Die Drachenlanze (Die Saga von den drei Königreichen) (German Edition)
die sich durch Fensterl äden oder Türritzen durchkämpften und auf Nachtwächter, die ihre Runden drehten. Obwohl es ihr hier an nichts mangelte - sie hatte genug zu essen und wurde täglich von einer Zofe betreut - sehnte sie sich nach der Einfachheit von Mal Kallin, den Gesprächen mit Königin Arla, Ha’il Usur, An’luin und Balain. Was war nur schief gelaufen? Sie hatte immer versucht das Richtige zu tun in ihrer kurzen Regentschaft. Und doch schien es, als wolle das Leben sie kontinuierlich bestrafen für etwas, von dem sie nicht wusste, was es war. Sie stützte sich am kalten Steingeländer ab und seufzte. Bloß nicht in Selbstmitleid verfallen, dachte sie. Doch das war schwer, wenn man niemanden zum Reden hatte. Die Zofe, die man ihr täglich schickte, war ein taubes Mädchen, zumindest nahm sie das an, da dieses Mädchen niemals sprach. Sie war höchstens dreizehn Jahre alt und machte immer einen Knicks, wenn Cathyll sie etwas fragte und gehorchte. Es sei denn, Cathyll begehrte hinausgelassen zu werden. Dann schaute die Zofe auf den Boden, bewegungslos.
Wie lange plante man sie hier festzuhalten? Cathyll hatte keine Ahnung und das war vielleicht das Schlimmste an ihrer Situation. Sie wusste nicht warum sie hier war und wie lange sie hier bleiben musste. Vielleicht würde sie auch eines Tages abgeholt werden und aufs Schafott geführt?
Als es klopfte, zuckte sie zusammen. Ihre Zofe klopfte niemals. Immer wenn jemand oder etwas in das Zimmer gebracht wurde, öffnete sich die Tür geräuschlos und schloss sich wieder.
Sie hielt sich an dem kalten Stein fest. Sie wollte nicht exekutiert werden. Sie hielt den Atem an, denn sie erkannteden Besucher.
„Ed mund.“ Der Angesprochene verbeugte sich. „Mylady.“
Sie lief auf ihn zu, überlegte kurz und fiel ihm dann in die Arme, auch wenn sie den Berater von König Gareth nicht wirklich kannte. Die beiden hatten sich nur kurz in Mal Kallin gesprochen, als Cathyll Edmund überredet, ja gezwungen hatte, seine Streitmacht in den Norden abzuziehen, um Ketill und An’luin zu beschützen. Edmund schien die Umarmung sichtlich unangenehm, so dass Cathyll, die das Unbehagen bemerkte, sich schnell wieder von ihm löste.
Erwartungsvoll blickte sie ihn an. Er sagte: „Ich kann nicht lange bleiben, Lady Cathyll. Ich sollte gar nicht hier sein.“
„Edmund, was geht hier vor?“
„Ich bin mir selb st nicht sicher. Gareth ist im Konvent des Mondes. Ob freiwillig oder gezwungenermaßen vermag ich nicht zu sagen. Es gibt aber ein von ihm unterschriebenes Dokument, in dem er abdankt und bekundet, dass er sein Leben dem Mond widmen möchte.“
Cathyll schüttelte mit dem Kopf. Wie naiv war sie gewesen, einen Mann zu heiraten, den sie nicht kannte.
„Ich glaube allerdings, dass er im Konvent festgehalten wird, Mylady. So wie Ihr.“ Sie blickte auf. „Seine Entscheidung, in den Konvent zu gehen, erfolgte innerhalb eines Tages, genau zu dem Zeitpunkt, als Großmeister Tarhorg in die Stadt kam. Dass er seine Macht ausgerechnet an Derek Hull weitergibt, ist ebenfalls seltsam.“
„Es ist offensichtlich, dass etwas nicht stimmt, Edward. Ihr müsst etwas unternehmen. Derek hat den Thron unrechtmäßig an sich gerissen.“
Edmund verzog das Gesicht. „Das ist nicht so einfach, Mylady. Es gibt Papiere, die die Rechtmäßigkeit des Thrones für Hull belegen. Außerdem ist Derek Hull bei den Tharnen und Adligen äußerst beliebt. Er gilt als Kämpfer und nicht als… Feigling.“
„Mein Mann hat in Mal Kallin tapfer gegen die Norr gekämpft.“
„Ja, aber wer außer ein paar Männern hat das gesehen?“
„Das ist Eure Schuld gewesen, Ed mund. Ihr habt ihn abkommandiert.“
Edmund nickte. Er wusste, dass sie Recht hatte. „Ich weiß. Deshalb bin ich ja auch hier. Ich riskiere einiges. Ich habe schon einiges riskiert. Es gibt auch andere, die zumindest von Gareth selbst hören wollen, dass er abgedankt hat, bevor sie sich Derek anschließen.“
„Dann rebelliert gegen…“
„Mylady, es ist keine Zeit, um Euch zu erklären, warum dies nicht möglich ist.“
„Dann sagt mir, weshalb ich hier bin. Und was man mit mir vorhat.“
Edmund blickte sich um. „Derek hat Gesandte nach Mal Kallin geschickt, um sich mit Eurem Nachfolger zu verbünden.“
„Meinem Nachfolger? Ich habe keinen Nachfolger. Nur einen Stadthalter. Sein Name ist Darren Ghaigh und…“
„Eben dieser Ghaigh. Derek will anscheinend mit ihm verhandeln, dass er an der Macht bleibt und ein
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