Die Drachenreiter von Pern 09 - Drachendämmerung
zu erwischen, wurden ihre menschlichen Partner nervös, wenn sie sich zu weit entfernten. Es war auch nicht immer möglich, einen Schlitten oder Gleiter zu bekommen, um sie zu begleiten. Sean hatte einen Kompromiß gefunden und Red dazu überredet, ihnen das Merzvieh und die verletzten Tiere aus den großen Herden zu überlassen. Alle Drachengefährten hatten gemeinsam in einer der Höhlen einen fädensicheren Unterstand für die Mischherde gebaut und versorgten abwechselnd die Hydroponikkästen, die ihnen das Viehfutter lieferten.
Die jungen Drachen waren kräftig und flogen schon recht sicher, aber die übervorsichtigen Veterinäre hatten entschieden, daß man mit den ersten Reitversuchen nicht vor Ablauf eines vollen Jahres beginnen sollte. Sean hatte bei Sorka seinem Ärger über diese zaghafte Haltung Luft gemacht, aber sie hatte ihm seinen Trotz ausgeredet, indem sie ihn daran erinnerte, wieviel sie zu verlieren hatten, wenn sie die jungen Drachen überforderten. Glücklicherweise war die Entscheidung ohne vorherige Rücksprache mit Windblüte getroffen worden, dadurch konnte Sean die »Verschleppungstaktik« wie er es nannte, leichter akzeptieren. Es ging ihm gegen den Strich, daß die Genetikerin so tat, als gehörten die Drachen ihr allein. Sie arbeitete weiter mit Kitti Pings Programm, allerdings nicht mehr mit dem gleichen Erfolg. Bei den ersten vier Versuchen waren keine lebensfähigen Eier zustandegekommen, die sieben neuen Eisäcke im Brutkasten sahen jedoch vielversprechend aus.
Bei Joel Lilienkamp waren viele Wetten auf den Erfolg der ersten Brut abgeschlossen worden, aber kaum weniger Leute hatten dagegen gesetzt. Insgeheim war Sean entschlossen, allen Zweiflern das Gegenteil zu beweisen, aber er wollte weder eine offizielle Rüge riskieren noch die jungen Drachen in Gefahr bringen.
»Ich habe zu Windblüte einfach nicht soviel Vertrauen wie zu Kitti Fing«, hatte Paul Sean und Sorka in einem Gespräch unter vier Augen erklärt, »aber wir könnten alle aufatmen, wenn wir einen Fortschritt sähen. Eure Drachen fressen und wachsen, und sie fliegen sogar, wenn sie jagen. Aber werden sie auch Feuerstein fressen?« Paul begann die Punkte an seiner linken Hand abzuzählen. »Einen Reiter tragen? Und ihre kostbare Haut bei einem Fädeneinfall schützen? Die Energiezellen sind in kritischem Zustand, Sean, in wirklich sehr kritischem Zustand.«
»Ich weiß, Admiral«, verteidigte sich Sean grimmig. »Und achtzehn voll einsatzfähige Drachen werden beim Fädenkampf auch keine entscheidende Entlastung bringen.«
»Aber sich reproduzierende, sich selbst erhaltende Fädenkämpfer machen auf lange Sicht doch einen gewaltigen Unterschied. Und offen gesagt, die lange Sicht ist es, die mir Sorgen macht.«
Sean behielt seine Ansicht über Windblüte für sich. Zum Teil war sie von Loyalität gegenüber Carenath, Faranth und den anderen aus dem ersten Gelege bestimmt; eine große Rolle spielte auch, daß er nicht so recht an Windblütes Fähigkeiten glaubte, während er ihrer Großmutter rückhaltlos vertraut hatte. Schließlich hatte Kitti Fing ihre Ausbildung an der Quelle erhalten, bei den Eridani.
Während er beobachtete, mit welcher Eleganz Carenath herabstieß und sich einen fetten Hammel aus der kopflos flüchtenden Herde schnappte, gewann sein Vertrauen in diese erstaunlichen Geschöpfe neue Kraft.
»Er fliegt wirklich ganz schön hoch«, bemerkte David neidlos. »Schau, jetzt hat Polenth die Flügel angelegt. Er hat es auf den dort abgesehen!«
»Und ihn auch erwischt«, ergänzte Sean das Kompliment.
Vielleicht waren sie alle nicht mutig genug, wagten einfach nicht, etwas zu riskieren, um zu sehen, was dabei herauskäme. Carenath war ein kräftiger, geschickter Flieger. Der Bronzedrache hatte fast dieselbe Schulterhöhe wie Cricket, freilich einen ganz anderen Körperbau. Carenath war langgestreckter, hatte einen breiteren Brustkorb und kräftigere Hinterbeine. Ja, die Drachen besaßen bereits mehr Kraft als vergleichbare Pferde, und ihr Knochengerüst war viel stabiler, denn es bestand aus Kohlenstoff- und Korundverbindungen, die ihm Haltbarkeit und Elastizität verliehen. Pol und Bay waren an die Planung der Drachenkörper herangegangen, als sollten sie einen neuen Schlitten entwerfen, und Schlitten, dachte Sean ironisch, sollten die Drachen ja schließlich auch ersetzen. Dem Programm zufolge würden die Drachen im Laufe vieler Generationen allmählich immer größer werden, bis sie das Optimum
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