäl mich nicht länger mit diesem Verhör! Du bist nicht die Einzige mit unschönen Erinnerungen.«
Nihal ließ ihn in Ruhe und nahm sich vor, nicht weiter über die Sache nachzudenken. Schließlich hatte sie früher selbst ihre Erinnerungen wie ein Geheimnis gehütet und wusste aus eigener Erfahrung, wie unerträglich langes Nachfragen sein konnte. Doch ihre Neugier
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