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Die Drachenperle (German Edition)

Die Drachenperle (German Edition)

Titel: Die Drachenperle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlies Lüer
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zitternden Jungen, der die Welt nicht mehr verstand, aus dem Kerker die Treppe nach oben. Kurz bevor sie das Gebäude verlassen konnten, trat ihnen unerwartet im Gang eine Gestalt entgegen, die einen Krummsäbel in der Hand trug.
    „Wohin des Wegs, Meister Tock?“
    Ladici hielt ihre Fackel höher, damit sie sein Gesicht besser sehen konnte.
    Verflucht, was will das Weib hier? „Ich führe ihn zu seiner Hinrichtung. In zwei Stunden wird die Sonne aufgegangen sein , und er wird tot sein und den Aasvögeln als Futter dienen.“
    „Nein“ , zischte Ladici. Ihr Gesicht war entstellt durch Hass und Wahn. „Ich will ihm eigenhändig den Kopf abschlagen. Geht beiseite.“
    „Auch wenn Ihr die Herrin seid, Weib – Töten ist immer noch Männersache. Der Tod durch edles Metall ist viel zu gut für ihn. Er soll ehrlos sterben. Ich werde ihn die Klippen hinunterstürzen. Einen besseren Tod hat der Sklave nicht verdient, denn er ist ein abscheulicher Zauberer. Ihr habt doch selbst das Mal am Bauch eures Sohnes gesehen - oder habt Ihr das schon vergessen? Dort drang sein Fluch in Martok ein und magische Würmer fressen nun sein Gedärm. Und da wollt Ihr ihn töten, als wäre er ein achtenswerter Feind auf dem Schlachtfeld? Ihr entehrt in eurer Trauer unsere Tradition, Weib. Seid froh, wenn ich Hantok gegenüber von eurer Anmaßung schweige.“
    Der Waffenmeister schob die verblüffte Frau einfach beiseite und schob Taiki vor sich her, ihn mit seinem Körper schützend. Er setzte den Jungen auf sein Pferd, das hinter dem Gebäude wartete, und sie verließen in aller Öffentlichkeit sicher die Siedlung.
    Der Säbel und die Fackel fielen aus Ladicis Händen. Die Schlange, diese verfluchte Giftschlange… wie hatt e sie ihr nur entwischen können? Hantok, dieser Schwächling, sollte doch an ihrem Biss sterben, nicht Martok! Mit steifen Schritten ging sie vor das Gebäude und fiel lautlos in Ohnmacht.
     
    Arik polterte erbost gegen das verschlossene Palisadentor, das die Sklaven über Nacht davon abhielt zu flüchten. Eigentlich wurde es vom Diensthabenden kurz vor Sonnenaufgang geöffnet, damit sie unter Bewachung auf die Felder und Weiden gehen konnten.
    „Macht auf! Verflucht noch mal, öffnet das Tor! Ich will zu Taiki! Er soll wenigstens ein vertrautes Gesicht sehen können, wenn er stirbt. Macht auf!“
    Doch vergebens. Diese Barbaren beachteten ihn einfach nicht. Erst weit nach Sonnenaufgang wurden die Sklaven aus der Umfriedung herausgelassen. Ihre Bitte, Taikis sterbliche Überreste beerdigen zu dürfen, wurde rüde abgewies en und die Wachen trieben sie unnötig grob zur Arbeit.
     
    Der Waffenmeister zügelte nach einstündigem Ritt sein Pferd und ließ den Jungen langsam hin unter gleiten. Taiki war so entkräftet von all der Aufregung, dass er wankte. Tock band dem schweißbedeckten Tier lockere Fußfesseln um, damit es grasen, sich aber nicht zu weit entfernen konnte. Er nahm Taiki nicht unfreundlich am Arm und führte ihn zu dem Versteck, wo er nach Mitternacht das Bündel versteckt hatte. Er wühlte kurz darin und holte einen Wasserschlauch und mehrere Teigtaschen und Obst heraus.
    „Hier. Iss und stärke dich. Du hast einen weiten Weg vor dir.“
    Gierig trank Taiki das kühle Wasser und biss dann herzhaft in die Teigtaschen, bis der letzte Krümel gegessen war. Während er das saftige Obst verspeiste, hörte er gebannt dem Waffenmeister zu.
    „Deine Mutter hat mir vor vielen Jahren das Leben gerettet, darum habe ich heute deines bewahrt.“
    Taiki stutzte. „Mutter Mali hat euch…?“
    „Nein, natürlich nicht die alte Mali. Denk doch mal nach, wie alt sie ist! Sie kann nicht deine leibliche Mutter sein. Haben sie es dir nie gesagt?“
    Tock war nach innengekehrt, als er nun weitersprach.
    „Deine Mutter war wunderschön. Wir haben sie vor etwa 17 Jahren in den Bergen entführt. Sie war mit mehreren Frauen von der Hochebene hinabgestiegen in das Tal, um dort Heilkräuter und Pilze und Flechten zu sammeln, die es nur dort gibt. Das Bergvolk war so arglos, dass es ihnen nicht mal Männerschutz mitgegeben hat. Das haben wir ausgenutzt und griffen uns die Frauen, die uns auf einem Erkundungsritt über den Weg liefen. Alle haben wir an Sklavenhändler mit gutem Gewinn verkauft, nur nicht deine Mutter. Sie war so wunderschön. Ihr Haar war wie deines schwarz und seidig. Du hast dieselben grünen Augen wie sie und auch ihre zarte Statur. Hantok nahm sie sich. Das ist sein Recht als Clanführer. Doch Ladici

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