Die Drachenreiter von Pern 08 - Nerilkas Abenteuer
verdammten Lager…«
In diesem Moment wußte ich, wohin ich gehen würde, wenn ich die Burg verließ, und ich wußte auch, wie ich die Schande, die mein Vater über die Familie gebracht hatte, wieder tilgen konnte.
»Meister Capiam.« Ich trat aus dem Schatten. »Ich besitze die Schlüssel zu den Vorratsräumen.«
»Aber wie…?« Tirone beugte sich vor und musterte meine Züge. Er kannte mich ebensowenig wie Meister Capiam, aber ihnen war wohl klar, daß ich zur ›Fort-Horde‹ gehörte.
»Baron Tolocamp machte seinen Standpunkt bereits klar, als der Hilferuf nach Arzneien hier eintraf. Aber einen Großteil der Pflanzen und Kräuter habe ich gesammelt und zubereitet.«
»Lady?« Capiam wartete darauf, daß ich meinen Namen nannte. Seine Stimme klang sanft und freundlich.
»Nerilka«, sagte ich hastig. »Es ist mein Recht, Ihnen die Früchte meiner Arbeit anzubieten.« Tirone schien zu begreifen, daß ich an der Tür gehorcht hatte, aber das war mir gleichgültig. »Allerdings stelle ich eine Bedingung.« Ich ließ die Schlüssel durch die Finger gleiten.
»Wenn ich sie erfüllen kann«, meinte Capiam vorsichtig.
»Ich möchte die Burg mit Ihnen verlassen und die Kranken in diesem schrecklichen Lazarett vor den Toren von Fort pflegen. Ich bin geimpft. Baron Tolocamp war an jenem Tag ungemein großzügig. Aber wie dem auch sei, ich habe keine Lust mehr, in einer Burg zu leben, in der mich ein Mädchen, das jünger ist als ich, als billige Arbeitskraft auszunützen versucht. Sie und ihre Familie durften die Burg betreten, während die Heiler und Harfner da draußen starben.« Beinahe hätte ich hinzugefügt: ›So wie er meine Mutter und meine Schwestern auf Ruatha sterben ließ!‹ Statt dessen faßte ich Capiam leicht am Ärmel.
»Hier entlang, rasch!«
Ich wußte, daß Tolocamp sich bald von seinem Schock erholen und dann nach Barndy oder einem meiner Brüder rufen würde.
»Ich werde inzwischen unsere Gildenangehörigen verständigen und mit ihnen die Burg verlassen«, sagte Tirone. Er wandte sich ab und ging über den Hof.
»Junge Frau, sind Sie sich über die Folgen dieses Schrittes im klaren? Wenn Sie die Burg ohne Erlaubnis Ihres Vaters verlassen, besonders jetzt, da seine Stimmung mehr als gereizt ist…«
»Meister Capiam, ich bezweifle, daß er mein Verschwinden überhaupt bemerkt«, unterbrach ich ihn. Vielleicht hatte sogar er Anella gesagt, daß ich Nalka hieße. »Vorsicht, die Stufen sind sehr steil!« warnte ich, als mir einfiel, daß es der Meisterheiler nicht gewöhnt war, Hintertreppen zu benutzen. Ich entfachte eine Handlampe.
Capiam stolperte einige Male, während wir die gewundene Treppe hinunterstiegen, und ich hörte seinen erleichterten Seufzer, als wir endlich den breiteren Gang zu den Vorratsräumen erreicht hatten. Sim und zwei andere Knechte saßen mit unbewegten Mienen auf der Holzbank neben der Tür.
»Ihr seid pünktlich, wie ich sehe.« Sim hatte wohl nicht damit gerechnet, hier dem Meisterheiler zu begegnen, und ich nickte ihm beruhigend zu. »Vater schätzt Pünktlichkeit.« Mit diesen Worten sperrte ich die Tür auf.
Ich ging voraus und machte Licht. Meister Capiam tat einen erstaunten Ausruf, als er den Raum erkannte, in dem er und meine Mutter oft die Kranken der Burg behandelt hatten. Ich betrat den Vorratsraum.
»Sehen Sie, Meister Capiam! Das sind die Früchte meiner Arbeit, seit ich alt genug war, Blätter und Blüten zu pflücken oder Wurzeln und Knollen auszugraben.
Ich will nicht behaupten, daß ich jedes einzelne Regal bis an den Rand gefüllt habe, aber meine Schwestern würden mir ihren Anteil nicht verweigern, wenn sie noch lebten. Leider sind nicht mehr alle dieser Schätze zu gebrauchen, selbst Kräuter und Wurzeln verlieren mit der Zeit ihre Heilkraft. Nur die Tunnelschlangen werden fett von dem Zeug.« Ich hatte das Rascheln gehört, als ich die Leuchtkörbe ansteckte und die lästigen Schmarotzer die Flucht ergriffen. »Sim, verteil die Joche, die dort drüben in der Ecke liegen!« Ich hob meine Stimme, denn meine vorangegangenen Worte waren nur für den Meisterheiler bestimmt gewesen. Er sollte nicht den Eindruck erhalten, daß er unsere Burg um lebensnotwendige Dinge beraubte. »Ihr schafft zuerst die Ballen ins Freie.« Sie gehorchten, und ich wandte mich Meister Capiam zu. »Darf ich Ihnen den Fellissaft anvertrauen? Ich nehme das da.« Ich packte den zweiten Glasballon an der Trageschlaufe und schlang ihn mir über die Schulter. »Ich habe
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