Die Drachenreiter von Pern 01 - Die Welt der Drachen
ein wilder Dämon.
Lessas Wille siegte. Sie zwang Ramoth zum Gehorsam. Die Drachenkönigin beugte sich fauchend über den getöteten Bock und riss ihm die Halsschlagader auf.
»Achtung! flüsterte F'nor. Lessa hatte den braunen Reiter völlig vergessen.
Ramoth stieg mit Gekreische auf und stieß mit unglaublicher Schnelligkeit auf das nächste Tier zu. Wieder versuchte sie, das Fleisch zu verschlingen, und wieder setzte Lessa ihre Willenskraft ein. Ramoth begnügte sich zögernd mit dem Blut des Opfers.
Beim dritten Mal wehrte sie sich nicht mehr gegen Lessas Befehle. Das Blut hatte ihre Instinkte geweckt. Sie wusste nun, was sie tun musste: weit, weit fort vom Weyr fliegen, fort von den winzigen flügellosen Geschöpfen, fort von den Bronzedrachen, die sie verfolgten.
Der Dracheninstinkt war auf den Augenblick beschränkt; er ließ sich nicht vorausberechnen oder steuern. Diese Tätigkeiten hatte der Mensch übernommen.
Lessa sang lautlos vor sich hin.
Ramoth warf sich auf den vierten Bock und sog ihn ohne Zögern aus. Stille hatte sich im Weyr verbreitet. Man hörte nichts außer dem gierigen Schmatzen der Drachenkönigin und dem hohen Wimmern des Windes.
Ramoths Haut begann zu glänzen. Sie hob den Kopf und leckte das Blut von der Schnauze. Dann streckte sie sich. Die Bronzedrachen, die um die Futterstelle kreisten, begannen erwartungsvoll zu summen. Mit einer plötzlichen Bewegung schnellte Ramoth in die Luft. Ihre Flügel waren ausgebreitet; unglaublich kraftvoll stieg sie auf. Sieben Bronzedrachen folgten ihr. Die schweren Schwingen wirbelten Staub und Sand hoch.
Lessa spürte, dass ihr Inneres mit Ramoth fortgetragen wurde.
»Bleiben Sie bei ihr«, flüsterte F'nor drängend. »Bleiben Sie bei ihr! Sie darf Ihnen jetzt nicht entkommen.«
Er verließ Lessa und mischte sich unter das Weyrvolk, das wie gebannt zum Himmel starrte, wo die Drachen als winzige Tupfen zu erkennen waren.
Lessa begleitete Ramoth. Sie besaß grenzenlose Macht, ihre Flügel trugen sie ohne Mühe höher, immer höher, und Stolz erfüllte sie, Stolz und Verlangen.
Sie spürte, dass die großen Bronzedrachen sie verfolgten. Sie verachtete sie. Niemand konnte sie, die Königin, besiegen.
Sie wandte den Kopf nach hinten und forderte sie durch schrilles Hohngeschrei heraus. Hoch über ihnen schwebte sie. Unvermittelt zog sie die Flügel an und ließ sich in die Tiefe fallen. Die Bronzedrachen wichen hastig zur Seite aus.
Einer blieb erschöpft zurück. Sie rief ihm ihren Spott nach. Bald danach schied ein zweiter aus. Und Ramoth spielte mit ihnen, sie flog hierhin und dorthin, stieg in Schwindelerregende Höhen und sauste wie ein Stein nach unten. Manchmal vergaß sie bei ihrem berauschenden Spiel die Nähe der Verfolger.
Als sie endlich wieder nach den Bronzedrachen Ausschau hielt, stellte sie mit Verachtung fest, dass nur noch drei Tiere in der Nähe waren - Mnementh, Orth und Hath.
Sie glitt tiefer, quälte sie, freute sich über ihren langsamen Flügelschlag. Hath konnte sie nicht ausstehen. Orth? Orth war kräftig und jung. Sie schob sich zwischen ihn und Mnementh.
Als sie an Mnementh vorbeizog, schloss er plötzlich die Flügel und ließ sich nach unten fallen, bis er neben ihr war. Verwirrt wollte sie fliehen, aber er flog so nahe, dass sie die Schwingen nicht ausbreiten konnte. Er umschlang sie mit seinem biegsamen Hals.
Gemeinsam senkten sie sich, getragen von Mnemenths starken Flügeln. Verängstigt durch den raschen Fall breitete auch Ramoth die Flügel aus. Und dann …
Lessa wurde von Schwindel erfasst. Sie tastete blindlings nach einer Stütze. Jeder Nerv ihres Körpers zuckte.
»Nicht ohnmächtig werden, du Närrin! Bleibe bei ihr'« F'Iar umfasste sie. Lessa öffnete mühsam die Augen. Sie sah die Wände ihrer Schlafkammer. Verwirrt schüttelte sie den Kopf. Ihre Fingernagel gruben sich in F'lars nackte Haut.
»Hol sie zurück!«
»Wie denn?« rief sie keuchend. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass Ramoth ihre herrliche Freiheit jemals aufgeben würde.
F'lar schlug ihr mit der flachen Hand ins Gesicht. Seine Augen leuchteten wie im Fieber, und sein Mund war verzerrt.
»Lass sie nicht los! Sie darf nicht ins Dazwischen gehen! Bleibe bei ihr!«
Angst stieg in Lessa auf, die Angst, Ramoth zu verlieren. Sie suchte nach der Drachenkönigin, die immer noch von Mnementh umschlungen wurde.
Die Leidenschaft der beiden Drachen drang mit ganzer Gewalt auf Lessa ein. Stöhnend klammerte sie sich an F'Iar. Sie
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