Die Drachenkämpferin 03 - Der Talisman der Macht
gegenüber betont hatte, machten sich mit dem Hochmut und der Grausamkeit, zu der nur Sieger fähig sind, über die Besiegten her. Erst in tiefster Nacht kam der Friede über die Erde. Am nächsten Morgen beschien eine bleiche Sonne die blutdurchtränkte und mit Trümmern übersäte Ebene vor der Tyrannenfeste. Von dem Reich, das der Tyrann gegründet hatte, waren nur Blöcke schwarzen Kristalls und die Leichen derer übrig, die für ihn gekämpft hatten. Doch es war nicht nur das Blut seiner Gefolgsleute, das die Erde rot färbte, auch viele Tausende unserer Soldaten waren gefallen. Ravens Leiche fand man vor den aus den Angeln gerissenen Torflügeln der Festung, trotz allen Hochmuts, er war ein großer General gewesen, und viele weinten um ihn.
Mit Ido hingegen zeigte sich das Schicksal milde, wobei Vesa daran größeren Anteil hatte als das Schicksal selbst. Als der Gnom bewusstlos zu Boden stürzte, wütete um ihn herum die Schlacht, und mehr als ein feindlicher Soldat machte Anstalten, sich auf ihn zu stürzen, um den neben ihm liegenden Deinoforo zu rächen. Da ließ sich Vesa neben seinem Herrn nieder, bedeckte ihn mit seinen riesigen Flügeln und schützte ihn gegen die Feinde, er zerriss sie, verbrannte sie, gab alles, um sie fernzuhalten. Nur so kam Ido mit dem Leben davon. Gewiss, er war übel zugerichtet, und es dauerte lange, bis alle seine Wunden geheilt waren. Nach anderthalb Monaten aber war er, mit einigen zusätzlichen Narben, wieder an seinem alten Platz und half mit, das neue Zeitalter zu gestalten, das sich alle ersehnten.
Die Truppen der Untergetauchten Welt leisteten einen wichtigen Beitrag Zum Sieg, und auch Varen selbst schlug sich vortrefflich. Viele seiner Leute sah er fallen, doch er kämpfte unverdrossen weiter, bis schließlich auch seine leichte Rüstung von einer feindlichen Lanze durchbohrt wurde. Aber der Graf hatte Glück und überlebte trotz seiner schweren Verwundung an der Schulter diesen denkwürdigen Tag.
Den höchsten Blutzoll hatten die vom Tyrannen unterjochten Länder zu entrichten. Ein Großteil der dortigen Rebellen wurde niedergemacht. Von den dreitausend Mann, die Aires um sich versammelt hatte, kamen nur dreihundert mit dem Leben davon. Sie selbst wurde lebend unter einem Berg von Leichen gefunden. Lange weinte sie um ihre Gefährten, wusste aber gleichzeitig auch, dass dieser Sieg nur mit Blut und Opfern zu erkaufen war und dass diese Kameraden nicht umsonst gestorben waren.
Was mich selbst betrifft, so wurde ich mehr tot als lebendig vor der Feste gefunden. Es waren weniger die körperlichen Verletzungen, durch die mein Leben am seidenen Faden hing, als die seelischen. Was der Tyrann mir angetan hatte, war verheerend für mich, mein Geist war erschüttert, mein Lebensmut dahin. Doch diejenigen, die mich pflegten, entrissen mich dem Tod, und langsam kehrte ich ins Leben zurück. Als ich aus diesem langen, langen Schlaf endlich erwachte, war ich unwissend wie ein Kind, und viele glaubten, ich hätte den Verstand verloren. Ich musste neu zu leben lernen und meinen Geist noch einmal von dieser Welt formen lassen. Langsam nur kehrte die Erinnerung an das, was ich gewesen war, zurück, und ich wurde neu geboren.
Nicht zu retten jedoch war mein Bein. Es ist noch an seinem Platz, aber ich kann es nicht mehr benutzen und schleppe es nur noch hinter mir her. Mittlerweile habe ich mich jedoch daran gewöhnt und finde, dass mir der Stock etwas von einem Veteranen verleiht und mich älter und weiser wirken lässt. Da nun auch mein Bart weiter gewachsen ist, gleiche ich heute tatsächlich jenen weisen Männern aus dem Rat der Magier, wie Aster und ich sie uns als Kinder vorstellten. Gewiss, bei all dem half mir das, was Aster nie bekam, sich aber so sehr ersehnte: Liebe. Als man mich zu Füßen der Testung fand, lag Nihal neben mir. Der Talisman an ihrem Hals war schwarz geworden, und sie atmete nicht mehr.
Viele Tage hielt man sie für tot. Man brachte sie in den Waffensaal der Akademie, wo man sie in ihrer Rüstung mit dem grellweiß hervorstechenden Wappen auf der Brust aufbahrte und mit ihrem Schwert, das man neben Asters zerborstenem Thron gefunden hatte. Alle erwiesen ihr die letzte Ehre, denn sie war es gewesen, die den Tyrannen getötet hatte, ihr verdankten wir die Rettung der Aufgetauchten Welt. Oarf kauerte neben ihr. Die ganze Zeit über hatte er in der Arena auf sie gewartet und tapfer gegen die Feinde gekämpft. Er erinnerte sich an Nihals Versprechen, dass sie
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