Die Drachenkrone ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
ließ es durch die Luft surren. Die Klinge wirbelte durch die Küche und fuhr dann tief in das Holz der geschlossenen Tür.
»Hast du es gesehen? Also los, dann probiere es!«
Lamina nahm den Dolch, den die kleine kämpferische Frau ihr gegeben hatte, und holte ungeschickt zum Wurf aus, doch Tara gebot ihr Einhalt.
»Halt! Willst du dir selbst in die Hand schneiden? Warte, ich zeige es dir noch einmal.«
Sie stellte sich hinter die junge Gräfin und führte ihr die Hand ein paar Mal langsam vor und zurück. Dann trat sie einen Schritt zur Seite und nickte Lamina aufmunternd zu. Die junge Frau ließ den Arm nach vorn schnellen, das blanke Metall blitzte auf, dann schlug der Dolch mit dem Griffgegen den Türrahmen und fiel klappernd zu Boden. Tara ließ ihre Zahnlücke sehen.
»Oje, da müssen wir aber noch viel üben!«
Sie ließ den Dolch über den Boden zu Lamina zurückgleiten, stutzte dann und stürzte mit einem Aufschrei zu ihrem Kessel, dessen brodelnder Inhalt den Deckel tanzen ließ. Das Feuer zischte, die Flammen schlugen hoch, als die fettig aufschäumende Brühe in die Glut tropfte. Tara rührte in ihren Töpfen und gab ihrer Schülerin gleichzeitig Anweisungen. Vergeblich mühte sich Lamina, den verwirrenden Ratschlägen Folge zu leisten, doch nach unzähligen Versuchen blieb der Dolch endlich im Holz stecken, und die junge Gräfin klatschte erfreut in die Hände. Auch Tara ließ sich zu einem Lob herab und klopfte mit dem Kochlöffel gegen den eisernen Kessel.
Als der Dolch bei ihrem nächsten Versuch auf die Tür zuflog, ging diese plötzlich auf, und der glänzende Stahl wirbelte an der Nase des verdutzten Ankömmlings vorbei. Wütend stürmte Tom auf die junge Frau zu, aber Tara drängte sich dazwischen.
»Pass genau auf, denn jetzt bekommst du Lektion Nummer zwei. Wenn du dich ohne Waffen auf einen Kampf einlassen musst, dann hilft nur ein gezielter Tritt.«
Zur Demonstration wirbelte sie herum, und bevor Tom erahnen konnte, was sie vorhatte, trat sie ihm kräftig zwischen die Beine, so dass er sich vor Schmerz zusammenkrümmte. Tara strahlte über die gelungene Vorführung, stemmte die Hände in die Hüften und betrachtete ihr Opfer ungerührt. Sobald Tom sicher war, dass er keinen ernsthaften Schaden genommen hatte, hob er die Hand und verpasste Tara eine schallende Ohrfeige, so dass sie sich unsanft auf den Hintern setzte. Dann packte er sie an ihrem Hemd und riss sie wieder hoch.
»Du verdammtes Luder«, schimpfte er sie, doch sie lachte so unwiderstehlich, dass es auch um seine Mundwinkel zuckte. »Das kostet dich eine ganze Nacht mit allem, worauf ich Lust habe«, fügte er nicht mehr ganz so wütend hinzu.
»Aber sicher, mein Schatz«, schmeichelte sie und küsste ihn feucht auf den Mund. »Du bekommst sogar zwei Nächte, lieber Tom, wenn du noch ein wenig bleibst und mir hilfst, eine Kämpferin aus dem Täubchen zu machen.«
Tom stieß sie weg. »Darauf kann ich verzichten! Wozu soll das gut sein, dass Weiber so etwas können? Glaubst du, wir wollen noch so ein rohes, zänkisches Weib wie dich?«
Tara lachte schallend, während Tom zu einem der Regale schlenderte und sich einen Becher mit Branntwein füllte. Fassungslos sah die Gräfin von einem zum anderen und wusste nicht, was sie von dieser Szene halten sollte. Tom biss Tara zum Abschied spielerisch in den Hals, klatschte ihr auf den Hintern und ging dann, den gefüllten Becher in der Hand, pfeifend hinaus, während sich Tara wieder dem Essen zuwandte. Laminas Blick missverstehend, meinte sie:
»Ich habe dir ja gesagt, dass die meisten Jungs ganz nett sind. Man muss sie eben so nehmen, wie sie sind – auch wenn sie sich nicht gerade zartfühlend benehmen.«
Lamina dachte daran, wie zartfühlend Tara war, und plötzlich stieg der Drang zu lachen in ihr auf.
Nach dem Essen legte sich Lamina auf das Bett, das sie nun nachts mit Tara teilte, wenn diese nicht einem der Männer zu Diensten war. Seufzend verschränkte die junge Gräfin die Arme im Nacken und sah zur Decke hinauf, an der in einem silbrigen Wirbel die Strahlen des Mondes tanzten. Sie sah Tara vor sich. Sie war so lebendig, so fröhlich und voller Kraft, trotz ihres harten Loses. Sie schien gar Spaß daran zu haben. Würde sie selbst es schaffen, solch ein Leben zu ertragen? Lamina konnte sich das nicht vorstellen, andererseits glaubte sie auch nicht mehr daran, dass jemand kommen und sie retten würde, und auch die Hoffnung, sich selbst befreien zu können, war kaum
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