Die Drachenreiter von Pern 06 - Drachentrommeln
hineinkroch, überlegte er, wie in aller Welt er den Sack von innen wieder verschließen sollte. In diesem Moment gab die Seitennaht unter seinen tastenden Händen nach. Piemur lächelte erleichtert. Er zog den Faden noch ein Stück weiter auf, kroch ins Freie und band den Sack oben wieder zu. Dann schlüpfte er von neuem durch die Öffnung und begann, die Seitennaht zu schließen. Das sah nicht besonders ordentlich aus, aber einer oberflächlichen Inspektion hielt die Naht sicher stand. Seine Finger fühlten sich ganz steif an, als er den Faden endlich durch die Löcher gezogen und verknotet hatte. Er befand sich in einem Sack mit Stoffballen, und trotz der Enge gelang es ihm, ein Plätzchen auszuhöhlen, wo er und das Ei von allen Seiten durch das weiche Material geschützt waren.
Erschöpfung Übermannte ihn; dazu kam die schlechte Luft in dem engen Sack. Immer wieder fielen ihm die Augen zu, und schließlich gab er der Müdigkeit nach.
Er wachte kurz auf, als Schlüssel klapperten und jemand die Tür aufriß. Aber die Suche dauerte nicht lange, denn der Burgverwalter beharrte darauf, daß die Vorratskammern vom Morgen an versperrt gewesen seien, und drohte jedem, der es wagen sollte, die kostbaren Stoffballen mit Stangen oder Speeren zu beschädigen, die finstere Rache des Burgherrn an.
Die Tür wurde geschlossen und von außen zugesperrt.
Piemur schlief erneut ein. Er konnte später nicht sagen, ob er wirklich etwas gehört oder den Lärm nur geträumt hatte. Er merkte weder, daß er mitsamt dem Sack verladen wurde, noch spürte er die Kälte im Dazwischen. Was ihn weckte, war das entsetzliche Gefühl, daß er keine Luft bekam, dazu eine ungewohnte Hitze, die ihm den Schweiß aus allen Poren brechen ließ.
Keuchend zerrte er an dem Faden der Seitennaht. Seine Hände waren glitschig, und der Schweiß brannte ihm in den Augen.
Selbst nachdem er ein winziges Loch in den Sack gerissen hatte, konnte er kaum atmen. Die Angst vor dem Ersticken ließ ihn leise schluchzen. Er dachte nicht einmal mehr an das Echsen-Ei, als er sich durch die enge Öffnung ins Freie zwängte. Er entdeckte, daß er sich in einer winzigen Höhlung befand, umgeben von vielen Säcken. Die Hitze war unerträglich, aber seine Vernunft gewann wieder die Oberhand, und er horchte angespannt. Kein Laut war zu vernehmen; es roch nach sonnenwarmen Stoffen und Lederhäuten, nach Metall und dem säuerlichen Aroma von verschüttetem Wein.
Als er versuchte, den nächstgelegenen Sack beiseite zu drücken, gelang ihm das nicht. Er tastete nach dem Inhalt – schweres Metall. Der Sack, der über ihm lag, war leichter. Er schubste ihn weg, und ein Schwall kühlerer Luft belohnte seine Mühe. Piemur atmete tief durch und wartete, bis das rasende Pochen in seinen Schläfen nachgelassen hatte.
Unvermittelt fiel ihm das kostbare Ei ein. Er tastete nach den Lumpen, mit denen es umwickelt war. Es wirkte unbeschädigt, aber er hatte nicht genügend Platz, um es herauszuholen und zu untersuchen. Ein zweiter Schubs gegen den Sack, der ihm die Sicht versperrte – doch das Ding rührte sich nicht. Piemur stemmte beide Schultern gegen den Behälter mit den schweren Metallgegenständen, winkelte die Knie an und stieß die Füße mit aller Kraft nach oben. Der Sack rollte ein Stück zur Seite, und nun sah er einen Himmelsspalt von so leuchtendem Blau, daß ihm der Atem stockte.
Erst in diesem Moment erkannte er, daß er sich nicht mehr auf Nabol befand. Daß die Hitze nicht auf den ungelüfteten Lagerraum hinter Merons Küche zurückzuführen war, sondern auf die Sonne, die vom Himmel des Südkontinents herunterbrannte.
Sobald er wieder richtig durchatmen konnte, kamen ihm diese Beschwerden zu Bewußtsein: Sein Mund war wie ausgedörrt, sein Magen knurrte heftig, und bohrende Kopfschmerzen setzten ihm zu.
Er schob sich etwas höher und rückte den Sack wieder ein kleines Stück zur Seite. Dann mußte er eine Pause einlegen, im war schwarz vor den Augen, und die Kleider klebten ihm Leib. Endlich hatte er sich genug Platz geschaffen, um einen Blick auf das Ei zu werfen, und er holte das Bündel mit zitternden Fingern unter seinem Hemd hervor. Die Schale fühlte sich warm an, beinahe heiß, und er machte sich Sorgen, ob es vielleicht überhitzt war.
Hatte Menolly je über die Temperaturen gesprochen, die man zum Ausbrüten von Echsen-Eiern benötigte? Aber ganz sicher waren Sandstrände, die in der prallen Sonne lagen, heißer als seine Körperwärme. Er konnte
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