Die Drachenreiter von Pern 09 - Drachendämmerung
gewußt, daß einige der Besitzer die ›primitiven Triebe‹ ihrer Freunde - Hunger, Furcht, Zorn und einen intensiven Paarungsdrang - mitzuempfinden schienen, sie hatte sich nur nicht vorstellen können, daß sie selbst dafür ebenso empfänglich sein würde wie ihre jüngeren Kollegen. Es war eine höchst angenehme Überraschung gewesen.
Red und Mairi Hanrahan waren froh, daß die Zwergdrachen, die Sorka und Sean an sich gebunden hatten - der Ausdruck hatte als Bezeichnung für den Akt der Prägung eines Zwergdrachen irgendwie den Weg in die Sprache gefunden -, sich sicher nicht miteinander paaren würden. Sie waren noch immer nicht begeistert von Sorkas enger Beziehung zu dem Jungen und fanden, ihre Tochter sei noch zu jung, um ein so übermächtiges sexuelles Verlangen am eigenen Leibe zu erfahren.
An diesem Morgen - seit der Landung waren fast zwölf Monate vergangen, und die Stute, die Sean sich als Mutter für sein versprochenes Fohlen ausgesucht hatte, lag in Wehen konnte kein Zweifel mehr daran bestehen, daß Sorka, gerade dreizehn geworden, und Sean, zwei Jahre älter, mit ihren erwartungsvollen Drachen in engem psychischem Kontakt standen. Die beiden Braunen und der Bronzefarbene hockten auf der obersten Stange der Box, ihre Augen schillerten in wachsender Erregung, und sie gurrten ihren Geburtsgesang.
Die kleine kastanienbraune Stute ließ sich ins Stroh fallen und preßte die Vorderbeine und den Kopf des Fohlens heraus. Die Dachbalken der Scheune schienen zu wogen, denn die gesamte Zwergdrachenbevölkerung von Landing hatte sich dort niedergelassen, um das Tier mit unablässigem Gurren und Zirpen anzufeuern.
Zwergdrachen hatten ein sehr gefühlsbetontes Verhältnis zu Geburten, sie versäumten keine einzige in ganz Landing, und jedes Neugeborene wurde mit schrillen Trompetentönen begrüßt. Zum Glück waren sie wenigstens taktvoll genug, um nicht auch noch in die Wohnungen der Menschen einzudringen. Die Ärzte und Hebammen der Kolonie hatten in letzter Zeit rund um die Uhr gearbeitet, Pflegerinnen waren zwangsverpflichtet und Lehrlinge angeworben worden. Eine Ansammlung von Zwergdrachen auf einem Dach war inzwischen ein unmißverständliches Signal für eine unmittelbar bevorstehende Geburt: die Zwergdrachen irrten sich nie. An der sich steigernden Intensität ihres Begrüßungsgesangs konnten die Geburtshelfer den Stand der Wehen ablesen. Der Chor raubte den Nachbarn vielleicht den Schlaf, aber die meisten Bewohner machten gute Miene zum bösen Spiel, denn selbst die Mißgünstigsten hatten erlebt, wie die Kleinen die Herden beschützt hatten, und mußten ihren Wert anerkennen.
Wieder preßte die braune Stute, das Fohlen schob sich weiter heraus. Da die Beine, der Kopf und der vordere Teil des Körpers vom Fruchtwasser naß waren, konnte Sean die Farbe des Tieres nicht erkennen. Dann erschien der restliche Körper, beim nächsten Schub folgten die Hinterbeine. Kein Zweifel, das Fohlen war nicht nur dunkel gefleckt, sondern auch ein kleiner Hengst. Mit einem ungläubigen, freudigen Aufschrei fiel Sean neben dem Kopf des kleinen Kerls auf die Knie und begann ihn trockenzureiben, noch ehe die Stute sich um ihn kümmern konnte. Sorka liefen die Tränen über das staubige Gesicht, und sie schlang die Arme um sich. Wie aus weiter Ferne drangen die aufgeregten Kommentare der anderen Geburtshelfer in der großen Scheune zu ihr.
»Es ist das einzige Hengstfohlen«, sagte ihr Vater, als er zu Sean und Sorka zurückkam. »Wie bestellt.« Obwohl die Kolonie eigentlich so viele weibliche Tiere brauchte, wie man nur züchten konnte, hatte man Seans Wunsch nach einem Hengst tatsächlich berücksichtigt. Und ein Hengst am Ort war eine zusätzliche Vorsichtsmaßnahme, obwohl man mehr als genug verschiedenes Sperma in Reserve hatte. »Ein großartiger Bursche«, bemerkte Red und nickte anerkennend mit dem Kopf. »Der kommt bestimmt auf gute sechzehn Handbreiten, wenn er ausgewachsen ist. Geburtsgewicht mindestens achtundfünfzig Kilo, würde ich sagen. Ein Prachtkerl, und sie hat sich tapfer gehalten.« Er streichelte den Hals der kleinen Stute, die das nun kräftig saugende Fohlen ableckte. »Na komm, Sorka«, fuhr er fort, als er ihr tränenverschmiertes Gesicht sah, und umarmte sie tröstend. »Ich halte mein Versprechen, du bekommst auch ein Pferd.«
»Das weiß ich doch, Dad«, sagte sie und vergrub das Gesicht an seiner Brust. »Ich weine nur, weil ich mich so für Sean freue. Er hat Bay nämlich nicht
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