Die Drachenlanze (Die Saga von den drei Königreichen) (German Edition)
eingeschränkt zu sein, nicht gerade beglückt. Auch wenn er sich nicht im Klaren darüber war, ob er in sein Dorf zurückkehren würde und das Erbe von Archa’itur antreten wollte, so hätte er, was seine Zukunft angeht, doch gerne eine Wahl gehabt. Doch an jenem Tag auf dem Turm hatte Hal’feira ihm erklärt wer die Daei’i waren und was sie taten.
Den Blick auf die Berge gerichtet und den Wind in ihren Haaren hatte die Anführerin mit verste inerter Miene erklärt, dass die Daei’i das Gebirge bewachten. Und dann war sie auf die Legende von Alf’oy eingegangen. Der Prinz von Theren hatte vor Tausenden von Jahren tatsächlich, so wie es Staer’cui aus seinen Versen erinnert hatte, die Dämonen in einer epischen Schlacht besiegt, so dass diese in die Unterwelt verbannt wurden – für immer. Die Menschheit lebte von da an ohne die ständige Bedrohung dieser abstoßenden, mordlüsternen Wesen. Zumindest dachte man das, hatte Hal’feira ausdruckslos gesagt. Doch leider war dem nicht so. Zwar waren die Körper der Dämonen zerstört worden, doch ihre Geister, die nach ihrem Tode den Körper verließen, wurden von den Überlebenden dieser letzten Schlacht eingeatmet. Und so wirkten die Dämonen in den Menschen fort.
Staer‘cui hatte diesen Gedanken anfangs für absurd gehalten und hatte dies Hal’feira auch gesagt. Aber diese hatte entgegnet: „Denke an das, was Menschen tun, wenn sie sich ihres Tuns nicht bewusst sind, Staer’cui. Wie grausam sie werden können, wenn sie glauben, dass sie wüssten, wie die Welt auszusehen habe. Wie schnell sie unbedacht verletzende Worte aussprechen, wie leicht sie andere verurteilen, wie selbstverliebt sie in den Krieg ziehen, weil sie meinen, dass ihnen der Nachbar ein Unrecht angetan hätte oder einfach nur aus Gier. Das ist eines Menschen nicht würdig.“
Staer‘cui hatte an seine eigene Geschichte denken müssen. Wie sein ganzes Dorf ausgerottet worden war, nur weil andere Menschen ein Schwert besitzen wollten. Und wie er danach auf Rache aus gewesen war, weil er dachte, dass Cathyll de Marc ihm dieses Leid angetan hätte. Und er konnte nicht abstreiten, dass tatsächlich in jedem Menschen zumindest der Ansatz des Bösen steckte.
Aber der König der Dämonen, Keitholl, fand noch einen Weg, um in der Welt der Menschen pr äsent zu bleiben, so erzählte Hal’feira weiter. Als er sah, dass die Schlacht gegen die Menschen verloren war, forderte er Alf’oy in einer letzten Wette heraus. Er schwor die Welt der Menschen auf immer zu verlassen, wenn Alf’oy beweisen könne, dass der Mensch ein gutes Wesen sei, dass keinem anderen Wesen unnötig Schaden zufügen würde. Alf’oy ging auf die Wette ein. Daraufhin verschwand der König der Dämonen vom Schlachtfeld. Alf’oy glaubte, Keitholl habe sich in die Unterwelt zurückgezogen und er und seine verbliebenen Männer feierten ihren glorreichen Sieg, nicht wissend, dass die Dämonen in ihnen weiterleben würden. Keitholl aber hatte sich in eine kleine Fliege verwandelt und schwirrte unentwegt um Alf’oy herum. Irgendwann im Taumel der Siegesfeier war der Prinz so von dieser Fliege gereizt, dass er sie mit seiner flachen Hand totschlug. Die Fliege verwandelte sich in den lachenden König der Dämonen, der vor Alf’oy stand und proklamierte, dass die Arshak, der alte Name für die Dämonen, für immer einen Weg in die Welt der Menschen finden würden, an jener Stelle wo der Prinz von Theren die Fliege totgeschlagen hatte.
Der Prinz und seine Männer waren geschockt und Alf’oy weinte bitterlich über seinen Fehler und schwor niemals mehr einem Lebewesen ein Leid zuzufügen. Gleichzeitig aber schwor er die Dämonen zu bekämpfen, die in den Bergen von Tha’niam erscheinen würden. Nicht lange nach seinem Schwur drangen die ersten Dämonen durch ein schwarzes Erdloch in die Welt der Menschen ein und fingen an zu rauben, morden und zu brandschatzen. Alf’oy und seine letzten Getreuen versuchten die Dämonen zu besiegen, doch diese Dämonen, die aus der Unterwelt kamen, waren gegenüber Alf’oy und seinen Männern unbesiegbar. Der kleine Rest seiner Armee wurde bald nach und nach niedergemetzelt und vernichtet, keiner überlebte, auch der Prinz nicht und so starben er und sein ganzes Königsgeschlecht der Therener. Übrig blieben jedoch die Frauen. Da ihre Männer sie nicht mehr beschützen konnten, beschlossen sie, mutig in den Tod zu gehen und die Unholde aus der Tiefe selbst zu bekämpfen. Keine von ihnen glaubte,
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