Die Drachenreiter von Pern 09 - Drachendämmerung
spucken. Vielleicht ist dazu der zweite Magen da.«
»Jedenfalls bin ich froh, daß sie nicht feige sind«, murmelte Sean und näherte sich vorsichtig der Öffnung. »Nein«, sagte er erleichtert und stieß einen tiefen Seufzer aus. »Feige sind sie ganz bestimmt nicht. Komm her, Sorka.«
Mit einem ängstlichen Blick auf Doove schwamm Sorka an Seans Seite und schrie gleich darauf überrascht und begeistert auf. Ihr Zwergdrachenschwarm hatte sich um eine ganze Menge anderer Tiere vergrößert. Die kleinen Krieger schienen abwechselnd auf den verheerenden Regen loszuschießen, ihre Flammen verkohlten das gräßliche Zeug, und die Asche fiel ins Wasser, wo sie von flinken Fischmäulern verschlungen wurde.
»Schau nur, Sorka, sie beschützen unser Sims.«
Sorka sah, daß der schreckliche Regen auf beiden Seiten der Feuerzone der Zwergdrachen ungehindert in den See fiel.
»Himmel, Sean, sieh nur, was das Zeug mit den Büschen macht!« Sie zeigte ans Ufer. Das dichte, stachelige Gestrüpp, durch das sie vor kurzem noch geritten waren, war nicht mehr zu sehen, alles war bedeckt von einer ekelhaften Masse von ›Dingern‹, die immer weiter aufzuschwellen schienen. Sorka wurde übel dabei, und sie mußte sich sehr zusammennehmen, um ihr Frühstück nicht wieder von sich zu geben. Sean war ganz weiß um den Mund. Seine Hände, die ihn mit ihren rhythmischen Bewegungen über Wasser hielten, ballten sich zu Fäusten.
»Verdammt noch mal, kein Wunder, daß die Zwergdrachen Angst hatten.« Wütend über seine Hilflosigkeit schlug er mit den Fäusten so heftig ins Wasser, daß die Wellen nach allen Seiten schwappten. Sofort erschien Sorkas Duke dicht vor dem Sims und spähte herein. Er nahm sich die Zeit, ihnen beruhigend zuzuquieken, und im nächsten Moment war er buchstäblich verschwunden. »Na ja«, sagte Sean. »Wenn ich Pol Nietro wäre, würde ich sagen, dieses plötzliche Auslöschen ist der beste Verteidigungsmechanismus, den eine Gattung nur entwickeln kann.« Ein langer Faden glitt über ihnen vom Sims herab und schwebte einen Augenblick lang vor ihren entsetzten Augen, bis eine Flamme ihn verkohlen ließ.
Angewidert spritzte Sean Wasser auf die Überreste und fegte mit der Hand die herabsinkenden Stäubchen von sich und Sorka weg. Hinter ihnen war das schwere Atmen der Pferde zu hören; die Tiere schienen völlig erschöpft zu sein.
»Wie lange?« fragte Sean, glitt zu Crickets Kopf und streichelte das Pferd, um es zu beruhigen. »Wie lange wird der Spuk dauern?«
***
»Es ist keine Paarung«, erklärte Bay, als Sabra sie anrief, »sondern ein völlig irrationales Verhaltensmuster.« Bay ging im Geiste alles durch, was sie über die Zwergdrachen wußte und beobachtet hatte, während sie weiter aus ihrem Fenster schaute. In diesem Augenblick hob ein Schlitten von einem Abstellplatz nahe am Wetterbeobachtungsturm ab und raste mit Höchstgeschwindigkeit auf den Sturm zu. »Ich will mir noch einmal die Dateien über die Verhaltensmuster ansehen und mit Pol sprechen, dann rufe ich zurück. Die Sache ist wirklich äußerst ungewöhnlich.«
Pol arbeitete im Gemüsegarten hinter ihrem Haus. Als er sie kommen sah, winkte er ihr fröhlich zu, schob sich die Schildmütze in den Nacken und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Die Gartenerde war sorgfältig angereichert und mit verschiedenen terrestrischen Käfern und Würmern verbessert worden, die den Boden von Pern ebenso gern durchlüfteten, wie sie es auf der Erde getan hatten, und die trägeren einheimischen Arten gut ergänzten. Bay sah, wie Pol mitten in der Bewegung innehielt und sich umsah, und nahm an, er habe erst jetzt das Fehlen der Zwergdrachen bemerkt.
»Wo sind sie denn alle hin?« Er blickte zu den anderen Häusern und auf Bettys leeres Dach. »Das ging aber schnell, nicht wahr?«
»Sabra hat mich eben angerufen. Sie sagt, ihre Fancy habe allem Anschein nach den kleinen Shuvin angreifen wollen. Völlig ohne Grund, allerdings hat sie ihm mit ihren Klauen nicht einmal die Haut geritzt. Dann hat Fancy versucht, mit ihnen ins Haus zu kommen. Sabra sagte, sie sei ganz verstört gewesen.«
Pol zog überrascht die Augenbrauen hoch und wischte sich weiter über die Stirn und dann über das Schweißband seiner Mütze, bis er sich wieder gefangen hatte. Dann lehnte er sich auf seine Hacke und blickte sich um. In diesem Moment entdeckte er die grauen Wolken.
»Die gefallen mir gar nicht, Liebes«, sagte er. »Ich mache lieber eine Pause, bis der Sturm
Weitere Kostenlose Bücher