Die Drachenkrone ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
fragte er und küsste sie mit seinen kalten Lippen auf beide Wangen. Ehe sie sich eine Antwort überlegen konnte, fuhr er jedoch schon fort:
»Los, komm hier herüber. Ich muss dir etwas zeigen.«
Neugierig trat sie näher und betrachtete das samtschwarze Tuch, das er ihr in die Hand drückte.
»Pack es aus!«, forderte er sie ungeduldig auf.
Behutsam schlug sie das Tuch auf, bis es eine kleine Figurenthüllte. Ein kleiner roter Drache lag in ihrer Hand, etwa von der gleichen Größe und Machart wie der kupferne, der in seinem gläsernen Schrein ruhte. Der rote Drache hatte die Flügel abgespreizt und den Rachen weit geöffnet. Er sah aus, als wolle er sich gerade auf eine Beute stürzen. Zögernd drehte Mykina das wertvolle Kleinod in ihren Händen. Astorin beobachtete sie. Sein Gesicht zuckte vor Anspannung. Plötzlich, als könne er es nicht länger ertragen, seinen Schatz in ihren Händen zu sehen, schnellte er vor, riss ihr den Drachen aus den Händen und legte ihn in den Schrein. Als der schimmernde Schutzschild um ihn herum aufflackerte, entspannte sich seine Miene wieder.
»Es geht voran«, sagte er und rieb sich die Hände. »Noch vier Figuren, dann wird sich das Heer der Drachen unter meinem Ruf sammeln.«
»Und Ihr werdet die Welt beherrschen«, ergänzte Mykina leise und ohne rechte Begeisterung, doch er schien dies nicht zu bemerken.
»Nicht nur diese Welt«, widersprach der Magier. »Ich werde Herr über alle drei Welten sein.«
Mykina sah ihn überrascht an. »Ihr glaubt an diese alten Geschichten?«, fragte sie neugierig.
»Die Drachenkrone wurde auch für eine Legende gehalten, doch sieh dir meine Schätze an! Ich bin überzeugt, dass auch die Tore zum Elben- und zum Zwergenreich existieren, und ich werde sie finden. Ich habe meine besten Spione auf ihre Spur gesetzt.« Zufrieden strich er sich über den dünnen Bart.
Zweifel huschten über Mykinas Gesicht, doch sie widersprach ihm nicht. Es konnte ja sein, dass die Tore einst existierten, dachte sie bei sich, aber sie waren im großen Feuersturm sicher zerstört worden. Wenn sie all die Jahre funktioniert hätten, dann wären sie doch auch entdeckt und benutzt worden. Und das hätte niemand auf Dauer geheim halten können.
Astorin schritt auf die Tür zu und hielt sie Mykina auf. Er führte sie in den Speisesaal, wo unter einem prächtigen Kristalllüster bereits ein üppiges Mahl aufgetischt worden war. Die Diener eilten sich, die hohen Zinnbecher mit Wein zu füllen.
»Doch nun zu dir, meine Liebe«, begann Astorin, als er den ersten Becher geleert hatte und ihn dem Diener zum Füllen entgegenstreckte. »Deine Arbeit auf Theron ist beendet. Ich werde es zerstören, und man wird diese unbedeutende Grafschaft vergessen.« Er machte eine wegwerfende Handbewegung und schickte dann die Diener hinaus. Erst als die schwere Tür hinter ihnen ins Schloss fiel, beugte er sich nach vorn, sah Mykina durchdringend an und fuhr dann mit leiser Stimme fort.
»Du darfst mir nun auf Burg Draka dienen.«
Mykina zuckte zusammen. Ihr Magen fühlte sich an, als habe er sich in einen Eisklumpen verwandelt. Als sie den Mund öffnete, war ihre Stimme seltsam rau.
»Verehrter Meister, ich diene Euch gern, doch seid Ihr sicher, dass es Euren Plänen hilft, wenn ich das willenlose Heer des blutigen Herrschers von Draka verstärke?«
Astorin warf sich in seinem Scherenstuhl zurück und lachte. »Ach, meine Liebe, konnte ich da eine Spur von Angst in deiner Stimme entdecken?« Er schob sich mit Appetit eingroßes Stück Braten in den Mund. Der Saft rann ihm über das Kinn und tropfte auf seinen Rock.
»Ich respektiere den Herrscher von Draka, aber ich liebe ihn nicht so sehr, dass ich ihm frisches Blut schicke, um seine Gier zu stillen. Ich weiß meine Vorkehrungen zu treffen, schließlich möchte ich, dass du mir etwas aus Draka mitbringst.« Er kniff die Augen zusammen und sah Mykina aufmerksam an. Sie leckte sich über die trockenen Lippen und hob dann den Becher mit Wein. Ihre Hand zitterte.
»Seid Ihr sicher, dass es auf Draka ist?«, fragte sie nach einer Weile.
Astorin grinste breit. Offensichtlich bereitete ihm ihr Missbehagen Vergnügen.
»Was im Leben ist schon sicher, meine liebreizende Mykina? Doch muss ich nicht jedem Verdacht nachgehen? War dieses Vorgehen nicht bereits in zwei Fällen von Erfolg gekrönt?«
»Ihr könntet Refos schicken.« Sie versuchte die Spitze des drohenden Schwertes, das über ihrem Haupt schwebte, in eine andere
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