Die Drachenreiter von Pern 08 - Nerilkas Abenteuer
zugewiesen hatte. Ich weiß noch, daß ich ihr Gute Nacht wünschte, als ich die Tür schloß. Und ich weiß, daß ich überlegte, was ich zu Desdra sagen sollte, wenn sie morgen hier auftauchte. Ich hatte Angst, daß sie mich als Baron Tolocamps rebellische Tochter bloßstellte. Aber kaum war ich aufs Bett gesunken, da schlief ich wie eine Tote.
KAPITEL VIII
21.3.43-22.3.43
Ich war am nächsten Morgen etwas verwirrt, wie die meisten Menschen, die an einem fremden Ort erwachen, und brauchte eine Weile, bis ich erkannte, daß ich mich nicht in meinem Zimmer auf Burg Fort befand. Es war die Stille, eine beinahe greifbare Stille, die mich mehr beunruhigte als die leicht veränderte Umgebung. Dann dämmerte mir, worin der Unterschied bestand: Ich hörte keine Trommeln. Ich stand auf, zog mich an und begann meinen ersten vollen Arbeitstag auf Ruatha.
Als ich gerade Klah und eine Schale heißen Brei frühstückte, traf Desdra mit M'barak ein. Wir liefen ins Freie, denn Arith war wieder schwer mit Glasgefäßen beladen - großen Zierflaschen, aber auch mit kleineren Haushaltsgläsern für das kostbare Serum.
Ich fand keine Möglichkeit, ein paar Worte mit Desdra zu wechseln, denn Alessan winkte mich und die beiden Brüder zu sich, und wir begaben uns zu den Rennern, um den nächsten Schritt der Serumherstellung in die Wege zu leiten.
Entweder waren die Tiere noch apathisch von der eben überstandenen Krankheit, oder man hatte sie gut abgerichtet; jedenfalls konnten wir immer zwei zugleich von der Weide in die Stallungen führen. Nach kurzer Zeit waren alle Boxen besetzt, und Alessan zeigte uns, wie man von der Halsschlagader der Tiere Blut abnahm. Die Renner ließen sich die Behandlung gutmütig gefallen. Ich tat mich mit Sal zusammen, und als ich merkte, daß es ihm schwerfiel, den Nadeldorn einzustechen, übernahm ich diese Arbeit und bat ihn, die Köpfe der Tiere während der Blutabnahme festzuhalten.
Es war Mittag, als wir uns alle vierundzwanzig Renner vorgenommen hatten. Wir brachten die Ausbeute des Vormittags in den Großen Saal und sahen zu, wie die Glasbehälter mit dem Blut auf den Wagenrad-Konstruktionen befestigt wurden. Ich war sicher nicht die einzige, die beim Anblick dieser provisorischen Zentrifugen Skepsis empfand. Aber Desdra strahlte eine solche Zuversicht und Ruhe aus, daß niemand ihre Anordnungen in Frage stellte. Sobald sie sich vergewissert hatte, daß die Gefäße nicht verrutschen konnten, winkte sie den Männern an den Handkurbeln zu, und die Zentrifugen begannen sich gleichmäßig zu drehen. Mir kam flüchtig in den Sinn, wie der Große Saal aussehen würde, wenn sich auch nur ein Behälter von der Vorrichtung löste. Doch die anderen Zuschauer wirkten so voller Hoffnung, daß ich den Gedanken rasch verdrängte.
Oklina kam und verteilte Suppe und warmes Fleisch mit Brot. Wir saßen dichtgedrängt an einem langen Schragentisch, als sich Desdra zu uns gesellte und die Lage erläuterte. Nur eine sofortige Massenimpfung der bedrohten Renner konnte verhindern, daß sich die Seuche erneut ausbreitete. Jeder auf Ruatha mußte seinen Beitrag leisten, damit die Krankheit ein für allemal zum Stillstand gebracht wurde. Es herrschte nachdenkliches Schweigen, als die Heilerin mit ihren Ausführungen fertig war.
Während im Großen Saal die Zentrifugen arbeiteten, um das Serum vom Blut zu trennen, kehrten Pol, Sal und ich zu den Stallungen zurück, um nach den Patienten zu sehen. Dag war gerade dabei, Kleie mit Wein und Kräutern zu vermischen. Der alte Mann behauptete, daß dieses Kraftfutter die Blutbildung seiner Schützlinge unterstützen werde. Wir warteten, bis die Tiere gefressen hatten. Dann striegelten wir ihr Fell und befreiten Mähnen und Schwänze von Kletten und getrockneten Schlammklümpchen.
Obwohl Dags rechtes Bein geschient war, arbeitete er tüchtig mit. Und was er selbst nicht schaffte, erledigte sein Enkel Fergal für ihn, ein vorlauter kleiner Schlingel, der keinerlei Respekt kannte. Er schien die Renner als sein Eigentum zu betrachten, und jeder, der den Stall betrat, bekam sein Mißtrauen zu spüren - auch Alessan, der gekommen war, um sich nach dem Befinden der Tiere zu erkundigen. Die einzige Person, der Fergal bedingungslos gehorchte, war Oklina, während er die Befehle aller anderen mit unverschämten Fragen unterlief. Seinen Großvater Dag betete er an. Ganz offensichtlich hielt er den krummbeinigen Alten für unfehlbar. Und trotz aller Aufmüpfigkeit schien er die
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