Die Drachenreiter von Pern 08 - Nerilkas Abenteuer
Worten, daß Desdra mit meiner Arbeit hier und im Lazarett zufrieden war und nichts gegen meinen Entschluß einzuwenden hatte. Zu meiner Erleichterung stellte Alessan keine weiteren Fragen, obwohl es ihn sicher wunderte, daß eine einfache Pflegerin den geheimen Harfnercode verstand. Und ich war tatsächlich dankbar für die Möglichkeit, mich eine Weile hinzusetzen. Woher Alessan seine Energie nahm, kann ich nicht sagen. Aber ich begriff nun, warum Suriana ihn bewundert und geliebt hatte. Er verdiente allen Respekt, und ich entdeckte ständig neue Züge an ihm, die mich begeisterten. Eine innere Kraft trieb ihn vorwärts. Irgendwie spürte ich, daß es Alessan gelingen würde, Ruatha wieder aufzubauen, auch wenn im Moment alles dagegen sprach. Er würde dafür sorgen, daß neues Leben in die Hütten und Höfe kam, daß auf den Feldern neue Ernten heranreiften und sich auf den Weiden wieder die Herden tummelten. Und ich hatte den Wunsch, hierzubleiben und ihm dabei zu helfen.
Ich merkte, daß ich unterbewußt die Organisation des Burghaushalts übernahm, so wie ich es auf Fort getan hatte. Ich gab dem Gesinde Anweisungen und zeigte ihnen, daß man so manche Arbeit wirksamer erledigen konnte, wenn man sie nur richtig anpackte.
Oklina wirkte ungemein zart und zerbrechlich, aber sie schuftete nicht weniger hart als ihr Bruder. Mich erschreckte die Fülle ihrer Pflichten, denn auf Fort hatte sich die Last der Arbeit stets auf mehrere Geschwister verteilt. Wann immer ich konnte, unterstützte ich sie. Sie war kein hübsches Mädchen - und Spötter werden behaupten, daß ich mich deshalb zu ihr hingezogen fühlte -, denn die dunklen rassigen Züge, die ihrem Bruder so gut standen, ließen sie etwas herb erscheinen.
Aber sie war außergewöhnlich anmutig, mit einem bezaubernden Lächeln und großen ausdrucksvollen dunklen Augen, die oft gedankenverloren in die Ferne gerichtet waren. Mehr als einmal ertappte ich sie dabei, daß sie nach Nordwesten starrte, und ich überlegte, ob sie vielleicht verliebt war. Sicher konnte sie einen Mann glücklich machen, auch wenn sie noch sehr jung war, und ich hoffte nur, daß Alessan sie nicht an Ruatha zu binden versuchte, wenn ein tüchtiger Baron oder Hofbesitzer um ihre Hand anhielt. Obwohl Ruatha im Moment arm war - das Geschlecht hatte eine ruhmreiche Vergangenheit und einen großen Namen. Und jeder mußte anerkennen, daß Alessan und Oklina sich alle Mühe gaben, das Leid wiedergutzumachen, das durch die Seuche auf Ruatha über ganz Pern gekommen war. Wir arbeiteten weiter, aßen hastig einen Teller Suppe oder ein Stück Brot mit Fleisch und packten die nächste dringende Aufgabe an. Jemand hatte frisches Obst gebracht - ein Drachenreiter, wenn ich mich nicht täusche. Oklina stiegen Tränen in die Augen, als sie die Melonenscheiben sah. Ich bezweifelte, daß es das Geschenk an sich war, das sie so rührte. Dann bemerkte ich, daß auch Alessan die Früchte mit einem versonnenen Lächeln betrachtete. Doch ehe ich mir einen Reim darauf machen konnte, stand er auf, eine Scheibe Brot in der einen und ein Stück Melone in der anderen Hand, und ging wieder an seine Arbeit. Trommeln dröhnten, und ich mußte auf die Botschaft achten, die Ruatha erreichte.
In der hektischen Betriebsamkeit verlor die Zeit ihre Bedeutung. Am dritten Tag nach meiner Ankunft auf Ruatha befand sich ein Großteil der Helfer gerade bei einem verspäteten und wohlverdienten Abendessen, als Alessan, Desdra und Tuero plötzlich von ihren Karten und Tabellen aufschauten und lautes Freudengeheul anstimmten.
»Wir haben es geschafft, Freunde!« rief Alessan. »Wir besitzen genug Serum, um selbst den einen oder anderen Transportschaden zu verkraften! Das muß gefeiert werden! Oklina, Rill - holt vier Flaschen vom Besten aus meinem privaten Weinkeller!«
Er warf seiner Schwester einen langen zierlichen Schlüssel zu, den sie geschickt auffing. Sie packte mich an der Hand und zog mich lachend an Küche und Kühlraum vorbei zu den tiefer gelegenen Vorratskammern.
»Er muß wirklich erleichtert sein, denn von seiner Lieblingsmarke trennt er sich selten.« Oklina kicherte. »Die trinkt er nur bei ganz besonderen Gelegenheiten.« Plötzlich glitt ein Schatten über ihre Züge. »Ich hoffe, daß es bald wieder dazu kommt«, fügte sie geheimnisvoll hinzu. »Er wird gar keine andere Wahl haben.« Sie blieb stehen. »Da sind wir schon.«
Als sie die niedrige Tür geöffnet hatte, warf ich einen verblüfften Blick auf die
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