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Die Drachenlanze (Die Saga von den drei Königreichen) (German Edition)

Die Drachenlanze (Die Saga von den drei Königreichen) (German Edition)

Titel: Die Drachenlanze (Die Saga von den drei Königreichen) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Konstantin Josuttis
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einen angenehmen Dämmerzustand. Er war warm und er roch den salzigen, kräftigen Duft des Meeres in unmittelbarer Nähe. Noch einen Moment wollte er es sich erlauben, sich wohlzufühlen. Bis seine Gedanken wieder einsetzten. Bis er zurückdenken musste an den Tag, an dem er fast alles verloren hatte.
    Er erinnerte sich. Wie er die Augen geschlossen hatte, um den Tod zu empfangen, schlotternd, sich fürchtend. Jeden Moment hatte er mit dem Aufschlag der nächsten Wurfaxt gerechnet und als keine kam und es seltsam still war, hatte er die Augen geöffnet. Und er hatte die Männer um Thorgnyr gesehen, die ihre Arme hatten hängen lassen und den Hügel hinabgeschaut hatten. Eine Prozession war den Hügel hinaufmarschiert. Viele Menschen in bunten Rüstungen und einer großen Fahne, auf dem Ketill den Doppelkreis erkannt hatte. Die Prozession machte direkt bei Thorgnyrs Gruppe halt und nun hatte das Dröhnen in Ketills Ohren nachgelassen und er konnte hören was geredet wurde. Ein alter Mann mit einem silbernen Helm, der von zwei Gänsefedern geschmückt war, hatte gewütet und geschimpft und auf Eyvind, der immer noch am Boden lag, immer noch kurz zuckend, gedeutet. Und dann hatte Ketill zugehört:
    „… Wahnsinniger, was hast du dir dabei gedacht? Dies ist der Skalde von Lokar und du hast ihn feige und unehrenhaft abgestochen.“ Dann schlug der Mann Thorgnyr mit der flachen Rückseite seiner Hand ins Gesicht, woraufhin dieser das Gesicht abgewandt hielt und zu Boden schaute. Wer war dieser Mann, der es wagte so mit Thorgnyr zu reden, hatte sich Ketill gefragt.
    „Vater, ich…“
    Gunnar, der Gläserne, schlug noch einmal zu.
    „Schweig. Und nun wolltest du den letzten Nachkommen der Wolfingerkönige umbringen?“ Mit einer kurzen Kopfbewegung hatte Gunnar auf den an den Pfosten hängenden Ketill gedeutet, woraufhin zwei seiner Männer auf Ketill zugegangen waren und ihn vom Pfosten befreit hatten.
    Dann war alles sehr schnell gegangen. Zuerst hatte Gunnar seinen Sohn und dessen Männer auf sein Schiff geschickt, mit dem Befehl zurück nach Birkesund zu fahren. Dann hatte er Ketill in Hallders Halle bringen lassen, um dort seine Wunden zu versorgen. Als das geschehen war, trug man ihn hinaus - er konnte nur gehen, wenn er sich an zwei Männern abstützte. Draußen fand er zu seiner großen Erleichterung seinen Vater, der ihm kurz zunickte, als er vorbeigetragen wurde. Einige seiner eigenen Männer lebten noch, die Skjelltäler waren alle getötet worden. Auch Linja konnte er immer noch nicht entdecken. Am Steg sah er vier Schiffe liegen, eines legte gerade ab, es trug nicht den Doppelkreis auf seinem Segel, sondern einen schwarzen Raben. Das letzte was Ketill gesehen hatte, bevor er vor Erschöpfung in Ohnmacht fiel, war das unbewegliche, grimmige Gesicht Thorgnyrs, als sein Drachenboot sich langsam entfernte.
    Ketill fragte sich, wie lange dies wohl her war und wo sie sich befanden. Auf einmal bemerkte er, wie sich dicht neben ihm etwas regte. Sein Vater saß an seiner Seite.
    Er blickte hinaus auf die dunkle See, die sich vor ihm bis zum weit entfernten Ufer ausbreitete, an dem vereinzelte Lic hter eines Dorfes zu erkennen waren. Das Schiff hob und senkte sich, es schien im Wind zu liegen und gut vorwärts zu kommen. Ab und zu spritzten Ketill einige Tropfen Gischt auf sein Gesicht. Ketill hatte das Bild des am Boden liegenden Eyvind vor seinen Augen. Endlich fragte er: „Wo sind wir?“ Stikle zog die Schultern hoch. „Wir fahren Richtung Osten. Ich vermute, dass wir nach Birkesund gebracht werden.“
    Sein Vater griff ihn an den Oberarm, so fest, dass Ketill zusammenzuckte.
    „Diesen Thorgnyr werden wir finden, mein Sohn. Und dann, ha…“
    Ketill lächelte gezwungen. Sein Vater wollte ihn aufheitern und trösten, doch beide wussten, dass die jetzige Situation nicht dafür sprach, dass man sich an Thorgnyr würde rächen können.
    „Vater, wer ist alles tot?“
    Nun schaute sein Vater zu Boden. „Jasten, Eyve, Larf, Görsten…“
    „Ich frage mich, warum das Schicksal mich verschont hat. Ich hätte es verdient anstelle der Männer zu sterben.“ Stikle erneuerte den festen Griff am Oberarm. „So etwas darfst du nicht sagen, Sohn. Es ist kein Zufall, dass Brönn dich verschont hat. Er will, dass du die Wolfinger zu neuem Ruhm führst. Die Männer, die für dich gestorben sind, wussten, worauf sie sich einließen, als sie sich dir anschlossen. Sie sind ehrenhaft gestorben. Besser, als daheim alt und grau

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