Die Drachenkrone ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
langsam tiefer stieg.
»Ich glaube nicht, dass man hier einfach so hereinspazieren kann«, flüsterte sie. »Sicher gibt es hier etwas, um ungebetene Gäste fern zu halten.«
Am Fuß der Stufen wurde sie fündig. Mit einem triumphierenden Lächeln zeigte sie dem Elb den Mechanismus, mit dem man eine üppige Ladung Steine auf die Häupter der Eindringlinge herabstürzen lassen und zur Not auch den ganzen Gang blockieren konnte.
Ibis brauchte nicht lange, die Falle zu entschärfen. Dann folgte sie einem schmalen Gang, der zu einer zweiten Falltür, diesmal über ihnen, führte. Leise kletterten sie hinauf und fanden sich im Innenhof des Turmes wieder. Hier war alles dunkel, doch oben, zwei Stockwerke über ihnen, geisterte der Lichtschein hin und her. Die Elben sahen zwei Türen, die vom Hof in das Innere des Turmes führten, und entschieden sich, mit der Linken ihre Erkundung zu beginnen. Die Tür war nicht verschlossen und ließ sich geräuschlos öffnen. Ibis strich mit dem Finger über die Angeln und hielt Seradir den öligen Finger unter die Nase.
»Mit Geistern oder verdammten Seelen haben wir es jedenfalls nicht zu tun«, flüsterte sie ihm zu.
Leise schlichen sie durch die düsteren Räume, konnten jedoch nichts Aufregendes entdecken. Die kleinen steinernen Zimmer zogen sich um den ganzen Turm herum und lagen alle zur Außenseite hin. Vor den Zimmern verlief ein schmaler Gang, dessen Fensterschlitze zum Hof hin zeigten. Manche der Räume waren leer, andere spärlich mit einem Tisch und rohen Stühlen eingerichtet. In einem hölzernen Gestell lehnten einige Piken und lange Speere, in einer anderen Kammer lagen Strohsäcke und schmutzige Decken auf dem Boden. Auch einige Kleidungsstücke waren achtlos auf einen Haufen geworfen, doch sie konnten keine Menschenseele entdecken. Die Elben kamen zu einer Treppe, huschten hinauf und sahen sich das nächsteStockwerk an, das sich jedoch kaum von dem darunter unterschied. Von oben hörten sie plötzlich Stimmen. Vorsichtig huschten sie noch eine Treppe höher. Sie duckten sich hinter einen Vorsprung und spähten dann aufmerksam um die Ecke. Vom Ende des Gangs kam ein schwacher Lichtschein, und dort schien auch die Quelle der beiden Stimmen zu sein.
Ibis winkte Seradir, ihr zu folgen, und lief, eng an die Wand gedrückt, auf die Stimmen zu. Vorsichtig riskierte sie einen Blick durch die nur angelehnte Tür und betrachtete neugierig den großen Raum, der sich dahinter öffnete. Er lag zur Seeseite, und durch das Fenster sah die Elbe die Lichtsignale des Schiffes, das sich dort draußen in der stürmischen Nacht herumtrieb. Zwei Gestalten standen mit dem Rücken zu ihr am Fenster und sahen hinaus. Der eine hielt ein Fernrohr in der Hand und beobachtete die Signale, der andere studierte ein Blatt Pergament. Ibis’ Blick huschte durch das Zimmer, das von einer Laterne nur schwach erleuchtet wurde. Sie erkannte einen großen Tisch, auf dem Seekarten ausgebreitet waren, einige Stühle standen an den Wänden, ein Haufen nasser Kleider lag in einer Ecke.
»So eine verdammte Nacht«, fluchte der Größere der beiden. »Wie sollen wir bei diesem Sturm die Ware an Bord kriegen?«
Die andere Gestalt ließ das Fernrohr sinken. »Seras wird nicht in die Bucht fahren. Er traut sich bei diesem Seegang und der Dunkelheit nicht durch die Haifischzähne. Wir werden also mindestens einen Tag verlieren.«
Jetzt erst bemerkte Ibis, dass die zweite Gestalt eine Frauwar, deren Stimme jedoch rau und hart wie die eines Mannes klang.
»Geh zum Narbigen und berichte ihm, dass wir erst beladen können, wenn morgen die Flut die Klippen überspült – falls der Sturm bis dahin nachgelassen hat. Er wird toben, doch das nützt auch nichts. Der große Magier wird schon nicht gleich umkommen, wenn er das Zeug erst ein paar Tage später bekommt.« Sie zuckte mit den Schultern und fügte dann noch leise hinzu: »Weiß sowieso nicht, wozu er das so dringend braucht.«
Der Mann rührte sich nicht von der Stelle. Erst als die Frau ihn rüde anfuhr, warum er sich denn noch immer nicht auf den Weg gemacht habe, drehte er sich um und hob eine triefende Hose und einen ebenfalls nassen Kittel vom Boden. Er fluchte leise vor sich hin, während er in die nassen Sachen schlüpfte. Seradir zupfte Ibis hektisch am Ärmel. Geräuschlos zogen sich die beiden zurück, huschten den Gang entlang und verbargen sich wieder in der Nische.
Sie mussten nicht lange warten, da kam der Mann in seinen nassen Kleidern auch
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