Die Drachenreiter von Pern 09 - Drachendämmerung
geglaubt. Keinen Augenblick lang.«
Red Hanrahan lachte leise, denn Sean durfte es keinesfalls hören. Freilich hatte der Junge ohnehin nur Augen und Ohren für das Fohlen, das jetzt seinen Stummelschwanz krampfhaft hin- und herdrehte, als könne es dadurch den Milchfluß beschleunigen. Auf Seans stets mißtrauischem, oft zynischem Gesicht lag ausnahmsweise ein weicher, fast zärtlicher Ausdruck, und er schien das Fohlen mit seinen Blicken verschlingen zu wollen.
Nachdem Sorka ihren Vater dankbar umarmt hatte, trat sie zurück, und Duke flog ihr fröhlich schwatzend auf die Schulter und legte seinen Schwanz besitzergreifend um ihren Hals. Dann beugte er sich mit blau und grün funkelnden Augen vor, um das Neugeborene seinerseits genau zu begutachten. Dadurch ermutigt, flatterten Seans Braune auf die untere Stange der Fohlenbox und begannen piepsend und zirpend eine Unterhaltung mit Duke.
»Seid ihr einverstanden?« fragte Sean sie und grinste trotz seines etwas aggressiven Tonfalls.
Sie nickten energisch mit den Köpfen und spreizten die Flügel, wobei sich jeder beschwerte, daß der andere ihm im Weg sei. Schließlich legten sie die Schwingen an und versicherten Sean wortreich, sie hätten nicht das geringste auszusetzen. Er grinste.
»Er ist wirklich eine Schönheit, Sean. Genau das, was du wolltest«, sagte Sorka.
Unbegreiflicherweise schüttelte Sean den Kopf und machte ein skeptisches Gesicht. »Er ist noch zu jung, man kann noch nicht sagen, ob er an Cricket rankommt.«
»Also du bist wirklich unmöglich!« fauchte Sorka wütend, stürmte aus der Box und schlug die Stange so heftig zu, daß sie sich fast verklemmte.
»Was habe ich denn gesagt?« wollte Sean von Red Hanrahan wissen.
»Ich glaube, da mußt du selbst dahinterkommen, mein Junge!« Red klopfte ihm auf die Schulter, hin- und hergerissen zwischen Belustigung und einer gewissen Sorge um seine Tochter. »Du fütterst bitte die Stute, ehe du gehst, ja, Sean?«
Als Red Hanrahan durch die Stallgasse ging, um die anderen Neugeborenen zu besichtigen, dachte er über Sorkas Verhalten nach. Sie war erst dreizehn, aber gut entwickelt und menstruierte bereits seit fast einem Jahr. Daß sie in Sean vernarrt war, sah jeder außer Sean selbst. Er tolerierte sie nur, ebenso wie seine Familie. Main und Red hatten oft darüber gesprochen, die Herkunft des Jungen machte sie mißtrauisch, obwohl sie beide der Ansicht waren, daß es an der Zeit war, die alten Vorurteile über Bord zu werfen.
Auch Sean hatte einige beträchtliche Zugeständnisse gemacht. Vielleicht wollte er nicht hinter Sorka zurückstehen, vielleicht war es auch nur männliche Arroganz, jedenfalls hatte er sich im Lesen und Schreiben sehr verbessert und benützte häufig das Lesegerät in Reds Büro, um tiermedizinische Texte zu studieren. Red hatte die Interessen des Jungen tatkräftig gefördert und ihn ermuntert, bei den Zuchttieren mitzuhelfen. Der Junge hatte zweifellos eine Hand für alle Tiere, nicht nur für Pferde; mit den Schafen wollte er allerdings nichts zu tun haben.
»Sean sagt, Schafe sind zum Stehlen, zum Tauschen und zum Essen da«, erklärte Sorka ihrem Vater, als er sich zu diesem Phänomen äußerte.
Mairi machte sich gelegentlich Sorgen, als die beiden gemeinsam auf zoologische Expeditionen geschickt wurden, weil Sorka dabei zwangsläufig ständig mit Sean zusammen war. Aber Sorka erklärte unbekümmert, sie käme mit Sean gut aus und außerdem seien sie beide mehr daran gewöhnt, mit Haus- und Wildtieren umzugehen als in der Stadt aufgewachsene junge Leute. Solange sie ihre Pflichten für die Kolonie nicht nur erfüllten, sondern auch noch Freude daran hatten, waren sie den anderen voraus. Im übrigen leistete Sean mehr für Landing als die meisten seiner Leute. Es war eben nur, daß Sean und Sorka in ganz Landing allmählich als Pärchen angesehen wurden, bemerkte Mairi eines Abends etwas wehmütig zu Red, der sich zu seiner Überraschung plötzlich in der Rolle des Advocatus Diaboli wiederfand. Aber schließlich hatte er sich wie Sorka an Seans Art gewöhnt und wußte, worüber er hinwegsehen mußte.
Soweit es Red bekannt war, hatte sich Sorka an diesem Morgen zum ersten Mal auf typisch weibliche Art verärgert gezeigt, und er fragte sich nachdenklich, ob ihre Geduld mit Scans Begriffsstutzigkeit erschöpft war oder ob ihre Beziehung lediglich in eine neue Phase trat. Sorka war über sexuelle Dinge ausreichend aufgeklärt worden, aber bis heute hatte sie Seans
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