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Die Drachenkämpferin 03 - Der Talisman der Macht

Titel: Die Drachenkämpferin 03 - Der Talisman der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
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sich wiedersehen würden, wenn alles überstanden sei, und sie dann für immer zusammenbleiben würden, und nun war er gekommen, um diesem Versprechen treu zu bleiben, das Nihal ihrerseits nicht mehr hatte halten können. Es sah so aus, als wolle er dort bis in alle Ewigkeit über seine Herrin wachen.
    Der öffentliche Scheiterhaufen, auf den alle gefallenen Drachenritter ein Anrecht haben, sollte in Kürze errichtet werden, doch der Zeitpunkt wurde verschoben, weil sich in der Zwischenzeit etwas
    Unerwartetes, etwas Unerhörtes zutrug. Nihals Körper zeigte keinerlei Anzeichen von Verwesung, er war rosafarben und fest, so als wenn sie noch lebte.
    »Bitte, wartet noch«, sagte Soana unter Tränen an Nelgar gewandt, der darauf drängte, die Trauerfeier so schnell wie möglich abzuhalten. »Ich kann es Euch auch nicht genau erklären, aber ich fühle, dass die Geschichte dieser Drachenritterin auf Erden noch nicht beendet ist.« Die Anwesenden bedachten sie mit mitleidigen Blicken, entsprachen aber ihrer Bitte. Es geschah, als die Sonne über Makrat unterging. Bis auf zwei Wachen neben Nihals Leichnam war der Saal leer, als ein winziges, geflügeltes Geschöpf hereingeflattert kam. Die Wachen beobachteten, wie es auf Nihal zuflog, und nahmen an, es wolle, wie so viele andere, der Heldin die letzte Ehre erweisen.
    Das Geschöpf näherte sich Nihals Gesicht, ließ sich auf ihrem Kinn nieder und blickte sie traurig an. »Was ist, Nihal«, sagte es leise, »hast du dich aufgegeben? Willst du auf deinen Traum verzichten? Sennar liegt nur einige Zimmer entfernt. Er ringt um sein Leben und wartet auf dich. Meinst du nicht, du solltest zu ihm gehen?« Es lächelte. »Du hast dein Leid bis zur bitteren Neige erdulden müssen, du hast alles, was dir gegeben war, dem einzigen Menschen zum Geschenk gemacht, den du retten konntest. Zum Schluss hast du deinen Daseinsgrund gefunden. Die neue Welt, von der ich sprach, nimmt jetzt Gestalt an, und du musst dabei sein!« So wie beim letzten Mal, als sie sich gesehen hatten, streichelte Phos Nihal über die Wange. »Der Vater des Waldes wartet auf sein Herz. Nähme ich den Stein, der auf deiner Brust liegt, und brächte ihn zu ihm, würde er zu neuem Lehen erwachen. Aber hätte sein Leben jetzt einen Sinn? Wer würde sich an seinem Dasein erfreuen? Du wirst von vielen gebraucht, von Sennar in erster Linie, und noch so viel liegt vor dir, während mein lieber Vater des Waldes, mein Zuhause, meine Zuflucht, mein bester Freund, bereits alles getan hat, was er nur tun konnte. Um ihn herum ist nichts als verbrannte Erde, abgestorbene Bäume, Ödnis, der Bannwald, der sein Leben war, ist tot. Ich habe es dir schon einmal gesagt, der Vater des Waldes und ich, wir sind Überbleibsel der alten Welt. Und das Schicksal derer, die lange gelebt haben und sehr alt sind, ist es nun einmal, Platz zu machen.« Er schwieg wieder, so als suche er nach den richtigen Worten. »Der Vater des Waldes hat sich entschieden. Er möchte dein Vater sein, er möchte dir seinen Lebenssaft schenken, damit du weiterlebst und all das erleben kannst, was noch vor dir liegt. Das ist keine kleine Sache. Das Geschenk des Lebens ist mit das Schönste und Verantwortungsvollste, was man erhalten kann, denn es ist Ehre und Last zugleich. Doch der Vater des Waldes und ich wissen, dass du dieser Gabe würdig bist.« Phos streckte seine winzigen Hände zu Mawas, dem Stein aus dem Land des Windes, aus und sprach eine unverständliche Litanei. Da erstrahlte der Edelstein in einem hellen Licht und übertrug seine Kraft auch auf alle anderen Steine des Medaillons, die ebenfalls wieder aufleuchteten, nicht so strahlend wie am Tag des Zaubers, doch in einem sanften und beruhigenden Licht. Und zusammen mit diesem Licht kehrte Farbe auf Nihals Wangen zurück, und das Leben beseelte sie von Neuem. »So stirbt denn der Vater, damit die Tochter lebe. Solange du diesen Talisman am Hals trägst, wirst du leben. Verliere ihn niemals, denn dies würde deinen Tod bedeuten.« Offenbar erschöpft, stützte sich Phos auf seine Ellbogen. »Nun hast du nichts weiter zu tun, als deinem Traum entgegenzugehen und den Lohn in Empfang zu nehmen, der dir zusteht. Aber missbrauche nicht, was ich und mein alter Baum dir gaben.«
    Leise, wie er gekommen war, machte sich Phos wieder davon. Seitdem wurde er nie wieder gesehen.
    Nihal hat sich vollkommen erholt. Sie erinnert sich an nichts, weder an ihren vermeintlichen Tod noch an die Begegnung mit Phos, doch die

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