Die Drachenperle (German Edition)
Trank und Taiki ermunterte seinen Reisegefährten, sich das Beste zu bestellen. Er selbst aß Käse, Brot und Obst und ließ sich noch einige hartgekochte Eier dazu geben, die mit einer mildwürzigen Kräutersoße übergossen waren.
„Du hättest mal die Gesichter von meiner Urgroßmutter und Großmutter sehen sollen, als ich ihnen klarmachte, dass ich kein Fleisch esse!“ , lachte Taiki. „Und der Diener Jolim, ein feiner Kerl übrigens, hatte mich am Tag meiner Ankunft angerempelt, oder ich ihn, keine Ahnung. Jedenfalls habe ich ihm dabei kräftig auf den Fuß getreten und später ist er mir heimlich gefolgt. Ich dachte, er will mir Böses oder Vergeltung für den Tritt. Dabei war es so, dass er von meiner Urgroßmutter Mareika ausgesandt worden war, mich zu suchen. Unglaublich, oder? Obwohl er mich nicht kannte und nicht mal an meine Existenz glaubte, fand er mich später in der Stadt wieder. Ich habe ihn in eine Gasse gelockt und mit meinem Messer bedroht, das musst du dir mal vorstellen, Bartholo. Und dabei war er derjenige, der mich zu meiner Familie führen würde. Ich kann immer noch nicht begreifen, wie alles sich fügte. Solche Zufälle kann es doch nicht geben!“
„Sind sie denn gut zu dir?“
„Ja, sie haben mich in allen Ehren in die Familie aufgenommen. Ich bin jetzt der Mann im Haus und der Erbe. Leider leben nur noch Großmutter Lydia und meine Urgroßmutter Mareika. Im Haus sind noch Jolim, Diener und Mädchen für alles, und eine Köchin namens Ingay. Ich glaube, sie liebt Jolim und er sie. Und dann ist da noch eine kleine Kammerzofe, die ich aber kaum zu Gesicht bekommen habe. Vermutlich eine Tempelschülerin, die zum Dienst bei der Ehrwürdigen des Hohen Rates abkommandiert wurde. Ich bin mir nicht sicher, ob das eine Auszeichnung oder eine Strafe sein soll.“
„Momentmal – die Alte Ehrwürdige des Tempels ist deine Großmutter?“
„Nein, meine Urgroßmutter.“
„Ich fass´ es nich´“ , nuschelte der Gaukler mit vollem Mund. Das köstliche Fett der Schweinshaxe lief ihm übers Kinn. „Dann bist du jetzt ein steinreicher mächtiger Mann! Ist dir das eigentlich klar, mein Bester? Es wird gemunkelt, der Alten gehöre fast die halbe Stadt.“
Taiki zuckte mit den Schultern.
„Wie geht es Kiri?“ , fragte er betont beiläufig und widmete sich konzentriert den Eiern mit Kräutern.
Bartholo, der ein schlauer Fuchs war, erwähnte ebenso beiläufig, dass die schöne Kiri unter der schlechten Unterkunft doch etwas leide und nicht wirklich wohlauf sei. Sie wäre traurig, dass ihr das Glück verwehrt sei, in einem richtigen Bett zu schlafen. Vor allem mache ihr dieser Husten so sehr zu schaffen. Sein Tischgenosse reagierte so, wie der Gaukler es sich erhofft hatte.
Am frühen Abend , als ein sanfter Regen niederfiel, kehrte Taiki müde, aber zufrieden aus der Stadt zurück und verkündete der Dienerschaft: „Heute Abend noch bekommen wir einen Gast zum Essen. Richtet auch ein Bett und ein warmes Bad für sie her!“
Bartholo und der alte Dorian, der Anführer der Gauklertruppe, begleiteten Kiri nach Sonnenuntergang zum Anwesen der Heilerin. Sie kamen nur langsam voran, weil das Mädchen sehr müde war. Das Tanzen verlangte ihr viel ab. Zu viel. Seit einigen Wochen plagte sie ein Husten und ihr war ständig zu warm, aber si e fieberte auch nicht wirklich.
„Also , Kiri, du weißt worauf es ankommt, ja? Ich will, dass du diesen Jungen für dich einnimmst. Verzaubere ihn mit deinem Liebreiz und geh´ meinetwegen auch mit ihm ins Bett, wenn´s denn sein muss. Entweder bringst du ihn als Sänger für unsere Truppe mit, oder aber du machst im Haus lange Finger. Und keine Widerrede! Du weißt, was du mir schulde st, nicht wahr meine Teuerste?“
Dorians Stimme hatte einen ganz leisen, drohenden Unterton, den Kiri, seit er sie als kleines, verwaistest Kind am Wegesrand aufgelesen hatte, immer wieder mal zu hören bekam. Seit sie erwachsen war, rührte sich in ihr durchaus Widerstand gegen seine Bevormundung, aber andererseits war sie auch vom Schutz der Gauklertruppe abhängig. Junge Tänzerinnen überlebten nicht lange, wenn sie allein durchs Land zogen. Oder sie gerieten an noch schlechtere Herren, kamen vom Regen in die Traufe. Und sie konnte doch nichts anderes als Tanzen! Und momentan hatte sie eh keine Kraft, sich gegen seinen Willen zu wehren. Der vermaledeite Husten machte sie schwach. Gestern erst musste sie den Schlangentanz auf dem Marktplatz wegen eines Hustenanfalls
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