Die Drachenkrone ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
sie zu mir.«
Der Angesprochene war noch jung und beeilte sich mit ernster Miene, den Auftrag auszuführen. Nur widerstrebend ließen sich die Freunde ihre Waffen abnehmen, doch der Elb hatte Recht, sie hatten keine andere Wahl. Vanadil warf einen neugierigen Blick auf die am Boden liegende Gestalt und trat dann schnell zu dem Anführer der Gruppe.
»Ihr wollt uns doch nicht etwa fesseln?«, brauste Thunin auf.
Der ältere Elb schüttelte den Kopf. »Ich vertraue darauf, dass ihr einseht, wie dumm eine Flucht wäre. Außerdem seht ihr nicht so aus, als würdet ihr einen Gefährten im Stich lassen.« Er deutete auf Rolana. »Was ist mit ihr geschehen?«
»Sie hat eine schwere Kopfwunde und ein zertrümmertesBein. Das Schlimmste jedoch ist das Wundfieber, gegen das wir nichts tun können. Versteht Ihr etwas von der Kunst des Heilens?«, fragte der Zwerg hoffnungsvoll.
Eraon schüttelte den Kopf. »Nein, aber wenn ihr Glück habt, dann wird der Weise von der Steineiche sich ihrer annehmen. Wir brechen im Morgengrauen auf. In zwei Tagen werden wir Ailansonee, die Stadt in den Bäumen, erreichen.«
Thunin nickte und sagte ernst: »Ja, wir werden mit euch kommen«, so als habe der Elb ihn höflich darum gebeten.
Die Elben entfachten ein zweites Feuer und brieten frisches Wildbret, während drei von ihnen Wache hielten. Der Duft des knusprigen Fleisches durchzog die Lichtung. Cay schluckte trocken. Er hatte einfach immer Hunger, und die Elben teilten den Braten großzügig mit ihren Gefangenen.
Nur wenige Stunden später brachen sie auf und ritten in die Morgendämmerung, die aufgehende Sonne im Rücken. Trotz Cays Protest nahm Vanadil die Zügel der beiden Pferde, die Rolana trugen. Geschickt verlängerte er die Zügel, so dass er dennoch weiterreiten konnte. Ein schlanker Elb mit blau schimmerndem Haar zog Ibis hinter sich auf sein ungesatteltes Ross. Die ersten Stunden ritten sie schweigend, dann fragte der Elb vor ihr:
»Wie heißt du? Mein Name ist Seradir.« Er versuchte den Kopf so weit zu drehen, dass er seine Mitreiterin sehen konnte.
»Hallo, Blauschopf, schau lieber nach vorn, damit du dein Pferd nicht gegen einen Baum reitest. Ich bin Ibis.«
»Und für eine Gefangene reichlich frech«, stellte der Reiter fest.
Ibis kicherte. »Ja, darüber beschwert sich Thunin auch immer. Das ist der mürrisch dreinschauende Zwerg, der wie ein Sack Mehl auf seinem Gaul hängt. Ich hatte eine schlechte Erziehung, musst du wissen«, fügte sie noch hinzu und entlockte ihrem Bewacher damit ein helles Lachen.
Am nächsten Morgen gab Eraon den Freunden ihre Waffen zurück. Er hatte sie beobachtet und ihren Gesprächen gelauscht. Nun war er überzeugt, er könne ihnen trauen. Der Elb war ein stolzer Kämpfer und vermied es, andere Wesen zu demütigen oder deren Ehre anzutasten. Dennoch hatte er, wie er sagte, den Befehl, alle Eindringlinge dem Ältestenrat vorzuführen.
Die Sonne stand schon tief über den Wipfeln der weit ausladenden Bäume, als sich der Wald lichtete. Die rötlichen Strahlen tauchten die alten Riesen, die hier locker verteilt in größeren Abständen wurzelten und so ihre volle Pracht entfalten konnten, in ein sanftes Licht. Auf den frischen grünen Lichtungen grasten Pferde, und Ibis’ Augen leuchteten schwärmerisch beim Anblick der edlen Tiere. Die Weiden waren nicht eingezäunt, wurden aber jeweils von zwei Elben bewacht. Die Patrouille ritt mit den Eindringlingen in ihrer Mitte an kleinen Seen vorbei. Klar sprudelnde Bäche verbanden die einzelnen Teiche miteinander. Immer öfter trafen sie nun auf kleine Gruppen von Elben, bewaffnete Kämpfer, aber auch Frauen und Kinder. Die Erwachsenen würdigten die Fremden keines Blicks, doch die Kinder starrten ihnen mit unverhohlener Neugier nach.
Sie ritten an einem Marktplatz vorbei, an dem gerade die letzten Stände weggeräumt wurden. Es roch nach Kräuternund Gewürzen, nach gebackenem Fisch und Karamell. Am Ende des Platzes stand, eingebettet zwischen zwei dicken Eichen, ein großes Gebäude. Es wirkte ein wenig eingequetscht, da es an beiden Seiten bis an die Baumstämme heranreichte. Obwohl es nur einstöckig gebaut war, verschwand das Dach völlig im dichten Blätterwerk der tief herabhängenden Zweige. Vor dem Gebäude, das offensichtlich ein Wirtshaus war, standen zahlreiche Tische und Bänke im Gras. Es war recht voll, und ein würziger Duft hing über der Lichtung. Adrette Kellnerinnen brachten Windlichter heraus und verteilten sie auf den
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