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Die Drachenperle (German Edition)

Die Drachenperle (German Edition)

Titel: Die Drachenperle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlies Lüer
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dass ihr Lächeln nicht von Herzen kam. Von wegen Mitgefühl, dachte Mareika hämisch. Wenn du wüsstest, dass ich selbst ihm den Flügel gebrochen habe, damit du was zum Heilen hast.
     
    Als es Abend wurde, tischten Jolim, der Diener und Ingay, die Köchin, das Nachtmahl auf. Lydia erschien am gedeckten Tisch, was Mareika wortlos zur Kenntnis nahm. Taiki hatte sich der steifen Leinenkleidung entledigt und trug wieder seine bequemen Wildlederhosen und einen hüftlangen, mit Färberwaid gefärbten Kittel darüber, den er locker gegürtet hatte.
    Ingay hatte ein würziges Wildgulasch gekocht und reichte dazu dicke Brotscheiben. Zum Nachtisch gab es die ersten Kirschen, die aus dem tieferliegenden Tal stammten und auf dem Markt verkauft wurden.
    „Warum isst du nur Brot und Obst? Schmeckt dir das Fleisch nicht?“ Mareika schaute ihren Urenkel missbilligend an.
    „Ich esse nie Fleisch, nur hin und wieder Fisch. Gemüse, Obst, Käse und Getreide dafür umso lieber.“
    „Was für ein Unsinn! Ein Mann muss Fleisch essen, wie soll er sonst bei Kräften bleiben?“
    Taiki ließ sich die Bevormundung nicht gefallen. Aus einem für ihn nicht erkennbaren Grund spürte er jetzt eine deutliche Abneigung gegen die alte Frau.
    „Hör zu! Du selbst hast gestern gesagt, ich sei der Mann im Haus, der Herr und Erbe. Also mach mir keine Vorschriften. Ingay, ab sofort wünsche ich jeden Tag ein fleischloses Gericht, zusätzlich zu dem, was du für die Frauen des Hauses zu kochen gewohnt bist. Außerdem tischst du mir keinen Wein auf, auch kein Bier. Das vertrage ich nämlich nicht.“ Taiki hatte erstmals am Lagerfeuer mit den Händlern und Gauklern Alkohol getrunken, was ihm gar nicht gut bekommen war.
    „Ja, Herr.“ Ingay knickste. „Hat der Herr noch weitere Wünsche?“
    „Ja, in der Tat. Ab sofort kümmere ich mich auch um den Garten, die Ziegen und die Schafe.“

Mar eika fauchte ihn an. „Niemals! Du wirst hier keine Dienstbotenarbeit verrichten!“
    Taiki funkelte sie herausfordernd an. „Ich tu was mir gefällt.“
    An der Wand hinter Mareika krabbelte n drei fette, schwarze Spinne n . Lydia sah, wie diese zielstrebig über den Holzfußboden auf den Stuhl ihrer Mutter zukrabbelte, um sich dann in einer Falte ihres Gewandes zu verstecken.
    „Gleiches zu Gleichem“ dachte Lydia ungerührt.
     
    Am nächsten Morgen verspürte Taiki den Drang , aus dem Haus herauszukommen. Noch vor dem Frühstück hackte er im Hanggarten die Erde locker. Die Sonnentage der letzten Zeit hatten die Erdkrume trocknen lassen. Am Nachmittag würde es regnen, da war er sich sicher. Darum war es so wichtig zu hacken. Die Pflanzen brauchten das Wasser. Durch die Hanglage war es umso nötiger, dass der Regen leicht in den Boden einsickern konnte. Auf ausgetrockneter Erde würde er nur abperlen. Als Jolim ihn zum Frühstück ins Haus holen wollte, verlangte Taiki, dass er ihm ein Honigbrot und ein Glas Milch zur Gartenbank bringen soll. „Wenn es deine Pflichten erlauben, dann setze dich ein wenig zu mir. Ich möchte dich einiges fragen.“
    Jolim setzte sich mit einem respektvollen Abstand zu ihm auf die Gartenbank und war gespannt, was sein neuer Herr von ihm wissen wollte.
    „Morgen ist doch diese Zurschaustellung der Macht der Heiler auf dem Sommerfest. Was kannst du mir darüber sagen?“
    „Wollt ihr nicht die ehrwürdige Mareika dazu befragen?“
    „Nein. Ich frage dich. “
    „Nun, was kann ich dazu sagen? Dieses hohe Ereignis findet nur alle 21 Jahre statt. Der Oberste Tempellehrer nimmt den neuen Meisterschüler an, bildet ihn 20 Jahre lang aus und im 21. Jahr führt er ihn Schritt für Schritt in die Pflichten des Obersten Lehrers ein. Er selbst tritt dann aus dem Dienst aus. Sein Nachfolger nimmt sich einen neuen Meisterschüler, der seine Macht öffentlich unter Beweis stellen muss und bildet ihn dann 20 Jahre lang aus und so weiter, und so fort. Es ist Tradition so. Seit Jahrhunderten schon, sagt man.“
    „Welcher Art ist die Machtdemonstration?
    „Die willentliche Keimung des Kornes , “ antwortete Jolim mit Ehrfurcht in der Stimme.
    „Ah! Darum war meine Urgroßmutter so erpicht darauf, dass ich ihr es vorführe.“
    „Vier Jahre bevor eure Mutter Aurelia uns verloren ging, wurde der letzte Meisterschüler ernannt. Ein entfernte r Verwandter von euch. Es ist immer ein großes Ereignis und der Höhepunkt des Sommerfestes. Dann versammeln sich in der Stadt die Gaukler und Musikanten des Landes. Die Wirtshäuser und

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