Die Drachenreiter von Pern 06 - Drachentrommeln
zu und wandte sich dann an Meister Robinton.
»Es geht ihm einigermaßen gut, obwohl das an ein wahres Wunder grenzt!«
Wieder hob sie Piemurs Stiefel hoch.
»Jemand hat die Stufen zu den Trommlerhöhen eingefettet. Piemur ist gestürzt und hat eine Reihe von Prellungen und Schürfwunden davongetragen, dazu eine Gehirnerschütterung und ganz sicher einen schweren Schock …«
»Wie lange wird er wohl ausfallen?«
Silvina spürte die Nervosität hinter der Frage des Harfners und warf ihm einen forschenden Blick zu.
»Einige Tage Bettruhe, und er hat das Schlimmste überstanden. Aber damit meine ich absolute Bettruhe!«
Sie verschränkte die Arme, um ihrer Aussage Gewicht zu verleihen, und deutete dann auf die geschlossene Tür des Krankenzimmers.
»Hier unten und nicht bei diesen mordgierigen Bengeln droben auf den Trommelhöhen!«
»Mordgierig?« fuhr Dirzan empört auf.
»Er hätte bei dem Sturz tot sein können! Sie wissen, wie Piemur die Treppen zu nehmen pflegt!« entgegnete sie und bedachte den Gesellen mit einem eisigen Blick.
»Aber – aber weder auf den Stufen noch auf dem Geländer war eine Spur von Fett. Ich habe selbst nachgesehen.«
»Es war alles zu sauber«, murmelte Rokayas und handelte sich einen tadelnden Blick von Dirzan ein, »viel zu sauber!«
Er wandte sich an Silvina: »Piemur wurde ganz offensichtlich von den anderen gemieden, weil er zu rasch lernt.«
»Und alles ausplaudert, was er hört!« setzte Dirzan heftig hinzu. Er schien immer noch davon überzeugt, daß Piemur selbst die Schuld an diesem »Unfall« trug.
»Piemur – niemals!« entgegneten Menolly und Silvina wie aus einem Mund.
Dirzan rang einen Moment lang nach Luft.
»Es kamen ein paar streng geheime Nachrichten herein, über die kurz darauf in der Halle getuschelt wurde. Jeder weiß, wie gern Piemur in fremden Angelegenheiten herumschnüffelt!«
»Mag sein«, erklärte Silvina und legte Menolly beschwichtigend die Hand auf den Arm. »Mag sein, daß er viel sieht und hört, was anderen entgeht – aber er plaudert nichts aus. Und in jüngster Zeit hat er kaum den Mund aufgemacht – obwohl ihm die Lehrlinge auf den Trommelhöhen übel mitspielten und er allen Grund zur Beschwerde hatte! Es gibt Dinge, die man nicht mehr als Lausbubenstreiche bezeichnen kann!«
Dirzan wurde unter ihrem ruhigen Blick unsicher und schaute hilfesuchend den Meisterharfner an.
»Welche Trommelrhythmen hat Piemur unter Ihrer Anleitung gelernt?« erkundigte sich der Gildemeister ausdruckslos.
»Also … ich … er hat sich alle Schlagfolgen gemerkt, die ich ihm zu lernen gab.«
Dirzan stockte und fügte dann zögernd hinzu: »Er scheint eine ausgesprochene Begabung für diese Rhythmen zu besitzen. Obwohl er natürlich sonst nicht viel zu tun hatte – außer gelegentlichen Botengängen und Wachdiensten.« Er schien bei Rokayas Bestätigung zu suchen.
»Ich würde sagen, daß Piemur mehr kann, als er zugibt«, meinte Rokayas gedehnt.
»Das sähe Piemur ähnlich«, lachte Menolly. Sie wandte sich an Silvina: »Soll ich eine Weile bei ihm bleiben?«
»Nicht nötig. Ich sehe von Zeit zu Zeit selbst nach ihm. Wichtig ist nur, daß er jetzt Ruhe hat.«
»Rocky könnte ihm Gesellschaft leisten«, sagte Menolly. Die kleine Bronze-Echse flatterte herein und zeterte besorgt.
»Ein guter Gedanke.« Silvina nickte. »Ja, ein sehr guter Gedanke.«
Die anderen beobachteten, wie Menolly der kleinen Echse einschärfte, bei Piemur zu bleiben und gut auf ihn zu achten. Dann öffnete sie die Tür zum Krankenzimmer einen Spalt, und Rocky ließ sich am Fußende des Bettes nieder, die Augen fest auf das blasse Gesicht des Jungen gerichtet.
»Rokayas, helfen Sie bitte Menolly, Piemurs Habseligkeiten von den Trommelhöhen herunterzuholen!« meinte der Harfner. Seine Stimme klang freundlich wie immer, aber Dirzan konnte seiner Miene entnehmen, daß Piemur eine größere Bedeutung hatte als er vermutete.
Dirzan bot Rokayas seine Hilfe an und erhielt eine Absage; er wandte sich an Menolly und erntete auch hier nur einen kühlen Blick. Von da an schwieg er, aber die tiefen Linien zwischen Nase und Mundwinkel sowie seine düster gerunzelte Stirn kündeten nichts Gutes für die Lehrlinge, die ihn in diese wenig beneidenswerte Lage gebracht hatten. Und als er für die Zeit des Festes unvermutet den Wachdienst übernehmen mußte, wußte er, weshalb.
Er hütete sich allerdings, Piemur die Schuld daran zu geben.
Sobald Menolly und die anderen Gesellen
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