Die Drachenperle (German Edition)
Fahrenden Volkes und aus Taiki bestanden. Es war schön gewesen, mit ihnen zu reisen , und das Glück war auf ihrer Seite gewesen. Die Passage durch den ausgedehnten Wolfswald gelang ohne unangenehme Vorkommnisse, insbesondere waren sie nicht auf Vogelfreie gestoßen.
Die gemeinsamen Abende am Lagerfeuer waren das Schönste , was Taiki, seit sein neues Leben als freier Mann begonnen hatte, bisher erlebt hatte. Die Musik der Fahrenden, das fröhliche Lachen, die Kameradschaft. Alles war ihm Seelennahrung. Kiri, die Tochter des ältesten Gauklers, war in Taikis Augen die Gestalt gewordene Anmut, lebende Musik… ihr Tanz hatte ihn verzaubert. Wenn sie ihre Hüften kreisen und zittern ließ, klimperten eifrig die Metallplättchen ihres bunten Gürtels und füg ten ihre eigene Musik dazu. Jede einzelne Bewegung ihres Körpers untermalte die Sinnlichkeit dieses faszinierenden Tanzstils. Kiri drückte gekonnt bis in die Fingerspitzen Gefühle, weibliche Kraft und Hingabe an die Musik aus. Als Taiki sie das erste Mal um das Feuer tanzen sah, fühlte er sich in eine andere Welt versetzt und wünschte sich, dieser Moment würde nie enden. Er war bis über beide Ohren verliebt. Sein intensives Schauen hätten die Gaukler als aufdringlich oder unhöflich auffassen können, doch lebenserfahren wie sie waren, erkannten sie bald, dass er nicht respektlos war, sondern schlicht ein ganz junger, von seinen Empfindungen überwältigter Mann, wohl ein Hinterwäldler, der noch nicht viel von der Welt zu sehen bekommen hatte.
Taiki wollte sich jetzt noch etwas Zeit lassen und seine Gedanken ordnen, bevor er in die Stadt ging , um sich ein Quartier zu nehmen und dann nach seiner Familie zu suchen. Darum hatte er sich schon vor den Toren von der Reisegruppe getrennt. Er war innerlich aufgewühlt, war sich unsicher , wie er vorgehen sollte.
Vorerst genoss Taiki einfach eine Zeit des Alleinseins inmitten der herrlichen Natur. Er ließ seinen Geist wieder spielerisch mit den Wolken reisen, tauchte mittels seiner Vorstellungskraft in das lose Wassergewebe der Wolken ein, schwamm darin und blickte auf die Erde hinunter. Der Duft der Lilien auf der Bergwiese, auf der er lag, weckte Erinnerungen. An eine unwirkliche Lichtung in einem Wald, an eine geisterhafte Frauengestalt, die zärtlich zu ihm sprach. War das wirklich nur ein Traum gewesen? Taiki meinte sich erinnern zu können, wie er es wahrhaftig körperlich gefühlt hatte , wie ein golden schimmernder Lichtkegel i hn durch die Luft trug . Und hatte dieses Licht nicht auch zu ihm gesprochen, so wie die Frau? War da nicht auch was mit einem Feuer gewesen? Eines , das nicht brannte, sondern wohlig wärmte? Bei diesem Gedanken fühlte Taiki unter seinen Händen ein warmes Gefieder und meinte für einen Moment, auf einem schimmernden Riesenvogel rittlings zu sitzen und zu fliegen.
Lachend richtete er sich auf. Diese Lilien und die Bergluft hatten wohl einen seltsamen Einfluss auf ihn, der Duft war so hypnotisch! Auf was für Gedanken er wieder kam! Aber dieses Gefühl ließ nicht locker. Diese Erinnerungen, diese Träume die er manchmal hatte – er spürte die Bedeutung mehr , als dass er sie mit dem Verstand erfassen konnte. Und was war mit der Zeichnung, die er Nona gezeigt hatte? Wäre dieses Geschöpf plötzlich neben ihm jetzt aufgetaucht, er hätte es als real und natürlich empfunden, so real wie die Lilien in der Wiese und die Stadt, d ie er vom Hang aus betrachtete . Taiki rieb mit den Händen über sein Gesicht. Er musste endlich einen Plan machen. Es schien ihm sinnlos zu sein, aufs Geratewohl die Bürger zu befragen, ob sie eine Familie kennen würden, die vor 17 Jahren ein e erwachsene Tochter verloren ha tte. Andererseits, irgendwo musste er einen Anfang machen. Wenn hier doch nur jemand wäre, der ihm raten könnte. Was hät te Arik an seiner Stelle getan ? Oder Darihd und Mirkat? Wie hätten sie sich in gleicher Lage verhalten? Taiki machte seinen Kopf leer und ließ sich wieder mit den Wolken treiben. Die Stille, die nur vom Zirpen einiger Grashüpfer unterbrochen wurde, lockte bald schon eine weitere Erinnerung in ihm hervor: Gehe wohin dein Herz dich trägt und achte auf Zeichen. Wer hatte das schon ein mal zu ihm gesagt? Und wann? Nun, dieser Rat war der einzige, den er hatte. Er wollte sein Glück damit versuchen.
Jolim liebte und respektierte seine Herrin zutiefst. Seit mehr als 40 Jahren stand er zufrieden in ihren Diensten. Sie war die Beste ihrer Zunft, die
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