Die Drachenkrone ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
es nun Nischen und Simse, dann wieder Reihen von Steinplatten, die mit fremdartigen Schriftzeichen versehen waren.
Vlaros und Rolana schüttelten nur die Köpfe. Selbst in alten Büchern waren ihnen diese Runen niemals begegnet. Sie passierten einen weit gespannten Torbogen und betraten eine Halle, an deren Ende eine breite Treppe einige Fuß hinabführte. Alte Rüstungen standen rechts und linksan den Wänden, und am Fuß der Treppe stießen sie wieder auf menschliche Überreste. Schaudernd stieg Rolana über die blanken Knochen hinweg. Der Gang führte weiter geradeaus, doch nun waren rechts und links immer wieder Türen in den Wänden. Die Gefährten warfen einen Blick in die steinernen Räume, aber sie waren alle leer. Sie gingen schweigend weiter. Die Zeit floss träge dahin, und nur der sinkende Ölpegel ihrer Lampe mahnte sie, wie viele Stunden vergingen.
5
Der Kupferdrache
D er kupferglänzende Drache erwachte aus seinem unruhigen Schlaf. Er sandte seine Gedanken in die Ferne und suchte nach den Schwingungen des Amuletts, das seinen Geist mit dem des Trägers der winzigen Drachenfigur verband. Es war in der Nähe, doch es ruhte nicht mehr auf der Brust dessen, dem er es anvertraut hatte. Die Echse ließ ihre Gedanken durch die alten Gänge und Verliese wandern, die bereits vor ihrer Zeit gebaut worden waren, und dann weiter bis an den Fuß der Berge, wo aus dem See, finster und schweigend, Burg Theron aufragte. Der Drache spürte die mächtige Magie, die wie ein flirrender Schild über der Burg schwebte. Seine Augen verengten sich. Nein, die Ströme, die ihn da berührten, gefielen ihm nicht. Er suchte nach den Menschen, die dort gewohnt und gearbeitet hatten, doch er konnte niemanden entdecken. Nur der eisige Hauch von schwarzer Magie streifte seinen Geist.
Müde schloss Peramina die Augen. Sie träumte von den weiten grünen Ländern, die sie einst durchstreift hatte, und vom tiefblauen Meer. Dann stiegen wieder die Bilder des alten Labyrinths in ihr auf. Plötzlich stutzte sie, und die gelben Augen flammten durch die düstere Drachenhöhle. Fremde waren unter den Bergen unterwegs! Menschen, ein Zwerg und eine Elbe. Der Drache konnte ihre Schwingungen spüren. Was ging dort in der Welt nur vor sich? Jahrhundertelang waren die dunklen Wesen eines anderen Zeitalters inihrem Labyrinth für sich gewesen. Nur der Träger des Amuletts, den der Drache zu sich gerufen hatte, war durch die ewige Finsternis gewandelt. Und nun trieben sich Fremde hier herum und kamen dem Hort des Drachen immer näher.
Ein Grollen, tief im Innern der Erde, riss die Echse aus ihren Gedanken. Der Boden begann zu zittern, Staub rieselte von der hoch über ihm gewölbten Decke in seine Schlafhöhle herab, Felsbrocken polterten zu Boden. Schützend legte Peramina ihre Klauen über das schmutzig graue Gebilde, das vor ihr in einer Kuhle des Münzenberges lag. Es war fast sechs Fuß lang, oval und von ledriger Struktur. Peraminas Gedanken galten jetzt nur noch dem Schutz des winzigen Drachenjungen, das dort in seiner Eihülle schlief und sich prächtig entwickelte. In wenigen Wochen würde es schlüpfen, und bis dahin musste die Echse einen Weg finden es in Sicherheit zu bringen. Das Bild von hoch aufragenden Vulkangipfeln, von glühenden Lavaströmen und tiefen Schluchten tauchte vor ihren Augen auf. Ja, die nördlichen Vulkanberge waren der richtige Ort für ein Drachenjunges. Wieder grollte der Berg. Peramina häufte sorgfältig noch ein paar Münzen um das Ei herum auf. Sie spürte, wie sich der winzige Drache unter der Hülle bewegte. Die Zeit drängte. Gefahr ballte sich wie dichte Gewitterwolken am Horizont zusammen. Sie musste einen Weg finden, Covalin in Sicherheit zu bringen.
Die Gefährten hatten das Beben gespürt. Erschreckt blieben sie stehen und sahen ängstlich zur Decke empor, bis das Grollen verklang und der Fels unter ihren Füßen aufhörte zu zittern.
Vorsichtig stiegen sie eine Treppe hinunter. Vor ihnen erstreckte sich ein Kreuzgewölbe, das in einer hohen Gruft endete. Auf einem steinernen Podest in der Mitte standen drei bleigraue Särge, die matt im Lampenschein schimmerten. Ihre Oberflächen zierten fein gravierte Wappenschilde. Darüber hing ein mächtiger Kronleuchter, der leise knarrend hin und her schwang. Die staubgrauen Kerzen waren halb abgebrannt. In respektvollem Abstand zu den herrschaftlichen Gräbern reihten sich einfache Holzsärge an der Wand. Gegenüber dem Eingang befand sich eine zweite
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