Die Drachenkrone ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
hohen Spiegel, aber was ihren Blick fesselte undihr Herz schneller schlagen ließ, war ein niedriger Tisch in der Mitte des Raumes. Ein schwarzes Samtkissen lag in seiner Mitte, und darauf ruhte eine kristallene Kugel, deren Oberfläche in düsteren Farben waberte. Konnte das der magische Gegenstand sein, von dem Lahryn gesprochen hatte? Dann war es ihre Aufgabe, ihn zu zerstören. Dazu mussten sie allerdings erst an die Kugel herankommen. Rolana warf den Rüstungen einen misstrauischen Blick zu.
»Ibis, meinst du, die Rüstungen hier sind auch mit diesen Pfeilen bestückt?«
Die Elbe nickte. »Bestimmt, und vermutlich gibt es hier auch noch andere Fallen. Wer es bis hierher geschafft hat, kennt die tödlichen Visiere ja schon.«
Während die anderen ungeduldig warteten, huschte Ibis, die Säule als Deckung nutzend, zu der ersten Rüstung. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, doch dann schüttelte sie den Kopf. Die Elbe winkte Cay heran, ließ sich von ihm auf die Schultern heben und schob dann vorsichtig einen der Halsringe hoch. Kurz darauf nickte sie zufrieden und sprang auf den Boden. Sie hatte gerade die nächste Falle entschärft, da wirbelte Thunins Axt durch die Luft und schlug mit einem sauberen Schnitt einer der hinteren Rüstungen den Helm ab. Mit einem ohrenbetäubenden Krachen fiel er zu Boden, die Axt folgte. Die Freunde fuhren erschreckt zusammen. Keiner außer Thunin hatte bemerkt, wie sich der eiserne Wächter in Ibis’ Richtung gedreht hatte.
»Deckung!«, brüllte der Zwerg und warf sich auf den Boden, denn aus dem Helm der letzten Rüstung schossen flammende Blitze hervor. Cay, Rolana und Vlaros ducktensich hinter die Säulen, doch Ibis rannte, den Blitzen ausweichend, auf die Rüstung zu. Noch im Laufen zog sie ihr Schwert, setzte zum Sprung an und schlug zu. Sie durchtrennte den Halsring mit einem kräftigen Schlag. Scheppernd fiel die eiserne Haube zu Boden. Einen Augenblick wagten sich die Freunde nicht zu rühren. Das Echo verhallte, und die Stille kehrte zurück. Thunin durchquerte den Raum, um seine Axt zu holen, Ibis huschte zu der Holztruhe, um zu sehen, was sie in sich barg. Rolana und Vlaros traten zu dem Tisch in der Mitte und starrten die Kristallkugel an.
»Ich denke, sie ist die Quelle der Kraft«, sagte Vlaros.
Rolana nickte. »Doch wie sollen wir sie zerstören, und was wird dann passieren?«
Der Magier zuckte die Schultern. »Kristallkugeln sind normalerweise zerbrechlich, ich habe jedoch keine Ahnung, was geschieht, wenn man die magischen Kräfte aus ihrem Innern plötzlich befreit. Sie könnten große Verheerung anrichten.«
Rolana seufzte. »Wir haben keine andere Wahl. Wir müssen es riskieren.«
Sie streckte die Hände aus, um nach der Kugel zu greifen, als eine Flammenwand aus den Rändern des Tischchens hervorschoss und über der Kristallkugel eine schützende Feuerkuppel bildete. Mit einem Schmerzensschrei fuhr Rolana zurück. Die Haut ihrer Finger begann sich zu röten. Auch Vlaros wich erschreckt zurück.
»Das hätte ich mir denken können«, stöhnte er.
Rolana antwortete ihm nicht. Sie fühlte einen eisigen Schauder, und eine plötzliche Furcht sträubte ihr das Nackenhaar. Sie konnte die Bedrohung spüren. Entsetzt starrte sie die Kristallkugel an, doch sie lag ruhig auf ihrem Kissen. Ihr Blick huschte zur Tür, die von Cay bewacht wurde, aber die Gefahr näherte sich von der anderen Seite des Raumes. Rauch wallte plötzlich in der silbrigen Fläche des hohen Spiegels auf, und dann trat Mykina herein.
8
Mykina
E ines Morgens, als Mykina verschlafen aus dem Fenster sah, war Bewegung in die teilnahmslosen Sklaven gekommen. Aufgeregt rannten sie hin und her, schleppten Kisten und Fässer und führten mehrere Pferde in die Stallungen hinüber. Das konnte nur eines bedeuten: Astorin war zurück! Eilig warf sie sich ihren Umhang aus grüner Seide über und rannte die gewundene Treppe zu seinem Studierzimmer hinauf. Die Tür stand weit offen. Mykina verlangsamte ihren Schritt, warf das lange schwarze Haar zurück, setzte ein betörendes Lächeln auf und trat dann ein. Astorin, der große schwarze Magier, lehnte an der Wand und beobachtete zwei stumpfsinnig dreinblickende Diener, die einen zweiten gläsernen Schrein neben den stellten, der den kupfernen Drachen enthielt. Astorin war sichtlich glänzender Laune, doch er wartete, bis die Diener den Raum verlassen und die Tür hinter sich geschlossen hatten, ehe er Mykina begrüßte.
»Was tust du hier?«,
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