Die Drachenkrone ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
Todesschrei fiel sie zu Boden. Dann war es vorbei. Laut kreischend nahmen die letzten Nager Reißaus und verschwanden wieder in ihren Löchern und Spalten. Eine tödliche Stille senkte sich über den Kampfplatz. Der junge Schwertkämpfer, der selbst aus zahlreichen kleinen Wunden blutete, zog Ibis unter den leblosen Resten der Riesenratten hervor. Sie hatten die Elbe böse zugerichtet. Das linke Bein war völlig zerfleischt, und auch an ihrer Schulter klaffte eine tiefe Wunde, aus der pulsierend das hellrote Blut schoss.
Cay hob das zierliche Geschöpf hoch und trug sie schnell in die Halle zurück. Thunin folgte ihm, ohne noch einen Blick auf das Schlachtfeld zu werfen. Die Elbe biss die Zähne zusammen, um nicht laut aufzuschreien. Kaum hatten sie wieder den festen Boden der Halle unter ihren Füßen, legte Cay die Verletzte sanft nieder. Thunin schob ihr seinen Umhang unter den Kopf.
»Was hast du nun schon wieder angestellt, du dummes Ding?«, schimpfte er, doch seine Stimme war voll Sorge.
Rolana schob ihn zur Seite und kauerte sich neben Ibis. Aufmerksam sah sie die Elbe an. Sie konnte jeden Augenblick das Bewusstsein verlieren. Ihre Wangen waren wächsern. Wenn Rolana jetzt versagte, dann war Ibis verloren. Eine Woge der Angst durchströmte die junge Priesterin.
Ich bin nicht allein, sagte sie sich tapfer vor, Soma ist bei mir und wird mir seine Hilfe nicht versagen.
Entschlossen schob sie ihre Zweifel beiseite und begannsich auf die blutenden Wunden zu konzentrieren. Sie schloss die Augen und suchte nach der Quelle der Kraft. Nun war sie ganz ruhig, und ihre Stimme zitterte nicht, als sie ihren Gott anflehte. Mit offenem Geist und Herzen ließ sie die göttliche Energie in sich einströmen. Warm pulsierte Ibis’ Blut unter ihren Händen und rann über Hals und Brust. Dann durchdrang Rolanas entschlossene Stimme die modrigen Luftschwaden der unterirdischen Halle, und die beschwörende Melodie verdrängte die Dunkelheit. Sie hüllte den verletzten Körper ein und besiegte den Schmerz. In einem gebündelten Strom schoss die Kraft aus ihren Fingerspitzen in die Wunde und umwand die zerrissenen Adern und die zerfetzten Muskeln.
In respektvollem Abstand standen die anderen schweigend da und beobachteten die Szene bang. Endlich versiegte der Blutstrom aus der tiefen Schulterwunde, und auch die Blutungen am Bein der Elbe ließen sichtlich nach. Zögernd begannen sich die Wunden zu schließen. Noch einmal bäumte sich die junge Priesterin auf, doch dann war auch der letzte Funke ihrer Kraft verbraucht. Ohnmächtig sank sie zu Boden. Entsetzt stürzte Cay zu ihr und umschlang Rolanas leblose Gestalt.
»Sie stirbt, Thunin, was sollen wir tun? Sie stirbt!«
»Unsinn«, sagte Vlaros mit hochmütiger Stimme, in der so etwas wie Eifersucht mitschwang. »Sie ist nur erschöpft. Das geht allen Priestern so, wenn sie als Medium für die göttliche Kraft dienen.«
Cay funkelte den Magier böse an, doch Thunin legte ihm beschwichtigend die Hand auf die Schulter.
»Komm, wir müssen Ibis und Rolana hier wegbringen.
Ist alles viel zu offen. Was ist, wenn die Biester zurückkommen?«
Der Zwerg schob mit dem Fuß zwei Rucksäcke in Vlaros’ Richtung, dann hob er die Elbe auf. Cay folgte mit Rolana in den Armen. Suchend ließ der Zwerg den Blick schweifen, und endlich entdeckte er eine Nische in der Wand, von zwei Säulen flankiert, die fast wie eine Gruft anmutete, doch gerade genug Platz für die fünf Gefährten bot.
»Komm, hier herüber. Es ist nicht ideal, doch für diese Nacht muss es reichen.«
Cay eilte dem Zwerg nach. In einigem Abstand folgte ihm Vlaros. Missmutig schleppte der Magier die Rucksäcke hinter ihnen her.
Sie hatten die Zuflucht noch nicht erreicht, da schlug Rolana die Augen auf, und Cay half ihr auf die Beine. Trotz ihrer weichen Knie fühlte sich die junge Priesterin schon wieder so kräftig, dass sie sich sofort um die Elbe kümmerte, kaum hatte der Zwerg sie in der Höhlung auf eine Decke gebettet. Auch Ibis war wieder bei Bewusstsein. Ihr Lächeln war zwar noch ein wenig verzerrt, doch sie plapperte schon wieder wie ein Wasserfall, bis Thunin sie anraunzte, sie solle sich ihre Kräfte lieber für wichtigere Dinge sparen. Schmollend schob die Elbe die Lippen vor und kniff die Augen zusammen. Rolana war sich sicher, dass sie noch unter heftigen Schmerzen litt, auch wenn sie die Frage nur mit einer wegwerfenden Handbewegung beantwortete. Die Schülerin des Mondgottes zog ihren Rucksack heran
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