Die Drachenreiter von Pern 08 - Nerilkas Abenteuer
verlassen hatte.
»Moreta!« rief M'barak und fuchtelte aufgeregt mit den Armen. Die hochgewachsene Frau mit dem kurzen lockigen Blondhaar drehte sich um. Ich sah sie verblüfft an. Auf Ruatha hatte ich die Weyrherrin von Fort zu allerletzt erwartet.
Ich werde mich stets daran erinnern, daß ich Gelegenheit hatte, Moreta in diesem besonderen Augenblick ihres Lebens wiederzusehen. Sonnenlicht hüllte sie ein, und ihr Gesicht strahlte von einer inneren Heiterkeit, deren Ursache ich erst sehr viel später verstand. Sie war natürlich schon auf Burg Fort gewesen, seit sie Leris Aufgaben als Weyrherrin übernommen hatte. Aber die Besuche erfolgten selten - meist zu offiziellen Anlässen -, und ich hatte noch nie ein Wort mit ihr gewechselt. Mir war sie immer schüchtern oder zurückhaltend erschienen, aber vielleicht hatte Vater mit seinem pompösen Geschwätz sie auch nicht zu Wort kommen lassen.
M'barak riß mich aus meinen Erinnerungen. »Kann mir jemand diese albernen Gläser abnehmen? Und ich habe ein paar Leute mitgebracht, die mit Rennern umzugehen wissen. Schnell, ich muß zurück und mich für den Sporenkampf vorbereiten! F'neldril zieht mir die Haut bei lebendigem Leib ab, wenn ich zu spät komme.«
Zwei Männer und ein schlankes dunkelhaariges Mädchen traten aus den Schatten. Alessan erkannte ich sofort. Das Mädchen an seiner Seite war vermutlich seine Schwester Oklina - die einzige Überlebende seiner Familie. Der andere Mann trug Harfnerblau. Die beiden Brüder stiegen rasch ab, während M'barak und ich vorsichtig die großen Flaschen lösten und den Wartenden hinunterreichten. Keine davon war beschädigt.
»Wenn Sie absteigen, kann ich Moreta zurückfliegen«, meinte M'barak und grinste entschuldigend, weil er so zur Eile trieb.
Also tauschte ich Platz mit Moreta. Ich hätte sie gern näher kennengelernt, denn sie machte sofort einen sehr sympathischen Eindruck auf mich. Hier wirkte sie auch längst nicht so abweisend wie auf Burg Fort. Während Arith Anlauf nahm und abhob, drehte sich die Weyrherrin noch einmal um und schaute zurück.
Ich folgte ihrem Blick. Alessan hatte eine Hand über die Augen gelegt und sah dem Drachen nach, bis er im Dazwischen verschwand. Dann wandte er sich mit einem Lächeln den beiden Brüdern und mir zu. »Ihr seid gekommen, um uns bei der Versorgung der Renner zu helfen? Hat M'barak auch deutlich gemacht, was euch hier erwartet?«
Seine Stimme klang ein wenig bitter, aber ich begriff bald, daß er sich mit der harten Realität abgefunden hatte. Von Suriana wußte ich, daß er einen ausgesprochenen Galgenhumor besaß, und das bestätigte sich nun. Was hätte meine Ziehschwester wohl zu unserer Begegnung unter diesen Umständen gesagt?
»Bestrum schickt uns, Baron Alessan«, begann der ältere der beiden Brüder. »Er bittet uns, sein aufrichtiges Beileid zu übermitteln. Ich heiße Pol - und das hier ist mein Bruder Sal. Wir mögen Renner - jawohl, das tun wir.«
Alessan wandte sich mir zu und musterte mich. Als ich seine hellgrünen Augen sah, fiel mir alles ein, was Suriana über ihn geschrieben hatte. Doch die Skizzen, die sie von ihm geschickt hatte, entsprachen nicht der Realität. Alessan war nicht mehr der unbekümmerte junge Mann, den sie gezeichnet hatte. Um seine Augen und seinen Mund lag ein Zug von Härte und eine unauslöschliche Trauer - trotz des Lächelns, mit dem er mich begrüßte. Es war eine Trauer, die verblassen, aber nie ganz vergehen würde. Der Baron war hager und vom Fieber gezeichnet; seine Schulterknochen standen eckig vor, und seine Hände hatten mehr Schwielen und Risse als die eines Ackerknechts.
»Ich bin Rill«, sagte ich, um unangenehmen Fragen zuvorzukommen. »Ich besitze Erfahrung im Umgang mit Rennern. Außerdem verstehe ich etwas vom Heilen und kann Arzneien herstellen. Ich habe einige Vorräte aus der Heiler-Halle mitgebracht.«
»Auch etwas gegen diese schlimmen Hustenanfälle?« warf das Mädchen mit glänzenden Augen ein. Auch sie machte einen sehr glücklichen Eindruck. Ich konnte mir nicht vorstellen, daß das etwas mit den Arzneien zu tun hatte. Erst sehr viel später erfuhr ich, wie sie und die anderen die Zeit vor unserer Ankunft verbracht hatten.
»Gewiß«, entgegnete ich und deutete auf die Flaschen mit dem Tussilago, die ich in meinen Satteltaschen verstaut hatte.
»Bestrum möchte wissen, ob sein Sohn und seine Tochter überlebt haben«, platzte Pol heraus und trat verlegen von einem Fuß auf den anderen. Sein
Weitere Kostenlose Bücher