Die Drachenreiter von Pern 08 - Nerilkas Abenteuer
befestigten, daß sie nicht aneinanderschlagen konnten.
Ich hatte mich noch nie so lange in unmittelbarer Nähe eines Drachen aufgehalten. Drachen besitzen eine warme, sehr glatte weiche Haut, die einen würzigen Geruch verströmt. Arith brummte vor sich hin, aber M'barak versicherte, daß er keineswegs verärgert über die ungewöhnliche Fracht war. Wir umhüllten die großen Flaschen mit Stroh. Fort besaß jede Menge dieser Glasbläsererzeugnisse, aber ich hatte keine Ahnung, wo Mutter sie aufbewahrte.
Ich sah noch einmal nach der Wunde des Jungen. Sie war unverändert, und der Kleine, der noch unter der Wirkung des Fellis-Saftes stand, schlief mit einem Lächeln auf den Zügen. Dann nahm ich Abschied von Bestrum und Gana. Obwohl ich sie erst seit wenigen Stunden kannte, gaben sie mir ihren Segen und ihre guten Wünsche mit auf den Weg. Ich versprach ihnen, nach den Vermißten zu forschen und ihnen so bald wie möglich Nachricht zu geben. Die beiden wußten, daß kaum noch Hoffnung bestand, aber das Angebot schien sie zu trösten.
Bestrum half ein wenig nach, als ich mich auf den Rücken des großen Drachen schwang. Ich plumpste rittlings hinter M'barak auf meinen Platz und hoffte nur, daß ich Arith mit meiner Ungeschicklichkeit nicht weh tat. Die beiden Brüder stiegen gelassener auf, und es war beruhigend zu wissen, daß noch zwei Leute hinter mir saßen, die mich auffangen konnten, wenn ich ins Rutschen geriet.
Arith lief ein paar Meter über den Hof, ehe er sich abstieß und an Höhe gewann. Seine transparenten, zerbrechlich wirkenden Schwingen schlugen kräftig auf und nieder. Es war ein begeisterndes Erlebnis für mich, und ich begann die Drachenreiter zu beneiden, als Arith in die dünne kalte Luft der höheren Regionen stieg. Jetzt war ich froh um den Umhang und die warmen Körper, die sich an mich preßten.
M'barak spürte wohl, was in mir vorging, denn er drehte sich um und grinste mir zu: »Festhalten, Rill, wir gehen ins Dazwischen!« schrie er. Zumindest glaube ich, daß dies seine Worte waren, denn der Wind riß sie davon.
War das Fliegen auf dem Rücken eines Drachen der Gipfel an Begeisterung, so bedeutete der Wechsel ins Dazwischen schieres Entsetzen. Schwärze, Nichts, eine schneidende Kälte, die meine Arme und Beine erstarren ließ… Nur das Wissen, daß Reiter und Drachen diese Erfahrung täglich machten, ohne Schaden zu erleiden, hielt mich davon ab, einen lauten Angstschrei auszustoßen. Eben als ich glaubte, ersticken zu müssen, umgab uns wieder Sonnenlicht, und Arith segelte mit dem untrüglichen Instinkt des Drachen auf sein Ziel zu. Bei dem Anblick, der sich mir bot, verblaßte der flüchtige Eindruck des Dazwischen.
Ich war noch nie auf Ruatha gewesen, aber Suriana hatte mir zahllose Zeichnungen von der Burganlage geschickt und begeistert von ihren Vorzügen erzählt. Da der Bau in die Felsenklippen gemeißelt war, ließ sich eigentlich kaum etwas verändern. Dennoch hatte die Burg nicht die geringste Ähnlichkeit mit Surianas Skizzen. Sie hatte mir das milde Klima geschildert, die Gastfreundschaft, Wärme und Liebenswürdigkeit der Bewohner, die sich so sehr von der steifen, kalten Formalität auf Fort unterschied. Sie hatte von den Menschen berichtet, die in der Burg ein- und ausgingen. Sie hatte mir die Wiesen beschrieben, den Rennplatz, die fruchtbaren Felder am Fluß. Es war gut, daß ihr der Anblick erspart geblieben war, der sich mir nun bot: die Grabhügel, der Ring aus geschwärzter Erde, wo man die Toten verbrannt hatte, die Reisewagen und Koffer, die immer noch verloren die Straße säumten, die verlassenen Verkaufsbuden des Festplatzes.
Ich war wie betäubt und nahm nur am Rande wahr, daß auch die beiden schweigsamen Brüder das Schauspiel fassungslos betrachteten. Zum Glück war M'barak ein taktvoller junger Mann. Er sagte nichts, während Arith über die trostlose Burg hinwegglitt. Ein schwacher Hoffnungsschimmer keimte in mir auf, als ich im Hof eine kleine Menschengruppe in der Nachmittagssonne sitzen sah.
»Sieh mal, noch ein Drache, Bruder!« rief der Mann, der hinter mir saß.
Ich hob den Kopf und entdeckte einen großen Bronzedrachen, der gerade seine Passagiere neben dem großen Tor zu den Stallungen absetzte. Er schwang sich in die Lüfte, als Arith über die gepflügten Felder hereinglitt. Die Sonne glitzerte auf seiner Haut und den Flügeln, und dann war er plötzlich verschwunden. Arith landete an der gleichen Stelle, die der Bronzedrache eben
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