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Die Drachenperle (German Edition)

Die Drachenperle (German Edition)

Titel: Die Drachenperle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlies Lüer
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Steppenpferden sein, aber es gibt eines, was sie fürchten: das Wasser! Kaum einer von ihnen kann schwimmen oder betritt freiwillig ein Boot oder fährt gar über See. Sie sind viel zu abergläubisch dafür. Und jetzt hast du ihnen etwas voraus!“ Leral erzählte lebhaft einige Witze über ins Wasser gefallene Beutereiter, die es fertigbrach ten, in Ufernähe zu ertrinken.
    Tarmin übte auch beharrlich mit Taiki eine andere Körperhaltung ein. „Junge, du magst es nicht bemerken, aber du verhältst dich immer noch wie ein Sklave, nimm mir meine Offenheit nicht übel. Du sprichst sehr leise, gehst mit gebeugten Schultern und richtest dich nie zu deiner vollen Größe auf. Das musst du unbedingt sein lassen, wenn du erst mal ohne uns unterwegs sein wirst. Und vor allem: Sieh deinem Gegenüber fest in die Augen!“
    Taiki wusste, sie meinten es gut mit ihm und er strengte sich an, alles zu lernen was sie ihm an Wissen anboten. Als Sedra mit Kinmor den Besuch beendet hatte, fand sie einen veränderten, fröhlicheren Taiki vor. Sie schaute prüfend ihren Mann an, der sie sehr selbstzufrieden begrüßte.
    „Taiki, ich habe dir abgelegte Kleidung von meinem ältesten Neffen mitgebracht. Die ist wenige r auffällig als dein gefärbtes Hordenleder.“
    „Danke, Sedra! Ihr seid alle so hilfreich.“ Taiki strahlte sie an, fasste Mut und umarmte sie kurz, aber heftig. Sie setzten die Fahrt auf dem ruhigen Fluss fort und trieben dem letzten Ziel entgegen.
     
    Wenige Tage später waren Taiki und Tarmin allein an Land unterwegs. Die Reise auf der Donn´aid war beendet. Es waren nur noch zwei Kisten auszuliefern, weder groß noch schwer. Taiki trug sein Bündel und Tarmin die Kisten unterm Arm.
    „Wie geht es jetzt mit euch weiter, Tarmin? Fahrt ihr noch weiter flussabwärts bis zum Delta?“
    „Nein, morgen geht es heim, flussaufwärts. Wir treideln zurück.“
    „Was meinst du damit? Was ist Treideln?“
    „Wir ziehen das Floß mit langen Tauen stromauf. Stromab treibt uns die Strömung. Aber da Mutter Fluss nur in einer Richtung fließen kann, müssen wir uns auf dem Rückweg eben selber anstrengen.“ Tarmin zwinkerte Taiki zu. „Zum Glück haben wir Benno dabei. Nichts im Kopf, aber mächtig was in Armen und Beinen. Er hat Kraft für drei, und mit Leral und mir zusammen können wir das leere Floß leicht ziehen.“
    Einträchtig gingen die Beiden nebeneinander durch die Flussaue in Richtung Wald. Dahinter lag das Dorf, wohin die letzte Fracht gebracht werden musste.
    „Und du weißt noch alles, was wir dir beigebracht haben, ja? Auch die Wegbeschreibung in die Berge? Versuche wenn möglich, dich einer Gruppe anzuschließen. Vielleicht triffst du ja auf Händler oder Reisende, die dich mitnehmen. Es gibt Wegelagerer, mit denen ist nicht gut Kirschen essen.“
    „Was sind Wegelagerer?“
    Tarmin stöhnte auf. „Du bist immer noch ein Baby. Das sind Gesetzlose, die sich in den Wäldern verbergen und harmlose Reisende überfallen. Sie rauben nicht nur, sie töten auch wenn sie schlecht gelaunt sind, und das sind sie meistens! Seit dem letzten Krieg sind viele verarmt, haben Haus und Hof verloren, ihre Familien… sie haben jetzt nichts mehr zu verlieren , außer ihr gotterbärmlich es Leben als Vogelfreie. Nimm dich in Acht, Taiki, bitte höre auf meine Warnung. Du bist uns ans Herz gewachsen.“
    Taiki blieb stehen.
    „Was ist?“
    „Der Wald.“ Taiki deutete nach vorn.
    „Was ist mit dem Wald?“
    „Sind dort auch Wegelagerer?“
    „Nein, du Schaf. Das ist nur ein Wäldchen und gleich dahinter ist das Dorf Walthershausen. Der Schultheiß erwartet mich.“
    Unversehens trat Tarmin in einen Kaninchenbau und fiel der Länge nach hin. Die Kisten flogen hoch durch die Luft und eine öffnete sich beim Aufprall.
    „Au verflucht, tut das weh. Mein Fußgelenk ist verletzt, hilf mir beim Aufstehen, Taiki!“
    Taiki zog Tarmin hoch und eilte dann zu den Kisten. Er sammelte den Inhalt ein, darunter eine versiegelte Schriftrolle. Er nahm sie auf und ging damit immer langsamer werdend zurück zum Flößer.
    „Tarmin, sieh nur, das Siegel ist gebrochen. Ist das schlimm?“
    „Ja! Der Schultheiß wird denken, dass ich es mutwillig gelesen habe, das ist schlimm. Meine Auftraggeber sind sehr misstrauisch. Dabei kann ich gar nicht lesen, aber ob er mir das glauben wird?“
    „Du kannst nicht lesen? Aber ich. Und Tarmin, sei froh, dass dir die Kiste aufgegangen ist. Du bist in Gefahr, ihr alle seid in größter Gefahr.“

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